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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Decke zu erkennen, die Wände. Alles, was er sah, war Licht, das durch den Spalt unter der Tür drang. Tränen. Er versuchte, ein Weinen zu unterdrücken, damit die nebenan liegende Song ihn nicht hörte. Endlich schlief er ein.
    Er mußte geschlafen haben, denn er wurde durch ein sonderbares Geräusch wach. Ein Kratzen dicht an seinem Kopf. Unter dem Bett. Unter dem Fußboden.
    Sein erster Gedanke waren Monster, und er lag reglos da. Erst als dieses Kratzen für eine Weile anhielt, erinnerte er sich wieder an den Keller, in dem Dad das Holz lagerte. Vor langer Zeit war es ein Wurzelkeller gewesen. Joshua hatte ihn erweitert, so daß er sich nun bis unter die Werkstatt erstreckte. Der Eingang zum Keller befand sich in der Werkstatt, hinter dem Holzstapel, aber er war auch durch eine alte Luke unter Rillibees Bett zu erreichen. Jemand war dort unten und kratzte.
    Er schlüpfte aus dem Bett und informierte Joshua. Er lag ruhig da, während Joshua das Bett unmerklich und lautlos verschob. Als er schließlich die Luke öffnete, erblickte er Mom, weiß und blaß, mit verschmiertem Gesicht und zerzaustem Haar. Ihre Kleider waren so dreckig, als ob sie irgendwo herumgekrochen wäre, und sie sagte: »Josh, o Gott, Josh, sie wollten mich fortschicken, sie wollten mich fortschicken, und ich bin aus dem Fenster gesprungen. Ich bin gerannt und gerannt. Ich bin durch den Bach gekrochen und durch die kleine Tür hinter der Werkstatt eingestiegen. Versteck mich, laß es nicht zu, daß sie mich erwischen, Josh.«
    »Niemals, Liebling«, sagte er. »Niemals.«
     
    Wieder Schweigen.
    »Dein Vater muß sie sehr geliebt haben«, sagte Mainoa.
    »Das habe ich nie vergessen«, sprudelte es aus Rillibee heraus. »Nachts denke ich manchmal daran, wenn ich einzuschlafen versuche. Ich höre ihre Stimmen. Ich erinnere mich daran, wie verwirrt ich war. Weshalb wollte man sie festnehmen? Weshalb hatte man sie fortschicken wollen? Was hatte sie getan? Weder sie noch Joshua sagten es mir. Song sagten sie es auch nicht. Sie hatten nur gesagt, niemand durfte wissen, daß sie wieder nach Hause gekommen war. Wir mußten vortäuschen, sie nicht gesehen zu haben…«
     
    Mom verbrachte die Nacht in ihrem eigenen Bett, zusammen mit Dad. Am nächsten Morgen wurde Rillibee in aller Frühe von einem seltsamen Geräusch geweckt, das von der Straße kam. Er schlich sich zur Ecke des Hauses und sah, wie der Mann hinter der Baumgrenze aus dem Gleiter stieg. Gerade noch rechtzeitig weckte er Dad und Mom. Sie hatte kaum Zeit, sich wieder im Holzkeller zu verstecken, und in letzter Sekunde schoben sie Rillibees Bett wieder über die Luke.
    »Leg dich hin und stell dich schlafend«, instruierte sein Vater ihn und beeilte sich, dem Mann zu öffnen, der mit donnernden Schlägen an die Tür klopfte.
    Rillibee schob den Kopf unter das Kissen und sagte sich, er würde träumen. Der Mann vom Gesundheitsamt stampfte ins Zimmer und zog das Kissen weg, wobei es Rillibee gelang, schlaftrunken und wütend zu wirken, als ob der Mann ihn aufgeweckt hätte.
    Danach schlief Mom nur noch im Keller. Dad stellte dort eine Pritsche auf und eine spezielle Toilette, die er in der Werkstatt zusammengebaut hatte und für die man kein Wasser brauchte. Tagsüber kam sie herauf, falls jemand da war, um den Mann im weißen Gleiter im Auge zu behalten; wenn niemand da war, mußte sie jedoch im Versteck bleiben.
    Joshua verband ihre Armwunde. Sie war nur klein. Ungefähr so groß wie ein Pfirsichkern. Am Wochenende aber hatte die Wunde sich vergrößert und bedeckte nun den ganzen Ellbogen. Außerdem schmerzte sie nun. Dann breitete sie sich weiter aus, bis der ganze Arm rot war, wie rohes Fleisch. Der Verbandswechsel verursachte ihr Schmerzen, aber wenn die Bandagen nicht erneuert wurden, fing die Wunde an zu riechen. Sie wechselten die Verbände jeden Abend. Song hielt die Schüssel mit warmem Wasser, mit dem die Wunde ausgewaschen wurde. Rillibee reichte Dad die Verbände. Der Papagei saß derweil auf der Stange und sagte: ›Oh, verdammt, verdammt. O Gott‹, aber niemand schenkte dem Beachtung.
    Der Mann kam wieder. Einmal war er sogar in Begleitung von zwei weiteren Männern, die das Haus durchsuchten; die Stelle unter Rillibees Bett fanden sie aber nicht. Mittlerweile hatte Joshua die Luke so präpariert, daß die Fugen im Holz nicht mehr zu sehen waren.
    Ab und zu kam sie auch tagsüber nach oben, während Song und Rillibee in der Schule waren. Wenn sie abends dann heraufkam,

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