Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
mehr.«
    »Verdammt«, sagte Danivon, der autonome Maschinen noch gar nicht in Betracht gezogen hatte. »Dann war es das, was ich gesehen habe.« Er drehte sich um und beobachtete den Weg, den sie gekommen waren. Am Rand des Gesichtsfelds erkannte er stiebende Funken, Leuchterscheinungen, helle Reflexe, die immer größer und deutlicher wurden. Eins oder mehrere dieser Gebilde hatten ihre Spur gefunden und holten schnell auf.
    Zasper erkannte die Verfolger nun auch, fluchte und nahm eine Bestandsaufnahme der Waffen und Geräte vor, die er dabei hatte, einschließlich der in die Kleidung und in den Körper integrierten Vorrichtungen. Nun bedauerte er, daß er nach der Pensionierung einige Waffen wieder hatte entfernen lassen. Integrierte Waffen waren zwar nützlich, aber auch verdammt lästig. Nun wünschte er sich jedoch jede einzelne zurück.
    »Noch etwas«, grunzte er und wies auf eine Bodenfalte im Westen, wo ein paar Lichter sich nahe am Fluß bewegten. »Wir gehen durch Bohnenfelder und haben weder eine Mutter bei uns noch einen Passierschein von der Lieben Mutter.«
    Zerknirscht biß Danivon sich auf die Lippe. Daran hatte er auch nicht gedacht.
     
    Unter dem Sand liegen Nela und Bertran Zy-Czorsky, deren Fragmente in unverwüstliches Vitreon und Duraplast gegossen sind. In der Nähe sind die Überreste von Fringe Owldark begraben, ihr blutleerer, ansonsten halbwegs intakter Kopf. Oben, wo der Wind über ihn hinwegstreicht, ist der Sand trocken, doch unten ist er feucht. Zwischen den Sandkörnern bilden sich dunkle, feuchte Hohlräume, eine winzige Gebärmutter aus Nässe, die zweifellos Leben spenden könnte.
    Und zweifellos wächst bereits etwas heran. Die Sandbank ist durchzogen von haarfeinen Wurzelfasern, die zwischen den Sandkörnen vorrücken, sich wie Aale krümmen und wie Schlangen gleiten, weiche, dünne Fasern, feucht und zart, die sich ausbreiten wie Schimmel auf Brot. Schließlich berührt der Ausläufer einer Faser die Wand eines Dinka-Dschinn-Gehäuses, zieht sich zurück und berührt es erneut. Die Faser erforscht dieses Ding wie einen Panzer, in dem sich etwas Lebendiges befindet. Sie stößt auf ein Vitreon-Molekül, züngelt daran und sondert ein eigenes Molekül ab, das an die Hülle andockt, wie ein Schlüssel im Schloß, und saugt es mit einem leisen Schmatzen aus, als ob das Mark aus einem Knochen gesogen würde. Der Laut ist so schwach, daß kein Wesen, das größer ist als ein Virus, ihn vernehmen würde. Schlurp, sagt die Faser. Das Vitreon-Molekül hat ihr gemundet, seine Atome sind von der Faser aufgenommen und zerlegt worden. Wirklich lecker. Köstlich. Geduldig, ein Molekül nach dem andern, verzehren die Fasern das Material der Behälter. Was zuerst ein Korrosionspunkt war, wird zu einer mikroskopisch kleinen Pore und wächst sich dann zu einem haarfeinen Loch aus.
    Die Fasern schießen durch das Loch und verdrillen sich vor Begierde. Oh, seht mal, was das ist. Oh, schaut, hier ein Knochen, dort eine Zelle, hier ein Organ, dort ein Mechanismus. Würg, ein häßlicher Mechanismus. Häßlich und kompliziert. Ineffizient. Schmerzhaft. Dennoch interessant. Überhaupt ist alles interessant. Dieses ist mit jenem verbunden. Hier wurde eine Verbindung gelöst und ein Teil entfernt. Eine Lücke. Was war es? Was könnte es gewesen sein? Fühlt, riecht, schmeckt, extrapoliert.
    Die nicht an der Erkundung beteiligten Fasern vergrößern inzwischen das Loch. Mittlerweile sind es Tausende, die das Gehäuse wie ein Pelz überziehen, tausend kleine Zungen, die jede für sich eine infinitesimale Korrosion verursachen. Das Vitreon wird löchrig wie ein Sieb, durchbrochen wie ein Spitzendeckchen und gleicht schließlich einem weitmaschigen Netz. Dann löst es sich ganz auf. Was sich zuvor drinnen befand, ist nun draußen und von den Fasern umsponnen.
    Nela schläft. Bertran schläft. Sie haben sich in einen Traum zurückgezogen, in eine Welt der Leichtigkeit und Kraft, der unbeschwerten, geschmeidigen Bewegung. Dies ist ein altes Geschenk, diese Zuflucht eines Traums. Sie spüren keinen Schmerz. Sie sind von einem Schrecken befreit, der zu fürchterlich war, um ihn zu ertragen. Sie befinden sich in der Welt der Antithese, wo sie sich frei von allen Zwängen bewegen.
    Die Fasern verzweigen sich. Schmeckt ihnen eine Zelle, dann vervielfältigen sie sich, jedoch nicht nur einmal, sondern tausendfach zu einer spiraligen Kette. Ist ihnen etwas zu fad, dann würzen sie nach und schaffen eine Zelle neuen

Weitere Kostenlose Bücher