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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Er zog neue Grenzen für sich selbst. Wo die anderen nun gegangen waren, gab es viel Raum, der mit dieser oder jener Erfindung, dieser oder jener Umgebung ausgefüllt werden mußte. Er mußte sich selbst zentrieren und seine wahre Natur bestimmen. Es war an der Zeit, mit der Spielerei aufzuhören; es war an der Zeit, aus der Deckung zu kommen, die er hinter kleineren Dämonen gesucht hatte, und sich zu offenbaren; es war an der Zeit, seinen Anspruch auf Göttlichkeit zu vertreten!
    In einem anderen Knoten befaßte Orimar Breaze sich mit seiner Göttlichkeit. Seine Jünger würden Breazianer genannt werden. Er würde Verhaltensweisen und Sitten vorschreiben, die seinem Wesen entsprachen. Er würde Regeln aufstellen, komplizierte Regeln, und viele davon, deren Befolgung nur mit großem Zeitaufwand und unter Schmerzen möglich war. Er wäre nur dann der Liebe seines Volkes sicher, wenn es viele harte Regeln befolgte. Obendrein müßte es viele Rituale geben, die das ganze Leben bestimmten. Seine Untertanen würden vor ihm kriechen müssen. Von dieser Vorstellung war er angetan. Sie würden förmlich robben müssen. Außerdem war Enthaltsamkeit geboten von… von allem, was das Leben schöner machte.
    Er versuchte, sich an die angenehmen Dinge des Lebens zu erinnern. Was war das? Es war so lange… so viele… so… War es Sex? Es schien Sex zu sein. Und Essen. Essen war ein Vergnügen gewesen. Also würde er viele Vorschriften in bezug auf Sex und Essen erlassen. Wenn die Vorschriften nur kompliziert genug waren, würde es auch viele Verfehlungen geben, und das würde ihm wiederum als Rechtfertigung für drakonische Strafen dienen! Er würde die Leute zwingen… Er würde die Leute veranlassen… Er würde sie bestrafen, bis sie…
    Obwohl er sich nicht mehr an den Geschmack von Essen und das Aroma von Wein erinnerte, an die Freuden menschlicher Bewegung, überkam ihn pure Lust bei der Vorstellung, Macht auszuüben. Er würde sich ordnungsgemäß als Gott einführen, wobei er die Leute mit schönen und verführerischen Worten ködern würde; und wenn das mißlang, würde er sein Volk mit Macht und Schmerz dazu zwingen, ihn zu verehren.
     
    Es wurde Abend, und mit ihm kamen die Kälte und die Dunkelheit. Die Sandbank wanderte im Wind, Sandkörner rieselten wie Sturzbäche und kräuselten die Oberfläche. Ein Gebilde kam zum Vorschein hier am Fluß. Mehrere Gebilde.
    Eins hatte Flügel. Eins hatte Schwimmfüße. Beide waren mannshoch, mit überproportional großen Köpfen. Eins war schlank und pelzig, das andere gefiedert. Beide schliefen.
    Eine Gestalt streckte und drehte sich, wobei sie eine Schwinge halb entfaltete. Die andere bewegte den Fuß und spreizte Zehen mit langen Nägeln, wobei die Schwimmhäute sich spannten.
    Ein Auge schwamm im Fluß und spähte in alle Richtungen, ein Ohr lauschte, schau-schau, lausch-lausch! Es verharrte im Wasser. Weit entfernt erfaßte der Monitor des Großen Krabblers, des Großen Gottes Orimar, das Bild, glich es mit Vorlagen ab und meldete eine Anomalie. Das Auge näherte sich dem Ufer und hob sich auf dem Stiel in die Höhe. Es hatte richtig gesehen. Es befanden sich anomale Wesen auf der Sandbank. Der Monitor verglich die Bilder mit Darstellungen, die er im Archiv gefunden hatte. Das eine war ein Vogel, ein Un-Vogel, ein Engel vielleicht, ein großes gefiedertes Etwas, das im Sand lag. Und dort, neben dem Vogel lag ein Otter, vielleicht ein Otter, vielleicht auch etwas anderes, eine Robbe vielleicht (Das Archiv stützt sich auf alte Kataloge von Tieren und sucht das richtige heraus). Das Auge war sich aber nicht sicher; es wußte nur, daß sie lebten. Ihr Brustkorb hob und senkte sich. Sie atmeten.
    Sie hatten dort nichts zu suchen. Weder die Otter-Robbe noch die Engels-Glyphe.
    Das Auge rief den Großen Krabbler, den Großen Gott Breaze. Der Ruf wurde von Chimi-ahm aufgefangen, dem Großen Gott Cling, der seinerseits Augen aussandte. Der Große Gott Subble Cling traute seinen Augen nicht. Er weigerte sich, die Realität dessen, was er sah, zu akzeptieren. Diese Wesen waren ein Trick. Eine Täuschung. Jemand speiste falsche Bilder in die Leitung ein. Jemand wollte ihn zum Narren halten.
    Die Wesen schlugen die Augen auf. Sie schauten in die über dem Wasser schwebenden Sensoren, ohne sie zu sehen. Sie wußten aber, daß eine Veränderung eingetreten war, daß vielleicht sogar Gefahr drohte.
    In der Ferne heulte der Beinlose Gott Orimar Breaze vor Wut über diesen Unsinn. Es gab

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