Monströse Welten 2: Hobbs Land
hatten, sagten sie ihm, auf einer Farm im Osten der Stadt sei befristet der Posten eines Verwalters zu besetzen. Weil er kein Geld hätte, um den beschwerlichen Weg nach Green Hurrah zu bewältigen, wäre es ratsam, wenn er die Stelle annähme.
»Gibt es dort Sklaven?« fragte Sam.
»Es gibt keine Sklaven mehr im Umland von Sarby.«
»Seit wann?«
Sie schauten sich fragend an. »Acht Tage«, sagten sie dann mit verwundertem Gesichtsausdruck.
Seit acht Tagen hätte es weder Auspeitschungen noch Todesfälle gegeben, sagten die Gharm, auch wenn einige Voorstoder zumindest mit dem Gedanken an Auspeitschungen gespielt hätten. Im Flüsterton erzählten sie Sam von einer Frau, die ihre Köchin der Vergeudung von Lebensmitteln bezichtigt hatte und die Gharm deswegen auspeitschen wollte. Doch dann setzte die Frau sich in den Salon und fand allein die Vorstellung schon so erbaulich, daß sie auf die Umsetzung in die Praxis verzichtete.
Die Gharm-Köchin, die nämlich Proviant für Flüchtlinge abgezweigt hatte und schon vor Todesangst schlotterte, beruhigte sich wieder und dankte ihrem Tchenka.
Und dann war da noch diese Bande von Schlägern, die in einer Seitenstraße einen Gharm abgefangen hatten und sehen wollten, wie viele Peitschenhiebe er einstecken konnte, bevor er starb. Weil sie sich jedoch nicht über die mögliche Anzahl der Schläge einigten, kam der Plan nicht zur Ausführung. Statt dessen gelangten sie zu dem Befund, daß sie Hunger hätten, und gingen nach Hause. Der Gharm kam mit dem Schrecken davon und erzählte die Geschichte weiter.
Dicht unter der Erdoberfläche hatte das Netz sich mit fast wahrnehmbarer Geschwindigkeit vom Hügel bis zur Stadt ausgebreitet und verzweigte sich immer weiter, bis es schließlich die ganze Stadt unterwandert hatte. Auf dem Hügel in der Nähe der Farm, wo der kleine Tempel errichtet worden war, hüllte das Netz das wunderbare Ding, das dort wuchs, wie einen Kokon ein.
Die Propheten waren zwar gegangen, aber die Priester waren noch da. Es hätte auch keinen Grund für sie gegeben, die Stadt zu verlassen. Vielmehr hatten sie allen Grund zu bleiben, denn die Kirchen füllten sich, zögerlich zunächst, als ob die Leute dort nach etwas suchten. Die Tage verstrichen. Schließlich waren zwei Wochen vergangen, ohne daß die Steine oder der Erdboden mit Blut befleckt worden wären. Der Ruf ›Voorstod‹ ertönte nicht mehr, und es wurde auch kein Gharm mehr totgepeitscht.
* * *
Zur gleichen Zeit wurden in Selmouth die Leute, die in einem bestimmten Radius um eine alte Kirche und den Friedhof lebten, von einer inneren Stimme aufgefordert, auf dem Kirchhof einen kleinen, kreisförmigen Tempel zu erbauen. Der Priester hatte keine Einwände. Nicht einmal als die Steine aus den Gehwegen des Friedhofs herausgebrochen und zum Bau des Gebäudes zweckentfremdet wurden, legte er sein Veto ein. Und als eine Mauer der Kirche abgetragen und die Steine demselben Zweck zugeführt wurden, hielt er das auch für völlig normal. Der Tempel wurde in kürzester Zeit fertiggestellt, denn die Leute wurden durch ein Objekt beflügelt, das sie in einer Krypta auf dem Kirchhof fanden und mit allen Anzeichen der Freude im Mittelpunkt des Tempels plazierten.
Unter den Helfern befand sich auch ein Gharm mit einem Messer und einer Anzahl Plastikbeutel. Niemand wußte, wer er war, aber jeder rühmte seine außerordentliche Einsatzbereitschaft.
»Was ist das?« hatten sie ihn gefragt, denn sie wußten es nicht.
»Ein Tchenka«, hatte er ihnen geantwortet. »Dies ist der Waldvogel- Tchenka. Er wird über euch wachen. Und bald wird er vielleicht auch unter uns wandeln.« Die Gharm indes glaubten nicht so recht an die Macht des Selmouth-Gottes. Nach dem, was Sie-Setzt-Die-Schöpfung-Fort ihnen gesagt hatte, würde er sich ohnehin nicht um sie kümmern.
Bald schon verständigte der Waldvogel- Tchenka sich mit einigen Voorstoder Katzen auf die regelmäßige Lieferung von kleinen, geschuppten Schädlingen. Obwohl es auf Ahabar keine ferfs gab, existierten andere Lebewesen, die die gleichen Substanzen absonderten und dem Gott somit auch zuträglich waren.
Wenig später arrangierten die Gharm drei weitere Begräbnisse in Wolke, zusätzlich zu der Beerdigung, die schon vor einiger Zeit stattgefunden hatte. In Wolke gab es laufend Tote. Bei den insgesamt vier Toten hatte es sich um zwei Gharm und zwei Menschen gehandelt, darunter ein Kind. In der darauffolgenden Nacht fanden in Scaery drei weitere
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