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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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nur zwei Klassen von Wesen: Verehrer und Verfolger. Jemand, wahrscheinlich Cling (wer sonst wäre so feindselig?) hatte ihm eine Falle gestellt! Er hatte periphere Anschuldigungen geäußert und tangentiale Dementis erhalten. Er hatte angegriffen und war seinerseits angegriffen worden. Er schrie. (Er glaubte, daß er schrie, er war überzeugt, daß er schrie, obwohl jene, denen die Schreie galten, sie nicht vernahmen. Wie schreit ein Schaltkreis? Wie artikuliert ein Muster Wut?)
    »Nein«, erwiderte Bland von einem entfernten Knoten. »Nein, Breaze. Alles Einbildung. Es spielt sich in deiner virtuellen Welt ab, ist zweifellos ein Traum.«
    »Nein«, sendete Thob von einem noch entfernteren Knoten. Sie glaubte zwar, daß Breaze log, täuschte aber vor, daß sie die Sache ernst nahm. »Du erinnerst dich an etwas aus einer alten Mythologie, Breaze. Weshalb sollte ich Zeit mit der Erschaffung von Engeln vergeuden?«
    Sie hielten ihn zum Narren, sagte Breaze sich. Vielleicht hatten sie den Gefangenen zur Flucht verholfen! Vielleicht hatten sie sich gegen ihn verschworen!
    Im Knoten in der Nähe von Tiefe bündelte Cling derweil all seine Kräfte und erteilte dem Netzwerk und der großen Fabrik im Kern bestimmte Anweisungen. Allein schon die Präsenz dieser anomalen Kreaturen verlangte eine harte und schnelle Reaktion. Sie waren in seine Welt eingedrungen, und er würde sie töten. Die ehemaligen Gefangenen würde er zuerst töten. Dann würde er die anderen Entflohenen suchen und sie ebenfalls töten. Am meisten freute er sich jedoch darauf, die beiden Männer zu Tode zu martern, welche die Gefangenen befreit hatten. Währenddessen würde er der Frage nachgehen, ob Breaze, Bland und Thob sie dazu angestiftet hatten!
     
    Das Pelzwesen versuchte, die Augen zu bewegen, ohne sich zu rühren. Das war nicht er selbst, nicht sein eigenes Selbst mit der weichen Haut, der pulsierenden Verbindung, dem pochenden Herzen, der atmenden Lunge. Er war etwas anderes. Dies war Traumzeit, Schlafenszeit, doch ohne die Gewißheit und Leichtigkeit des Schlafs. O nein, das war der Wachzustand, und er hatte Angst, sich zu betrachten.
    »Was bist du?« fragte eine Stimme, Nelas Stimme.
    Sein Kopf drehte sich (ohne sein Zutun) in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und sah ein gefiedertes Wesen, nicht Nela, obwohl es sich um Nelas Stimme gehandelt hatte. Wieso hatte dieses Wesen dann Nelas Gesicht? Dieses vogelartige Wesen, dieses geflügelte Ding, schlank und mit flaumigen Federn? Weshalb streicht Nelas Blick über die gefiederten Arme und Beine, weshalb weint Nela, deren Mund in einer spontanen Gefühlsregung weit offen steht. Freude? Wahrscheinlich nicht.
    »Bertran!« rief sie. In der Stimme schwang eindeutig Schrecken mit.
    Ohne die entsprechende Willensanstrengung sprang er auf und legte den linken Arm um sie. Dort gehörte sie hin, dort lebte sie, dort war sie immer gewesen. Sie duckte sich und versuchte, die gewohnte Position einzunehmen, wobei sie unaufhörlich »Bertran, Bertran«, rief, als ob er weit weg wäre und nicht hier neben ihr. »Bertran«, rief sie wieder wie eine Trauernde. »Halt mich fest!« Während sie noch rief, er solle sie halten, stieß sie das andere Ding fort und versuchte, das Pelzwesen abzuwehren, diesen Fremden zu vertreiben, vor ihm zu fliehen.
    Er hielt sie, obwohl er genauso erschrocken war wie sie, wegen ihrer Erscheinung, ihres Gefühlsausbruchs und weil er in dieser seltsamen Haut und in diesem seltsamen Körper gefangen war. Er schauderte in einem Anfall von Panik, und sie löste sich von ihm und stürzte schreiend zu Boden, als ob diese Trennung eine erneute Verletzung darstellte.
    Sie kauerte mit geschlossenen Augen in der Nähe, wobei ihr schwerer Atem ein Echo seines Keuchens war und stieß ähnliche panische Laute aus.
    »Nela«, schrie er am Rand der Hysterie und versuchte sich zu beherrschen. »Du… wir haben uns verändert, das ist alles. Wir sind verändert worden.« Er schloß die Augen, weil er ihren Anblick, seinen Anblick nicht ertrug. Wenn er es nicht mehr sah, verlor es etwas von seinem Schrecken!
    »Macht das rückgängig!« schrie sie. »Macht das wieder rückgängig!«
    »Du hast die Box doch gehaßt«, rief er mit geschlossenen Augen. »Du hast sie gehaßt!« Sie hatte die Box gehaßt, er hatte die Box gehaßt, doch vielleicht waren sie vom Regen in die Traufe geraten!
    »Nein. Nicht die Box. Uns. Was aus uns geworden war.«
    Die Worte verhallten ungehört. Was war nur aus

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