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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Projekt zwar initiiert, aber mittlerweile nahmen auch Mädchen an der Ausbildung teil, die praktisch eine komplette Maurerlehre darstellte. Offensichtlich hatten die jungen Leute kein Konzept, doch als die innere Ringmauer und die strahlenförmigen Bögen Gestalt annahmen, manifestierte sich in Harribon ein gewisser Fatalismus. Anscheinend fiel niemandem außer ihm auf, daß dieses Bauwerk sich an einem architektonischen Vorbild auf Hobbs Land orientierte. Allerdings war er auch der einzige, der sich in der Siedlung Eins auskannte. Die verfallenen Owlbrit-Dörfer auf dem Hochplateau waren für die Siedler nämlich tabu.
    Während die älteren Kinder im Steinbruch arbeiteten und sich als Maurer betätigten, suchten die Jüngeren das Flußbett nach bunten Kieselsteinen ab, die sie dann nach Farbe und Größe in Behälter sortierten. Bald standen ganze Batterien solcher Behälter auf dem Bauplatz. Zuweilen wurden die Kinder bei den Ausschachtungen auch von Erwachsenen unterstützt. Die von den Bögen eingefaßte Fläche mußte als Mulde ausgeformt und dann gepflastert werden; dieser Belag diente seinerseits als Unterlage für einen Mosaikfußboden, wobei die einzelnen Steinchen mit Spezialkleber fixiert wurden.
    »Was würdet ihr machen, wenn ihr keinen Klebstoff hättet?« fragte Harribon eines Tages Vernor, als der Junge gerade eine Verschnaufpause einlegte.
    Vernor dachte darüber nach. Überhaupt war Harribon bereits aufgefallen, daß der Junge sein weinerliches Wesen weitestgehend abgelegt hatte. »Dann würden wir Lehm nehmen«, sagte er schließlich. »Wir würden die Steine in ein Lehmbett setzen. Aber Klebstoff wäre schon besser.«
    Dieser Ansicht war Harribon auch. Solange die Logistik das Zeug in diesen Mengen rausrückte.
    Nachdem die Bögen vervollständigt waren und die Ringmauer bis auf die Höhe von drei großen Männern hochgezogen worden war, ging Vernor in Harribons Büro und verkündete: »Wir brauchen ein paar Gitter. Jeweils drei der strahlenförmigen Bögen vereinigen sich zu einem Bogen in der Ringmauer. Bei insgesamt vierundzwanzig strahlenförmigen Bögen sind das also acht Bögen in der Ringmauer. Jeder dieser Bögen braucht ein Gitter, und ein Gitter muß sich wie eine Tür öffnen lassen. In der Siedlung ist nichts Geeignetes vorhanden. Und ein einfacher Kühlergrill wird nicht ausreichen. Die Gitter müssen aus Metall sein, und das können wir hier nicht verarbeiten.« Verblüffend war indes die Selbstverständlichkeit, mit der Vernor sein Anliegen vortrug.
    Harribon versicherte dem Jungen, daß er sich darum kümmern würde. Er unternahm eine zweite Reise zur Siedlung Eins, wobei er diesmal ein spezielles Analysegerät mitnahm. Er untersuchte das Material der Gitter in allen sechs Tempeln, dem wiederaufgebauten, dem kürzlich eingestürzten und den anderen vier, in denen nur noch Metallsplitter vorhanden waren. Die Gitter unterschieden sich höchstens im Detail. Einige Rahmen waren mit Blättern geschmückt, andere mit Ranken. Teils wirkten die Gitterstäbe wie gedrechselt, teils waren sie gerade. Die Ornamente entsprachen teilweise den einheimischen Gewürzpflanzen, die Harribons Mutter in Töpfen gezogen hatte. Harribon machte Aufnahmen von den Pflanzen, und dann übergab er die Auswertungen und Bilder einem Hobby-Archäologen in der Siedlung Neun, der anhand dieser Vorlagen Skizzen zeichnete und sie an eine Werkstatt in der Zentralverwaltung schickte, um Repliken der Gitter anfertigen zu lassen. Als die kunstvoll mit Blättern und Ranken geschmückten Gitter schließlich geliefert wurden, wirkten die Kinder nicht im geringsten überrascht.
    Harribon und noch ein paar Männer aus der Siedlung, darunter zwei der Soames-Brüder, halfen den Kindern bei der Errichtung des Dachstuhls. Das Dach des Vorbaus war bereits gedeckt, und das Mosaik war zu neunzig Prozent fertiggestellt. Harribon bemerkte, daß die Mulde in diesem Gebäude etwas flacher war als im Tempel der Siedlung Eins. Als ob irgend jemand erkannt hätte, daß die Statur der Menschen sich grundlegend von der rübenförmigen Gestalt der Erloschenen unterschied.
    Als das Gebäude bis auf den Verputz fertiggestellt war, gingen die Leute ihren eigentlichen Verrichtungen nach. Mit dem einen Unterschied, daß die Produktivität sich nun erhöhte, weil die bisherigen Auseinandersetzungen ausblieben. Als Harribon am Saisonende einen Blick auf die Statistiken warf, verzog sich sein Gesicht zu einem ungläubigen Lächeln. Wenn sie so

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