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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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deren Atem sich in plötzlicher Hoffnung beschleunigte. »Ein Freund, Berty. Jemand versucht uns zu helfen.« Sie gab dem Hörnchen ein paar Flocken zu fressen, die es genauso lustlos mampfte wie sie. Dann verschwand es wieder in Bertrans Tasche.
    »Ich glaube, wir sollten wieder ruhen«, sagte Nela, nachdem sie eine Handvoll von dem Zeug hinuntergewürgt und aus Fringes Händen getrunken hatte. »Ich glaube, wir müssen ruhen, Fringe, auch wenn wir eben erst aufgewacht sind. Wir haben innere Verletzungen. Vielleicht wird etwas Ruhe die Heilung fördern…«
    »Ruhe«, sagte Fringe bedrückt und richtete den Blick auf die größere Höhle. Nachdem sie den beiden geholfen hatte, sich auf den Sims zu legen, setzte sie sich neben die Zellentür und beobachtete unter gesenkten Lidern hervor die Gesichter. Was auch immer sie beseelte, es schien zu kommen und zu gehen. Nun war es gegangen, fürs erste zumindest. Die Gesichter glichen nun Puppengesichtern, glänzend und ausdruckslos, wobei die Münder sich zu Bögen verzogen hatten und die Augen weit offen beziehungsweise geschlossen waren, ohne Falten, ohne Individualität. Sie waren kein Fleisch mehr, in dem das Leben seine Spuren hinterlassen hatte. Sie waren nur noch Symbole des Lebens. Zwei Gruppen hatten gesprochen. Vielleicht zwei Entitäten, die aus mehreren Individuen bestanden, wobei jedoch kein großer Unterschied zwischen diesen Individuen bestand.
    Als sie noch ein Schulmädchen gewesen war, hatte es M- und P- Klasse- Mädchen gegeben, um die sich Cliquen gebildet hatten. Alle Mitglieder einer Clique hatten sich mehr oder weniger geglichen. Ihr Vokabular und ihre Mentalität waren ähnlich. Sie waren ähnlich gekleidet, machten die gleichen Gesten und lachten über dieselben Dinge. Allein schon durch die Beobachtung eines dieser Arschkriecher war es möglich gewesen, ihn einer bestimmten Clique zuzuordnen. Dasselbe galt für diese Gesichter. Wo sie nun schwiegen, erkannte sie die Ähnlichkeit zwischen ihnen. Die Gruppe zur Rechten, der Klüngel der Edlen Dame, hatte aristokratische Züge und einen zufriedenen Blick. Die Gruppe zur Linken war gierig und pausbäckig, wie kleine Kinder, die Süßigkeiten haben wollten. Und alle waren sie wie diese verdammten M&P- Puppen, die Souile ihr vor so langer Zeit aufgedrängt hatte. In ihrem Bewußtsein vernahm sie das Quengeln eines Kindes, eine Puppenstimme: ›Bin ich nicht schön? Gefällt dir meine Frisur?‹
    Was wollten sie wirklich? Doch nicht diese Verehrung. Oder waren sie wirklich so infantil, daß sie sich mit dieser Parodie der Anbetung zufriedengaben? Liebe mich, und wenn du mich nicht liebst, werde ich dich dazu zwingen!
    Und diese andere Präsenz, die, wie sie wußte, da war und die sich bisher noch nicht geäußert hatte. Was wollte sie? Jedenfalls keine Liebe, dessen war sie sich ganz sicher.
    Was war ein menschliches Wesen solchen Dingern schuldig? Das spielte keine Rolle. Wenn es sich um etwas handelte, das in ihrer Macht stand, würde sie es sofort tun. Nela und Bertran waren grau im Gesicht und litten offensichtlich. Die verdammten Dinger hatten sie verletzt! Die Zwillinge benötigten Hilfe, die ihnen hier nicht zuteil werden würde.
    Seufzend kletterte sie auf den Sims zu den schlafenden Zwillingen, streckte sich neben ihnen aus und schloß die Augen. Unter ihrer scheinbaren Ruhe spürte sie eine schreckliche Angst. Das hatte zu den ersten Dingen gehört, die sie an der Akademie gelernt hatte: Wie man die Angst bekämpfte. Hinter aller Furcht und allem Schmerz stand immer die einfache Wahrheit: Leben oder sterben. Man mußte sich nur für eins von beiden entscheiden und das dann mit Nachdruck verfechten. Die eigentliche Herausforderung, wie Zasper oft gesagt hatte, bestand darin, eine Entscheidung zu treffen.
     
    Dunkelheit legte sich über Thrasis. In der Provinz gärte es ebenso wie in Derbeck. Es hieß, Fremde, darunter mindestens ein Mann, seien in die Türme eingedrungen. Der Prophet war erzürnt. Männer versammelten sich, um Vergeltung zu üben für diese Schande. Das Schiff, mit dem die Eindringlinge gekommen waren, ankerte in der Flußmitte. Am Morgen würden sie es entern und die Leute vor Gericht stellen, bevor sie geköpft wurden. Bis dahin genügte es, wenn die Männer sich die Strafe ausmalten, die sie den Fremden jeweils zugedacht hatten. Es wurden Wachen aufgestellt, um das Schiff zu beobachten, doch die Wachen auf den Türmen wurden nicht verstärkt.
    Die Leute an Bord der Taube

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