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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ihnen geworden. Keine Antwort. Schnelle Atemzüge, sonst war nichts zu hören. Was aus uns geworden war. Wer würde wohl auf ihre Bitte hören, sie wieder in den alten Zustand zu versetzen, wenn sie sich die ganze Zeit gewünscht hatten, etwas anderes zu sein?
    »Nela, hör auf zu weinen!«
    Nelas Augen öffneten sich, fast gegen ihren Willen. »Ich bin verändert«, sagte sie. »Berty, wir sind verändert.«
    »Ich dachte, du wolltest das«, rief Bertran. »Du hast es mir selbst gesagt.«
    »Wollte«, stöhnte Nela. »Wollte. Aber nicht so. Nicht so plötzlich. Ich hätte Zeit gebraucht. Zeit, um zu…«
    »Wir wollten doch getrennt werden«, rief Bertran.
    »Aber wir wollten wir selbst sein. Wir wollten nicht, daß wir nicht mehr wir selbst sind!«
    »Woher willst du denn wissen, was wir sind?« schrie Bertran. »Alles, was du tust, ist heulen.«
    Ihr stockte der Atem. Es hatte etwas von Sizzy in diesen Worten mitgeschwungen, etwas von dem, was Schwester Jean Luc gesagt hatte. Nicht hysterisch werden. Schaut euch um!
    Was sie auch tat, wenn es ihr auch schwerfiel. Sie war kein Ungeheuer. Bertran war auch kein Ungeheuer. Sie waren zwar nicht mehr sie selbst, aber auch keine Monster. Nicht häßlich. Nicht menschlich, aber auch nicht häßlich. Besser als die Boxen. Mit Abstand. Aber… aber sie waren noch immer grotesk. Jemanden wie sie würde es kein zweitesmal geben. Dessen waren sie sich sofort bewußt. Sie wußten, daß sie nach wie vor Kuriositäten waren, ein Fall für die Nebenattraktion, für die Bühne. ›Sehen Sie den Robben-Mann, das x-te Weltwunder, wie er taucht, schwimmt und rohen Fisch frißt. Sehen Sie die Vogel-Frau…‹
    »Es waren all diese Träume«, flüsterte Nela. »All diese Träume vom Fliegen, Berty. Was auch immer das getan hat, es hat meine Träume gelesen. Ich wollte gar nicht, daß sie Wirklichkeit werden, aber es glaubte, ich wollte das.«
    Beim Blick auf die Schwimmfüße erkannte Bertran, daß sie recht hatte. Er hatte es auch nicht so gemeint. Phantasien, mehr nicht. Eine lebendige Phantasie, wie man sie während des Abdriftens in den Schlaf kultiviert, ein Ersatz für Daumenlutschen oder Masturbation. Ein Märchen, das einem den langweiligen Nachmittag verkürzt, dieser Traum vom Schwimmen und Tauchen in den smaragdgrünen Tiefen flüssiger Freude. Im Grunde wollte er nur er selbst sein. So, wie er vielleicht gewesen wäre.
    Aber es war immer noch besser als die Box.
    Als er Nela das sagte, hielt sie die Luft an und keuchte in Erinnerung an den Schrecken. O ja, besser als die Box.
    Bertran setzte sich auf und strich mit der Flossenhand über den Körper. Er spürte einen schlanken Rumpf, von den Achselhöhlen abwärts über die Hüfte bis hinunter zu den Schenkeln. Durchgehend. Einzeln. Nicht mehr verbunden.
    Nela breitete die Schwingen aus, drückte sie nach unten und spürte das Reiben von Federn auf Federn, deren Bewegung ein seidiges Geräusch erzeugte. Die Füße hoben vom Boden ab. Panik überkam sie. »Die Knochen sind hohl«, flüsterte sie betrübt. Ihre Leichtigkeit erschreckte sie. »Sogar mein Schädel ist hohl.« Sie fuhr mit den Händen über die glatte, gefiederte Brust. »Wahrscheinlich kann ich fliegen.«
    »Ich kann schwimmen«, sagte der Otter im gleichen Atemzug und erinnerte sich an den Traum. Dieser schöne Traum schob ihn von der Sandbank in den Fluß. Er verschwand in den Fluten und tauchte nach kurzer Zeit wieder auf. Dann wankte er zitternd an Land und hustete Wasser aus. »Kalt«, rief er. »Kalt und voller seltsamer Dinge.« Es war nicht wie im Traum.
    Von einem plötzlichen Impuls getrieben war Nela in die Luft gesprungen und schraubte sich nach oben. Plötzlich schaute sie nach unten, stieß einen Schreckensruf aus und stürzte mit schlagenden Flügeln ab. Schluchzend landete sie im Sand. »Hoch«, sagte sie weinend. »So hoch und ganz allein!«
    Nun weinten sie beide. Sie waren verloren und hilflos. Ihre Ratlosigkeit und Verwirrung ängstigte sie ebensosehr wie die neuen Körper. Zum Teil verspürten sie Schrecken, zum Teil Neugier, und das alles überlagernde Gefühl war Einsamkeit. Ihre Identität stimmte, aber alles andere war hypothetisch.
    Bertran krümmte sich auf den Kieseln und kam mühsam auf die Füße. Er vermochte aufrecht zu stehen. Oder auf allen vieren zu gehen. Entweder oder. »Dieses Ding war es, von dem Jory gesprochen hat, dieses Arbai-Ding«, sagte er düster.
    »Das Arbai-Gerät?« fragte Nela. »Von dem sie auf dem Schiff

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