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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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kahl und behaart, mit Kopfbedeckung und ohne. Sie erstreckten sich von der Höhe von Fringes Knien bis weit über ihren Kopf. Tausend Augenpaare waren geschlossen, in allen Stadien der Wachheit geöffnet oder blinzelnd. Tausend Münder waren geöffnet oder käuten wieder; manche streckten die Zunge heraus, manche bleckten die Zähne. Tausend Nasen ragten hervor, von denen manche auf sie gerichtet waren und zuckten, tropften und schnieften. Das waren die Gesichter aller Mitglieder des Große-Frage-Komitees, eine Abbildung ihrer Ebenbilder.
    Als die Stimme ertönte, bewegten ein paar Gesichter links unten an der Wand synchron die Lippen.
    »Wir sind Magna Mater«, sagten sie. »Ihr dürft euch wieder verneigen.«
    Sie verneigten sich erneut, wobei Nela einen Schrei ausstieß.
    »Was hat sie?« fragte die Stimme mitleidlos.
    »Ihr habt sie verletzt«, erwiderte Fringe zornig. »Als ihr sie hergebracht habt. Ihr fügt ihnen Verletzungen zu, wenn sie sich immer hinknien müssen. Sie sind nicht so gebaut wie ich.«
    »Wird sie sterben?« erkundigte eine andere Stimme sich.
    Fringe hielt Ausschau nach der Stimme und fand sie in einem stilisierten Frauengesicht mit schmalen Augenbrauen und großen Augen, dessen Mund jedoch bösartig verzerrt war.
    »Vielleicht«, sagte Fringe. »Und dann werden beide sterben. Ist es das, was ihr wollt?«
    Die Augen schauten, und die Lippen bewegten sich. »Für euch bin ich die Edle Dame Therabas Bland! Ist es was, was wir wollen?«
    Um dieses Gesicht gruppierten sich ein paar weitere, deren Augen blinzelten und deren Münder sich bewegten. »Ist es das, was wir wollen?« sagten die Gesichter im Chor.
    »Nein«, drang die erste Stimme aus einem anderen stilisierten Gesicht, das sich in einiger Entfernung vom ersten befand. »Noch nicht. Nicht jetzt. Bevor wir sie in ihre Pflichten einweisen, müssen sie erst lernen, zu uns zu beten.« Die um dieses Gesicht zentrierten Gesichter bewegten synchron den Mund.
    Zwei Gruppen, sagte Fringe sich nach aufmerksamer Beobachtung. Und beide Gruppen machten zusammen etwa die Hälfte der Gesichter an der Wand aus. Nein, verdammt. Da war noch ein weiteres anwesend. Es sprach nicht. Beobachtete nur. Sie sah in seine glitzernden Augen und schauderte.
    »Wofür sollen wir beten?« fragte Bertran und stieß ein schmerzerfülltes Grunzen aus. »Welche Gebete wären euch wohlgefällig?«
    Schweigen.
    »Ihr dürft für Erholung beten«, sagte schließlich ein Gesicht aus der zweiten Gruppe. »Betet zur Edlen Dame, daß sie so gnädig sein möge, euch Erholung zu gewähren.«
    »Und Nahrung«, sagte Fringe störrisch. »Wir beten für Nahrung, denn wenn wir nichts zu essen bekommen, werden wir sterben.«
    »Und Nahrung«, sagte die Stimme unwillig. »Ihr dürft auch für Nahrung beten. Sind wir befähigt, Nahrung zu bereiten?«
    »Wir sind sehr wohl in der Lage, Nahrung zu bereiten«, sagte die andere. »Wir sind überhaupt zu allem befähigt.«
    »Dann betet für Nahrung. Vielleicht werden wir sie euch gewähren. Und ihr werdet für Erleuchtung beten, damit ihr euren Pflichten besser nachkommt.«
    Sie beteten für Erholung, Nahrung und Erleuchtung: Nela und Bertran mit eingeübten Phrasen und frommen Sprüchen aus der Sonntagsschule; Fringe zögernd, wie jemand, der eine Rede halten muß, wobei sie den Blick auf die Gesichter gerichtet hielt und auf irgendwelche Reaktionen wartete. Von den Gesichtern, die wach waren, schienen die meisten von den Worten hypnotisiert zu sein.
    Nachdem sie gebetet hatten (womit sie für geraume Zeit beschäftigt waren), verlangte die untere linke Gruppe, daß sie ihr nochmals ihre Reverenz erwiesen, bevor sie sich wieder in die Zelle zurückziehen durften. Fringe entfernte sich schnellen Schritts, gefolgt von den Zwillingen, die kaum imstande waren, sich zu bewegen.
    In einer Nische neben dem Sims fanden sie einen Haufen pulvriger Flocken, die entfernt nach einem Nahrungsmittel rochen. Sie aßen ohne Begeisterung. Vielleicht würde das Zeug sie am Leben erhalten, aber Appetit würden sie nie darauf bekommen. Während sie die Flocken mümmelten, regte sich etwas in Bertrans Brusttasche, und ein winziger Kopf lugte hervor, der sie mit funkelnden Knopfaugen musterte.
    »Hoffnung ist nie eine Lüge«, sagte das Wesen beiläufig. »Hoffnung wird sie vielleicht am Leben erhalten. Alle drei.«
    Das war Zaspers Stimme.
    »Wer war das?« flüsterte Bertran und schlug mit zittriger Hand auf die Tasche.
    »Mein Freund Zasper«, murmelte Fringe,

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