Monströse Welten 2: Hobbs Land
Kruss sind, Topman der Siedlung Drei. Es ist nur ein Name. Eine Art Etikett, wissen Sie.«
»Es ist nur ein Brauch«, ergänzte Jep. »Ein Entgegenkommen. Ein Gefallen.« Abrupt blieb er stehen. »Hier geht es zu unserem Clanhaus, Sir. Eine angenehme Nachtschicht.«
Harribon sah sie in einer Seitenstraße verschwinden, die zu einer Ansammlung von Häusern führte, die zweifellos vom Wilm-Clan bewohnt wurden. Sie unterschieden sich in nichts von den Clan-Häusern der Siedlung Drei, und dennoch verströmten sie eine fremdartige, fast exotische Aura. Die Gebäude auf Hobbs Land bestanden durchweg aus genormten Spanplatten, was kaum Möglichkeiten für eine individuelle architektonische Gestaltung eröffnete. Das Bruderhaus hatte eine breite Veranda und eine portalartige Tür. Darum gruppierten sich diverse Schwesternhäuser mit separaten Eingängen, in deren privater Abgeschiedenheit die Frauen ihre Liebhaber und Freunde empfingen. Außerdem gab es Kammern für Großmütter und großzügige Kinderzimmer. Im nächsten Jahr würde Jep wahrscheinlich aus dem Haus seiner Mutter ausziehen und ins Bruderhaus übersiedeln.
Willum R. hatte diesen Schritt wahrscheinlich schon vollzogen. Die meisten Jungen zogen um, sobald sie eine Freundin hatten – oder sich zumindest mit dem Gedanken trugen, sich eine zu suchen. Diese Planungsphase indes dauerte zuweilen recht lange, ohne daß sich etwas Konkretes tat. Es war nämlich nicht so wie in diesen Ehe-Kulturen, wo die Frauen versuchten, sich die Jungfräulichkeit zu bewahren und die Männer partout darauf aus waren, sie ihnen zu nehmen, und wo jeder krampfhaft versuchte, zu akzeptablen Bedingungen einen passenden Partner abzubekommen, bevor man zu alt dafür war.
Apropos alt: Wo es nun die ersten Rentner in der Siedlung Eins gab, Leute, die nicht mehr vertraglich verpflichtet waren, in der Produktion zu arbeiten, würde es nicht mehr lange dauern, bis sie in den Bruderhäusern als Haushälterinnen und als Köche für die Clans arbeiteten. Und es würde auch nicht mehr lange dauern, bis die ersten Siedler das Landrecht erwarben. Dann würde Hobbs Transystem Foods die Siedlung Eins vertragsgemäß den Einwohnern überlassen und Leute für eine Siedlung Zwölf rekrutieren, irgendwo im Niemandsland. Vor einiger Zeit hatte Harribon Spiggy gefragt, wie viele Agrar-Siedlungen Hobbs Foods insgesamt zu errichten gedachte. Hunderte, hatte Spiggy erwidert. Hunderte, die über die nutzbare Fläche von Hobbs Land verteilt waren und durch Streifen naturbelassenen Landes voneinander getrennt wurden.
»Aus Gründen des Artenschutzes«, hatte Spiggy erklärt. »Zum Schutz der Pflanzen und der Tiere.« Authority legte nämlich Wert auf Artenschutz. Zumindest das Wissenschaftsministerium, was aber fast auf dasselbe hinauslief.
Es war alles so vertraut und doch so fremdartig, fast exotisch. Es war zu friedlich. Vielleicht lag es daran. Zu Hause in der Siedlung Drei gab es immer Probleme. Eine unterschwellige Zwietracht, wie das Fauchen einer gefangenen Katze. Hier nahm Harribon keine Probleme wahr. Und wenn doch welche auftraten, kümmerte Sam sich darum.
Oder, so sagte er sich, vielleicht kümmerte sich auch Birribat Shum darum. Und zwar bevor sie überhaupt akut wurden.
* * *
»Du siehst müde aus«, sagte Sal zu Harribon, als sie im Girat-Bruderhaus bei einem Schnaps saßen und aus dem Fenster auf die Felder hinausschauten. Die beiden Pensionäre erledigten in der Küche den Abwasch, und das Klappern des Geschirrs verquickte sich mit dem Geschnatter von Sals Kindern.
Harribon schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich bin nicht müde. Ich denke nur nach. In deinem Bruderhaus ist es sehr still, Sam. Bist du ein Einzelsohn?«
»Ich hatte noch einen Bruder, Maechy. Er starb im Kindesalter, bevor wir nach Hobbs Land kamen. Im Grunde hatte sein Tod für meine Mutter den Ausschlag gegeben, Siedlerin zu werden. Meine Mutter hatte in Voorstod auf Ahabar einen Ehemann, doch sie ging ohne ihn nach Hobbs Land.«
»Es wird schon noch Leben in Sams Bruderhaus kommen, wenn Sande und Sahke erst einmal zu Männern herangewachsen sind«, sagte Sal lachend. »Dann kann Sam Onkel spielen.« Ab vierzehn brauchte ein Junge die Gesellschaft von Männern, so lautete die gängige Erkenntnis. Bis dahin tat es auch die Mutter.
»Was macht eigentlich eure Mutter?« fragte Harribon, wobei er sich an das zu erinnern versuchte, was er über Sams Mutter wußte.
»Maire? Sie bewohnt ein eigenes Schwesternhaus«, sagte
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