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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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die beiden letzten Nachtschichten auf einer Couch in ihrem Zimmer verbracht hatte, war ihr Dahinscheiden völlig entgangen, bis er schließlich durch die unnatürliche Stille geweckt wurde.
    Harribon hatte einen Bruder, Slagney, und zwei Schwestern, Paragon (Parry) und Perfection (Perfy). Die vier wickelten den Leichnam ihrer Mutter in eine Decke und brachten ihn in der ersten Stunde der Tagschicht zu einem Ort im Westen der Siedlung. Bereits am Tag zuvor hatten sie auf einer bewaldeten Anhöhe ein Grab ausgehoben, in das sie den Leichnam nun legten. Parry rezitierte ein Lieblingsgedicht ihrer Mutter. Harribon bückte sich über den Leichnam und steckte etwas unter die Decke. Dann nahmen sie die Schaufeln, die seit dem Vortag dort lagen, bedeckten den Körper ihrer Mutter mit Erde und gingen zurück zum Bruderhaus, wo sie Frühstück für die Kinder machten.
    »Ich verstehe nicht, warum sie mir nicht gesagt hat, daß sie dort draußen begraben werden wollte«, sagte Parry, die älteste Tochter, weinend. »Momma hat mir doch sonst immer alles gesagt.«
    »Ich glaube, diesen Wunsch hatte sie erst seit ein paar Tagen«, sagte Harribon mit sanfter Stimme, wobei er selbst die Tränen unterdrückte. »Sie hat es mir vergangene Nacht gesagt. Ich war als einziger bei ihr. Ich hätte es euch vor ihrem Tod noch sagen sollen, aber es ist mir selbst erst gestern wieder eingefallen.« Den genauen Wortlaut des Gesprächs wußte er nicht mehr. Vielleicht hatte er erwähnt, wie schön die Aussicht von dort oben sei. Oder so ähnlich.
    »Was hast du ihr denn ins Grab gelegt?« wollte Slagney wissen. Slagney war der Jüngste, das Nesthäkchen, und manchmal war er ziemlich störrisch.
    »Ihr Medaillon«, erklärte Harribon. In der Tüte, die Samstag ihm gegeben hatte, war außer dem Gott auch ein Medaillon gewesen. »Das du ihr geschenkt hast, als du ins Bruderhaus gezogen bist. Sie hat es stets in Ehren gehalten, und sie wollte, daß ich es ihr ins Grab lege.«
    »Ach so«, sagte Slagney gerührt. Das Medaillon war das ›Abschiedsgeschenk‹ an seine Mutter gewesen. Das war bei Söhnen so üblich, wenn sie ins Bruderhaus zogen; mit diesem Präsent brachten sie die nach wie vor bestehende Verbundenheit und Nähe zu ihrer Mutter zum Ausdruck. »Ob die Zentralverwaltung damit einverstanden ist, daß wir sie außerhalb des offiziellen Friedhofs begraben haben?«
    »Was die ZV nicht weiß, macht sie nicht heiß«, sagte Perfy, die Zweitälteste Tochter. »Sie wollte nicht auf dem Friedhof begraben werden, sondern hier draußen; also werde ich der Zentralverwaltung auch nichts sagen. Und was ist mit dir, Slagney?«
    »Red keinen Unsinn«, sagte er barsch. »Ich sage natürlich auch nichts. Aber die Leute werden bald merken, daß sie nicht auf dem Friedhof liegt.«
    »Gestern habe ich zur Tarnung ein Grab ausgehoben«, sagte Harribon. »Nach dem Frühstück fingieren wir eine Beisetzung.« Nachdem er aufgegessen hatte, unterhielt er sich mit den anderen und wischte den Kindern den Mund ab, wobei er sich zwischendurch die Hände an der Hose abwischte. Er glaubte noch immer die warme, klebrige Substanz des weißen Zeugs zu spüren, als er es aus der Tüte geholt und an den Körper seiner Mutter gepreßt hatte. Sie war kalt und tot gewesen, aber das Gewebe war warm und lebendig. Er erinnerte sich nicht mehr genau, was die Wilm-Kinder ihm nach dem Tod seiner Mutter gesagt hatten, aber ihre Worte waren enorm tröstlich gewesen. Auch wenn er sich nicht mehr daran erinnerte, so wußte er doch, was er zu tun hatte.
    Und nun harrte er der Dinge, die da kommen würden.
    * * *
    Shan, Bombi und Volsa Damzel landeten um die Mittagszeit auf Hobbs Land, gleich nachdem vier Männer von Ahabar angekommen waren. Aufgrund dieses Umstandes liefen alle sieben Personen dem aus Zilia Makepeace, Dern Blass und Tandle Wobster bestehenden Empfangskomitee in die Arme. Ohne sich das mit Neugier gepaarte Mißtrauen anmerken zu lassen, das er beim Anblick der zweifellos von Voorstod stammenden Männer verspürte, erkundigte Dern sich nach ihren Namen – Mugal Pye, Epheron Floom, Preu Flandry und ein junger Mann namens Ilion Girat –, ohne sich indessen selbst vorzustellen. Natürlich war der Name Girat ihm ein Begriff, aber Dern widerstand der Versuchung, den Mann daraufhin anzusprechen.
    »Und was führt euch nach Hobbs Land?« erkundigte er sich.
    Preu Flandry sagte, sie seien Geometer, die Hobbs Land für die Archive kartographieren würden; die Ausrüstung, die

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