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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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unvorsichtig gewesen, damit herauszuplatzen. Sie ließ den Kopf hängen und wurde von einer schrecklichen Angst befallen, sowohl um sich selbst als auch um Zasper. Was hatte sie nur getan!
    Das war zu viel! Sie müßte eigentlich in der Lage sein, ohne diese Gefühle zu leben, ohne diese Schuldkomplexe, Bedürfnisse und Schwächen! Sie müßte imstande sein, so zu sein, wie sie sein wollte, emotionslos und hart wie das Messer, das sie bei sich trug, das auch dem Zweck entsprach, für den es geschaffen war, ohne all diese nichtigen Sorgen, ohne all diese schmerzlichen Gefühle. Sie hatte genug von Gefühlen!
    Eine kalte, alte Hand strich ihr über die Stirn. »Leg die Kleine auf diesen Segelballen dort drüben«, sagte Jory. »Leg dich neben sie und halte sie, Fringe. Sie braucht jemanden, der sie in den Arm nimmt, und es ist noch nicht aller Tage Abend.«
    Fringe war zu müde, um zu widersprechen und tat wie geheißen. Vielleicht war noch nicht aller Tage Abend, doch hatte es gewaltig den Anschein.
    Die anderen standen stumm an der Reling.
    »Es ist Zeit, daß ich nach unten gehe«, sagte Curvis im Ton affektierter Entrüstung. »Ich muß eine Entscheidung treffen.«
    »Geh nicht. Warte«, sagte Jory.
    Er schaute sie in der Dunkelheit an. »Wieso, alte Frau?«
    »Ich habe so ein komisches Gefühl.«
    »Erst jetzt?«
    »Irgendwie.«
    Er wartete eine Weile und fragte dann: »Wieso haben Sie ein komisches Gefühl?«
    »Sie würden doch nicht in Abrede stellen, daß etwas Furchtbares in Derbeck vorging?« fragte sie. »Etwas, das sich, wie wir wußten, ereignen würde? Etwas, das gegen uns gerichtet war?«
    »Nein, ich würde das nicht in Abrede stellen. Und weiter?«
    »Wo wir Derbeck nun verlassen haben, glaube ich nicht, daß das, was auch immer es war, dort zurückbleiben wird«, sagte sie. »Nicht nachdem es uns nun aufgespürt hat. Ich glaube, wir müssen mit weiterem… Aufruhr rechnen.«
    »Der bisherige Aufruhr hat mir schon gereicht«, erklärte Curvis. »Fringe hat das getan, was auch der alte Paff getan hatte; sie hat etwas von seinem angestammten Platz weggenommen. Sie hat gegen das Grundgesetz von Woanders verstoßen, und ich darf das nicht einfach ignorieren!«
    »Euer Gesetz ist falsch«, sagte Nela mit fester Stimme.
    »Das Konzept unseres Gesetzes kommt dir vielleicht fremd vor…«, erwiderte Curvis steif.
    »Das Konzept ist uns aber gar nicht so fremd«, sagte Bertran trocken. »Auch wenn Nela sich vielleicht nicht mehr daran erinnert. Auf unserer Welt gab es eine Reihe von kleineren Ländern, die von unangenehmen Gestalten regiert wurden, und unser Land marschierte gelegentlich dort ein, um Ordnung zu schaffen…«
    »Wobei viele unschuldige Menschen getötet wurden«, sagte Nela und hob den Kopf. »Und viele ihrer und unserer Soldaten.«
    »…und die Leute beurteilten dann, ob unsere Aktionen moralisch gerechtfertigt waren«, beendete Bertran seine Ausführungen mit milder Stimme.
    »Sie waren ungerechtfertigt«, sagte Nela dezidiert. »Denn während wir in kleinen Schurkenstaaten intervenierten, suchten unsere Politiker gleichzeitig nach Entschuldigungen dafür, weil sie nichts gegen große Schurkenstaaten unternahmen, die ihre Bürger noch schlimmer behandelten! Ich glaube, die Menschen sollten ihre Despoten selbst verjagen.«
    »Und dabei viele Unschuldige töten«, sagte Bertran trocken. »Und sich gegenseitig massakrieren.«
    Bevor sie zu Wort kam, sagte Curvis: »Wir Beauftragten wissen, daß wir keine Richter sind. Fringe weiß das auch!«
    »Sie weiß es vielleicht, aber sie bildet sich trotzdem ein Urteil«, rief Nela. »Ich habe ihr Gesicht gesehen, als dieses Monster das Kind im Korb verschluckt hat! Sie versuchte zwar, keine Gefühle zu zeigen, aber ihr Gesicht sprach Bände!«
    »Hättest du das Kind denn gerettet, wenn es in deinem Ermessen gestanden hätte?« fragte Jory interessiert.
    »Das hätte ich getan.«
    »Aber eben hast du dich noch gegen Interventionen ausgesprochen.«
    Nela errötete. »Das ist etwas anderes. Das Kind war nicht in einem fremden Land. Es trieb einsam im Fluß.«
    »Meinst du nicht, daß ein Mensch, der in einem Kerker gefoltert wird, sich auch einsam fühlt?« fragte Bertran. »Egal, in welchem Land er sich befindet?«
    Nela schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, was ich meine.«
    »Weiß ich eben nicht.« Es ärgerte ihn, daß sie das als selbstverständlich voraussetzte. Weshalb glaubte sie, er wüßte immer, was sie meinte! Wußte er nicht. Manchmal

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