Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
wenn das Archiv nichts sagt, sollte man sich besser nicht länger mit der Sache befassen.« Er lachte verlegen. »Ich habe die Regel gebrochen und die Frage ein zweites Mal gestellt. Und seitdem liegt Ärger in der Luft.« Er hatte jedoch noch etwas viel Schlimmeres gerochen, aber es hatte keinen Zweck, die anderen zu beunruhigen.
    Dennoch gelang es ihm nicht, seine Furcht völlig zu unterdrücken, und diese Angst übertrug sich nun auch auf Fringe. Seit ihrer ersten Begegnung war er für sie eine strahlende Lichtgestalt ohne Schatten gewesen, einer der heldenhaften Beauftragten, mit denen die Akademie immer Werbung machte, einer derjenigen, die Zasper als Dynamit-Jungs bezeichnet hatte, die kein Risiko scheuten, dem Tod ins Gesicht lachten, furchtlos und tapfer. Was sie indes in seiner Stimme gehört hatte, war nackte Angst. Plötzlich erinnerte sie sich wieder an den Sendewürfel in der Tasche. Vielleicht hatte er einen triftigen Grund, sich zu fürchten. Vielleicht hatte Boarmus ihr deshalb befohlen, das Ding heimlich zu übergeben.
    Wie rätselhaft! Sie schaute den düster blickenden Danivon verstohlen an und sah, daß er den Blick auf ein weit entferntes, unsichtbares Ziel gerichtet hatte. Trotz der Regeln, die sie für sich aufgestellt hatte, der Weigerung, sich auf irgend etwas einzulassen, sehnte ein Teil von ihr sich danach, ihn zu trösten oder wenigstens seine Ängste zu teilen. Ein Kollege durfte das tun. Sie konnte ihm zumindest Freundschaft anbieten.
    Nein. Sie würde nur wieder verletzt werden, sagte sie sich. Freundschaft war es nicht, was er wollte. Es war aber auch keine Freundschaft, was sie wollte. Also Finger weg!
    Du hast den Schmerz schon einmal besiegt, flüsterte eine innere Stimme. Mach dir das zunutze, um den Auftrag auszuführen!
    Die Schamröte stieg ihr ins Gesicht, als sie Nelas Hand spürte und sie drückte.
    »Du trägst das Herz im Gesicht.«
    Fringe wurde rot. »Nicht mein Herz, Nela. Einen ganz anderen Teil meiner Anatomie, fürchte ich. Und ich wußte nicht, daß man es so deutlich sieht.« Sie warf Bertran einen Seitenblick zu.
    »Bertie interessiert sich nicht für Frauengespräche.«
    Nela und Fringe hatten auf der Reise schon viele Frauengespräche geführt. Sie hatten von sich und ihren Gefühlen erzählt. Bertran, der das alles zwangsläufig mitbekam (auch wenn er sich zur Tarnung in ein Buch vertiefte), staunte über Aspekte von Nelas Innenleben, die sie ihm nie offenbart hatte. Fringe war Nelas erste richtige Freundin, und Fringe hegte eine große Sympathie für Nela. Er fand die Situation ebenso ironisch wie amüsant. Fringe sollte, so sagte er sich, eigentlich dasselbe für sie beide empfinden, aber das war offenkundig nicht der Fall. Bertran gegenüber war sie fast genauso zurückhaltend wie gegenüber Danivon.
    »Es gibt auch nichts zu sagen«, erwiderte Fringe, preßte die Lippen zusammen und schnitt eine Grimasse. »Ich werde mich auf nichts einlassen, Nela. Das ist das Beste.«
    Nela hörte den Selbstzweifel in diesen Worten und schüttelte mitfühlend den Kopf. »Ich kann das verstehen. Obwohl ich mir manchmal sage, ich würde… nun, viel dafür geben, eine solche Chance zu bekommen.«
    Bertran holte tief Luft, und sie zuckte zusammen. Sie wußte, daß er das vielleicht mißverstanden – oder nur zu gut verstanden – hatte.
    »Tut mir leid«, murmelte Nela und versuchte das Thema zu wechseln. Sie zeigte auf die Vögel mit den langen Zehen, die über die Seerosenfelder liefen. »Erinnerst du dich an die Geschichte, die wir uns auf der Reise erzählt hatten, über die Schildkröte, die fliegen wollte?« sagte sie heiter. »Schade, daß unsere Schildkröte sich für Schwalben und nicht für diese Vögel entschieden hat. Watvögel, keine Flieger. Schildkröte hätte sich gut gemacht als Amphibie.«
    Nun stieg Bertran die Schamröte ins Gesicht, denn er wußte, daß seine Gedanken Nela genauso verletzt hätten, wie ihre Worte ihn getroffen hatten. Vielleicht sollte er sich endlich damit abfinden, eine Amphibie zu bleiben. Das wäre sicher sinnvoller, als ständig diesen Wünschen nachzuhängen!
    Diese quälenden Innenansichten wurden von einer mit Schwimmfüßen ausgestatteten Frau aus Flachwasser unterbrochen, die in den Lichthof stürmte, Lampen über dem Tisch aufhängte und Teller und Kelche auf den Tisch stellte. Gefolgt wurde sie von zwei Bediensteten, die abgedeckte Platten mit Speisen brachten. Auf Fringe wirkten sie wie eine Kreuzung aus Frosch und Engel:

Weitere Kostenlose Bücher