Monströse Welten 2: Hobbs Land
Eine andere Heiligkeit gäbe es nicht; mithin sei die ganze Diskussion müßig.
Worauf die Phansuris konterten, daß die Religion der Voorstoder weder das Gute im Menschen noch die Freuden des Lebens kenne. Diese Elemente seien jedoch unabdingbar.
Zum Teufel mit dem Guten im Menschen, erwiderte der Voorstoder; das einzig Gute sei, Gottes Heiligen Willen zu erfüllen. Und die einzigen Freuden gäbe es im Paradies.
Die Voorstoder hätten Freude am Töten, brachte der Absolute Bischof von Ahabar angewidert vor. Ob die Voorstoder das etwa auch für heilig hielten?
Natürlich, erwiderte der Voorstoder mit flammendem Blick und geballten Fäusten. Wenn es denn Gottes Wille war.
Halte dich zurück, sagten die Importunatoren von Ahabar, und begegne dem Bischof mit Respekt.
Ein wahrer Gott würde solche Dinge nicht gutheißen, sagten die Anhänger der Dame des Friedens, die in Fenice hohes Ansehen genoß.
Wir sollten uns auf die erste Frage konzentrieren, intervenierte der Vorsitzende. Kann man Gott überhaupt definieren?
Gott ist Er Der sich unseren Vorfahren offenbarte, erklärte Voorstod. Gott ist Er Der uns von Menschenheimat nach Voorstod begleitet hat. Gott ist Er Der den Heiligen Krieg erklärt hat, der uns ein Schwert in die Hand gegeben hat und der uns das Paradies als Belohnung für den Tod im Kampf versprochen hat. Gott ist Er Der sagt, Er sei ein eifersüchtiger Gott. Gott ist Er Der für die Ungläubigen die Hölle erschaffen hat und durch die Propheten spricht.
Der höchste Gott ist das Ethos des Universums, sagte ein Gelehrter von Phansure. Das schöpferische Prinzip.
Aber können wir Gott definieren, hakte der Vorsitzende nach.
Der Offizielle Rat suchte angestrengt nach einer Definition. Jeden Abend kehrte Notadamdirabong Cringh in seine Suite zurück, in die Arme von Lurilile, und schüttelte den Kopf ob der Nutzlosigkeit dieses ganzen Unterfangens.
»Sie kommen nicht weiter, stimmt’s?« fragte Lurilile, deren Interesse an der Angelegenheit so groß war, daß sie darüber ihre eigentliche Mission auf Authority vergaß.
»Sie kommen nicht weiter«, bestätigte der Hohe Gelehrte. »Womöglich erweist die ganze Sache sich am Ende ohnehin als völlig belanglos.«
* * *
Für Sam und Maire, die ihre erste gemeinsame Nacht in Gefangenschaft verbrachten, war die Sache durchaus nicht belanglos, auch wenn sie von dem religiösen Disput keine Ahnung hatten.
»Dieser Awateh«, sagte er zu Maire, »wollte Samstag und mich töten. Von ihm und den Propheten hast du mir nie erzählt.« Obwohl er das nicht beabsichtigt hatte, schwang ein vorwurfsvoller Unterton in seiner Stimme mit.
Maire schüttelte müde den Kopf. Sie befand sich nicht einmal einen ganzen Tag in Voorstod, und schon fühlte sie einen tiefen Widerwillen gegen diesen Ort. »Sam, du hast nie zugehört, wenn ich dir von Voorstod erzählte. Außerdem hatte ich die Propheten früher nie zu Gesicht bekommen.« Sie fuhr sich über die Stirn. Der Kopf wollte ihr schier zerspringen. »Schließlich wanderten die Propheten nicht in der Stadt herum, wo sie damit rechnen mußten, daß sie einer Frau über den Weg liefen. Sie blieben in den Zitadellen, beteten, lehrten oder lasen in den Schriften. So wurde es uns gesagt.«
»Und wer versorgte sie mit Lebensmitteln?«
»Sie hatten Gharm-Diener. Und nur diesen Gharm war das Betreten der Stadt erlaubt; außer es fand eine der seltenen Prozessionen statt, an denen auch die Propheten teilnahmen. Dann versammelten die Männer und Jungen sich in den Straßen, und die Frauen und Mädchen mußten sich in die Häuser zurückziehen und das Gesicht verhüllen. Ganz verwegene Frauen lugten zwischen den Vorhängen hindurch, doch jedes Mädchen und jede Frau wußte, daß sie im Falle eines Blickkontakts mit einem Propheten anschwellen und sterben würde.«
»Das glaube ich gern, wo ich nun schon ein paar von ihnen kennengelernt habe«, sagte Sam im Bestreben, der Sache eine humoristische Note zu verleihen. Bisher war es ihm nicht gelungen, den Widerspruch zwischen der Realität der Propheten und den Vorstellungen von seinem Vater aufzulösen. Der Vater-König paßte nicht so richtig ins Bild, das er von den Propheten gewonnen hatte, und diese Diskrepanz machte ihm zu schaffen.
»Hast du Phaed gesehen?« fragte sie.
»Nein«, antwortete er. »Hast du nach Samstags und Jeps Rückkehr mit ihm über Phaed gesprochen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Jep sagte, er wäre in der Zitadelle von Wolke gewesen, als Phaed von
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