Monströse Welten 2: Hobbs Land
steckte im Schloß. Samstag machte Sam auf den Schlüssel aufmerksam und verwickelte dann eine verschleierte Frau in ein Gespräch.
»Wer ist denn gestorben?« fragte Samstag.
»Herk Maduns junge Frau«, sagte die Frau. »Im Kindbett. Die Hebamme konnte ihr nicht mehr helfen.«
»Gibt es denn keine Ärzte in Selmouth?« fragte Samstag.
»Woher bist du, Mädchen, daß du eine solche Frage stellst?« rügte die Frau sie.
»Von irgendwoher«, sagte Samstag. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Ich war nur neugierig.«
»Nun, die Priester lehren, daß eine Frau bei der Geburt eines Kindes für ihre Sünden bezahlt. Im Angesicht des Todes. Das ist die Sühne. Kein Arzt würde sich zwischen Gott und eine Frau stellen, nicht hier in Selmouth.«
»Ihre Sünden? Meinen Sie Sex?«
»Natürlich meine ich das«, flüsterte die Frau. »Was sonst wäre wohl so sündig?«
»Und welche Sühne gibt es für den Mann?«
»Den Verlust seiner Frau, du Dummchen. Nun muß er sich eine andere suchen, was gar nicht so leicht ist dieser Tage.«
Samstag dankte der Frau für die Information. Dann gingen sie und Sam den Weg zurück, den sie gekommen waren.
»Bekommst du das Schloß auf?« fragte Samstag.
»Mit den Zähnen, wenn es sein muß«, erwiderte er lächelnd.
»Wir müssen uns einen Spaten beschaffen«, sagte sie. »Vielleicht gibt es in der Taverne einen.«
Der Inhaber der Taverne indes wollte sie sofort aus Selmouth hinausbringen.
»Wir sind zu müde, um heute noch weiterzufahren«, sagte Sam. »Es genügt auch, wenn mir morgen früh fahren.«
»Aber man erwartet euch bereits!« Der Mann fuhr sich über das fettige Haar; er schien den Tränen nahe.
Sam schüttelte den Kopf. »Das Mädchen ist müde. Sieh sie dir nur an. Sie ist völlig erschöpft. Wir fahren morgen.«
Der Kneipenwirt stieß üble Verwünschungen aus, doch ließ Sam sich davon nicht beeindrucken. Schon vor der Abreise hatte er Samstag insgeheim den Status eines symbolischen Schwerts plus Sandalen verliehen. Sie hatte ihm den lang ersehnten Vorwand geliefert, Hobbs Land zu verlassen und sich auf die Suche nach seinem Vater zu begeben. Daß sie ausgerechnet ihn als Begleitung ausgesucht hatte, hatte etwas zu bedeuten.
Also gehörte es auch zu seiner mystischen Aufgabe, sie bei ihren Plänen zu unterstützen. Die Legenden waren voll von solchen Episoden. Und dann würde er mit der eigentlichen Suche beginnen.
Schließlich erklärte der Kneipenwirt sich bereit, Sam und Samstag ein Zimmer für die Nacht zu geben. Der Raum war zwar schmutzig, aber dafür ging er auf einen mit Schrott übersäten Hof hinaus, auf dem auch diverse Werkzeuge herumlagen. Bei Anbruch der Dunkelheit holte Samstag eine Taschenlampe aus dem Rucksack, und dann huschten sie die Hintertreppe hinunter und betraten den Hof. Nachdem Sam einen rostigen Spaten und starken Draht aufgetrieben hatte, brachen sie zu der Krypta auf, wobei sie ab und zu innehielten, um sich zu orientieren.
Die Straßenbeleuchtung warf lange Schatten auf den Kirchhof. Auf der einen Seite befand sich die Krypta, die mysteriös und unheimlich im Zwielicht lag. Das Gitter vor der Tür bildete die Barriere zwischen dem Diesseits und der Totenwelt. Samstag indes hatte schon zu viele Nachtwachen auf dem Friedhof abgehalten, um sich davon beeindrucken zu lassen. Es war nur eine Gruft. Sam fertigte aus dem Draht einen Dietrich und öffnete die Tür, während Samstag aufpaßte, daß niemand kam. Das Schloß leistete ihm nur geringen Widerstand. Dann drangen sie in die Krypta ein, und Sam schickte sich an, in dem festen Boden eine Grube auszuheben. Er fluchte leise. Sogar hier in der Gruft herrschte eine hohe Luftfeuchtigkeit, wie überall in Voorstod.
»Psst«, sagte Samstag auf einmal, legte ihm die Hand auf die Schulter und schaltete die Taschenlampe aus.
Sam stellte die Arbeit ein und hielt die Luft an. Zwei Gestalten näherten sich der Krypta; die Silhouetten hoben sich vor dem Hintergrundleuchten der Stadt ab. Sie trugen keine normale Kleidung. Die Umrisse der Köpfe und Schultern wirkten massiv und nichtmenschlich.
»Maduns Frau und Kind sind heute hier begraben worden«, sagte der eine. »Danach erschien er in der Zitadelle und verlangte eine neue Frau.«
»Wir haben keine Frau für ihn übrig«, erwiderte der andere.
»Dann muß er eben ohne Frau auskommen. Schließlich hatten wir ihm gesagt, er solle sich ein robusteres Exemplar aussuchen.«
»Aber er wollte unbedingt diese haben.«
»Nun, er hat sie
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