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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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dieser Welt Woanders‹, klangen sie, ›woanders ist mein Ziel…‹
    Die Melodie wurde fortgesetzt. Funkelnde Juwelen erschienen im Zentrum der Maschine und wurden zu den Seiten geschleudert, wo sie wie eine winzige Galaxie herumwirbelten. Ein Juwel funkelte heller als die anderen. Es schien wie eine kleine Sonne. Es drehte sich, wechselte auf eine innere Bahn, durchlief sie, kam immer näher und fiel schließlich in den Behälter. Abrupt verstummte die Musik, und die Maschine kam mit einem Zittern zur Ruhe.
    Mit düsterem Blick musterte Fringe ihre Erfindung. Eigentlich hätte die Maschine erst dann stoppen dürfen, wenn sie mindestens drei Kapseln ausgespuckt hatte.
    »Was nun?« fragte Jory und schaute Fringe ins Gesicht.
    Fringe nahm die Kapsel aus dem Behälter und suchte nach dem Wort, das sie darauf geschrieben hatte. Da war wohl ein Wort, aber nicht in ihrer Handschrift. Kein Wort, das sie aufgemalt hatte.
    »Geh!« lautete es.
    »Geh!« las Asner.
    »Geh!« flüsterte Jory Fringe zu, wobei ihre Augen im schräg einfallenden Licht wie geschliffene Juwelen glitzerten. »Sehr schön.«
     
    Houmfon. Hauptstadt der Provinz Derbeck, eine Hafenstadt, die eine halbe Tagesreise den Ti’il aufwärts oberhalb des Zusammenflusses mit dem Fohm lag. Kopfsteinpflasterstraßen, Arkaden, schattige Gärten und ein Marktplatz neben der Palastmauer, wo die großen eisernen Tore fest geschlossen und mit Purpur verhängt waren. Im Palast liegt der Alte Vater im Sterben.
    Er hat ein langes, ausgefülltes Leben geführt. Er hat alle seine Feinde im Kampf Mann gegen Mann und die meisten seiner Freunde von hinten getötet. Er hat von goldenen Tellern gegessen und aus perlenbesetzten Kelchen getrunken (nachdem sein Vorkoster alles probiert hatte). Er hat sieben Frauen und hundert Konkubinen (wenn auch nur einen Sohn), und nun liegt er im Sterben. Er liegt im untersten Turmzimmer im Bett unter dem Baldachin, einem runden, gemauerten Raum unter der Schatzkammer; der Atem geht pfeifend, die Augen rollen unter geschlossenen Lidern, die Hände zucken auf der Decke, als ob sie ein letztes Mal etwas ergreifen wollten. Auf den an der Wand verlaufenden Bänken sitzen das Dutzend Chefs der Chimi- Hunde und das Dutzend Hohepriester des dabbo-dam. Der dabbo-dam hält das Manifest von Chimi-ahm; die Chimi- Hunde halten die Quelle der Macht. Der Alte Vater hatte beides in Händen gehalten, doch nun entgleitet es ihm. Der Atem geht rasselnd, und die Finger greifen ins Leere.
    An der Wand wechseln die Chefs und die Hohepriester bezeichnende Blicke. Der Alte Vater ist ein geliebter Sohn von Chimi-ahm, ein praktizierender Gläubiger des dabbo-dam, ein großzügiger Herr der Chimi- Hunde, in seinen alten Tagen nicht weniger als in seiner Jugend. Schon vor einiger Zeit wußte der Alte Mann, daß es zu Ende gehen würde, und der Alte Mann hatte alles geregelt. Die Chimi- Hunde wurden bezahlt und erhielten neue, überlegene Waffen, die aus einer Provinz der Kategorie Sechs herausgeschmuggelt worden waren. Die Priester wurden bezahlt, und Geschenke wurden an den Altären abgelegt. Nach dem Begräbnis und der angemessenen Trauerzeit wird eine Wahl abgehalten. Das Ergebnis dieser Wahl, für das der Alte Vater bezahlt hat, wird vom dabbo-dam verkündet und von den Hunden bestätigt werden.
    Es ist alles geregelt. Wenn die Leute nicht zustimmen, werden die Hunde der Widersetzlichkeit ein Ende bereiten. Gerüchte werden ausgestreut. Alte Leute. Frauen. Kinder. Blut überall. Das ist es, was eine Wahl ausmacht.
    Nachdem das Blut dann beseitigt wurde, wird der einzige Sohn des Alten Vaters, Fetter Schleimer, zum Heiligen Führer von Derbeck ernannt worden sein. In Houmfon wird das große Bildnis des Chimi-ahm lächeln und das Werk der Menschen gutheißen. Dann wird es ein Freudenfest geben, alle singen und tanzen, und ohne Zweifel wird Chimi-ahm daselbst herabsteigen und sich unter das Volk mischen, denn Chimi-ahm hat das in letzter Zeit (leider) oft getan.
    Und wirklich ist Chimi-ahm den Priestern mittlerweile genauso lästig geworden, wie er es der Bevölkerung schon seit langem ist. Bisher tat Chimi-ahm immer, was die Priester für das Beste hielten. Nun scheint es sich seltsamerweise genau umgekehrt zu verhalten.
    Dennoch werfen die Häuptlinge und die Hohepriester sich immer wieder Blicke zu, wobei diese Blicke zur an die Wand gelehnten Leiter schweifen und von der Leiter hinauf zur Schatzkammer. Obwohl der Alte Vater ihn zum Nachfolger bestimmt hat, ist

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