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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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es einem aufgezwungen…«
    Das reizte Bertran zum Widerspruch. »Nun, in unserer Zeit und in unserer Religion zum Beispiel sagten wir, ein Mensch, der nicht imstande war, seine Probleme aus eigener Kraft zu lösen, wäre durch Gottes Gnade dazu in der Lage. Deshalb wäre er doch kein Sklave der Gnade gewesen.«
    »Das ist nicht dasselbe«, sagte Danivon zornig. »Selbst wenn man genug von dieser Gnade empfangen hätte, um die Probleme zu lösen, wäre es noch immer eine eigenständige Person gewesen und nicht ein Kuddelmuddel von Leuten…«
    »Sprichst du etwa von einer Art Kollektivbewußtsein?« fragte Bertran. »Von Leuten, die ihre Individualität und ihr Bewußtsein verloren haben?«
    Fringe nickte. Von dieser Seite hatte sie es noch gar nicht betrachtet, aber es klang plausibel. »Keine Vielfalt«, sagte sie. »Alle waren gleich. Nicht wie hier.« Ganz Enarae – ganz Woanders – glaubte daran. Es war der Horror in seiner entsetzlichsten Form. »Sie alle dachten, glaubten und taten dasselbe.«
    Die Zwillinge sahen sich skeptisch an. »Auf unserer Welt«, sagte Nela schließlich, »gab es bestimmte autoritäre Regime, die den Leuten vorschrieben, was sie zu glauben hatten. Zumindest die Glaubensinhalte, die öffentlich verkündet wurden.«
    »Das haben wir hier auch«, sagte Danivon. »Molock zum Beispiel. Und Derbeck. Und dann gibt es noch einen Haufen totalitärer Provinzen drüben am Throckischen Golf.«
    »Leute werden eingesperrt, gefoltert und hingerichtet, weil sie mündlich oder schriftlich die falsche Meinung vertreten?« fragte Nela.
    Danivon nickte. »Ja, auch das trifft für Molock und Derbeck zu.«
    »Oder wegen eines Fluchtversuchs?«
    »Ja. Das wird in Thrasis praktiziert.«
    »Wir hatten auch ein paar Gesellschaften mit rassischen Unterschieden, wobei eine Rasse von der anderen versklavt wurde«, fuhr Bertran fort.
    »Derbeck«, sagte Curvis. »Wo der Hohepriester das Regiment über den Murrey führt und die Chimi- Hundeüber alle.«
    »Oder wo das Militär über die Zivilbevölkerung herrschte…«
    »Frick«, sagte Danivon. »Wenn du in Frick nicht aus einer Soldatenfamilie stammst, bist du ein Nichts.«
    Nela setzte die Inventur fort. »Es gab allerdings auch ein paar sogenannte freie Länder, obwohl die unter einer drückenden Bürokratie litten…«
    »Neu-Athen«, sagte Danivon. »Die Freiheit gilt zwar als hohes Gut in Neu-Athen, doch die Leute wissen, daß sie Sklaven ihrer Bürokratie sind. Sie reißen zwar Witze darüber, aber wirklich lustig finden sie es nicht.«
    »Mancherorts hatten wir auch einen sogenannten aufgeklärten Absolutismus. Wo zwar ein starker Mann das Land regierte, die meisten Leute aber mit ihm einverstanden waren.«
    »Sandylwaith«, sagte Curvis. »Der Hohe Lord Sag-so in Sandylwaith. Befolge die Gesetze – und die Gesetze sind meistens milde, denn es ist ein friedlicher, lieblicher Ort, dieses Sandylwaith –, und du hast keinerlei Schwierigkeiten. Wenn du das Gesetz jedoch brichst, dann bekommst du keine zweite Chance. Der Hohe Lord Sag-so läßt dir zuerst die Ohren abschneiden, dann die Füße, und dann werden dir die Augen ausgestochen. Und was dann noch von dir übrig ist, wird zur Abschreckung auf dem Marktplatz ausgestellt.«
    »Fürchterlich«, sagte Nela schaudernd.
    »Nun«, sagte Danivon, »dafür gibt es weder Verbrechen noch Gewalt in Sandylwaith. Keinen Diebstahl. Keine Vergewaltigung. Die Leute dort lieben das System, auch wenn sie sagen, sie alle seien Sklaven des Lords. Aber wer weiß, was geschieht, wenn der jetzige Lord Sag-so stirbt? Nicht alle sind so vernünftig.«
    »Wir hatten auch religiöse, auf dem Erbfolgeprinzip beruhende Diktaturen mit alten Männern an der Spitze, wo Frauen überhaupt keine Rechte hatten«, sagte Bertran.
    »Thrasis«, sagte Curvis. »Wir schicken nicht einmal weibliche Beauftragte nach Thrasis. Frauen müssen in Thrasis verschleiert gehen. Sie sind Eigentum; in erster Linie gehören sie ihrem Erzeuger und in zweiter Linie demjenigen, an den sie verkauft werden. Wenn der Eigentümer stirbt, gehen sie in die Türme des Propheten, denn der Prophet besitzt alle alleinstehenden Frauen des Landes.«
    »Sie sind sein Eigentum«, sagte Fringe und verzog das Gesicht.
    »Beauftragte haben keine Meinung zu den inneren Angelegenheiten der Provinzen«, sagte Danivon in ironischem Ton. »Verziehen Sie nicht das Gesicht, Beauftragte!«
    Er hatte recht! Die Handlung war ihr nicht einmal bewußt geworden. Sie

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