Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
Fluß zur Rechten.
    »Nix wie rüber«, sagte Danivon zu sich selbst, zu den Taschenhörnchen, die aus dem Hemd spähten und zu Zaspers Geist. Er hatte schon seit einer Weile zu diesen Zuhörern gesprochen. »Das Ufer fällt leicht ab. Wir werden aus dem Schilf ein Floß bauen.«
    Er hätte eigentlich etwas Schlaf gebraucht, bevor er irgend etwas baute, von einem Floß ganz zu schweigen, doch er verdrängte die Müdigkeit und wankte den bewaldeten Hang zum schilfbestandenen Ufer hinunter. Von hier aus zog die dunkle Mauer sich als unüberwindliche Barriere um das Land und durch das Wasser.
    »Ich wünschte, der Große Drachen wäre hier«, murmelte Danivon. »Um uns überzusetzen, wie er zweifellos auch die Frauen von Thrasis übergesetzt hat. Ich würde ihn sogar ohne Sattel reiten, wenn er das täte.«
    Mit bebenden Nasenflügeln starrte er die Mauer an. Würden die Verfolger ihn durch die Mauer hindurch verfolgen? Über die Mauer? Um sie herum?
    Sein Gespür meldete keine Gefahr hinter der Mauer, sagte ihm aber auch nicht, was ihn dort erwartete.
    Am Fuß des Hügels schlängelte ein Bach sich durch das Schilf. Er reflektierte das graue Licht des Himmels und wand sich in silbrigen Schleifen zum Fluß. Danivon watete bis zu den Hüften in Schlick und verfaulenden Pflanzen, wobei er sich an die Binsen klammerte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Schließlich trat er aus dem Schatten in eine seichte Lagune mit sandigem Grund und erkannte in der Dunkelheit ein paar vor Anker liegende Segelboote. Fischernetze zeichneten sich gegen den Himmel ab, und die Konturen eines auf Pfählen gelagerten Stegs sagten ihm, daß er die Fischerboote eines nahen Dorfs vor sich hatte.
    »Was würdet ihr von einem kleinen Diebstahl halten?« fragte Danivon sich, wischte sich den Schlamm aus dem Gesicht und blickte grimmig auf den Steg. »Meint ihr nicht auch, daß wir das Recht dazu hätten? Wo wir doch so brave Jungs waren in Bohnenfelder und auf ein unnötiges Gemetzel verzichtet haben?«
    Er hielt für einen Moment inne, als ob er auf eine Antwort wartete, und gab sie sich dann selbst: »Und ob wir das Recht dazu haben. Ein Boot ist allemal zu vertreten.«
    Er hatte Tod hinter sich gerochen, seit Zasper gestorben war. Und seit Mitternacht war dieser Geruch intensiver geworden. Er rechnete sich größere Chancen aus, wenn er auf dem Fluß war.
    Er warf eine Handvoll Blätter in die Luft und sah, daß sie in westlicher Richtung verweht wurden. »Wenigstens weht der Wind aus der gewünschten Richtung. Müssen nicht gegen den Wind kreuzen. Sehr günstig!«
    Danivon war kein Seemann; obwohl er die Seeleute während der Fahrt den Fohm hinauf beobachtet hatte, war er nicht sicher, ob ihm eine Flußüberquerung gelingen würde.
    Allerdings hatte er keine andere Wahl. Er schob ein Boot in den Fluß und hielt sich an der Bordwand fest, während er den stinkenden Schlick abwusch. Dann kletterte er ins Boot und setzte das Segel, wie er es dem Kapitän der Taube an jedem Tag der Reise abgeschaut hatte. Es wehte eine laue Brise, die gerade ausreichte, um sie gegen die Strömung zu schieben. Er lag müde im Boot und versuchte, die Augen offen zu halten, während er das Ruder bediente und das Ufer an ihm vorbeizog. Nach dem, was ihm wie eine Ewigkeit erschien, rückte die Mauer näher, dräute schließlich an Backbord und blieb hinter ihm zurück.
    »Und nun rüber«, sagte Danivon müde. »Wenn Fringe und die Zwillinge überhaupt irgendwo sind, dann auf der anderen Seite.«
    Das Boot war für den Einsatz in den Seitenarmen und Lagunen entlang des Flusses ausgelegt. Es schaukelte auf den Wellen, als Danivon die Überfahrt zum fernen Ufer in Angriff nahm. Er machte sich keine Illusionen wegen der Gaver. Er war davon überzeugt, daß die Brannigans, von denen Zasper ihm erzählt hatte, die Gaver auf das Schiff angesetzt hatten. Er war fast sicher, daß Fringe einem Gaver zum Opfer gefallen war. Einer riesigen Bestie, die aus den Fluten geschossen war.
    Die Dämmerung setzte ein. Der Himmel wurde hell. Das entfernte Ufer wurde sichtbar und kam allmählich näher, wobei das gewellte Ufer sich in grasbewachsene Hänge und flache, schlammige Abschnitte gliederte. Danivon hielt auf eine solche Stelle zu. Schließlich spürte er, wie der Kiel sich in den Schlick grub. Ein Zittern lief durch das Boot, es neigte sich etwas zur Seite und kam dann zur Ruhe. Er reffte das Segel.
    »Meinst du, wir sollen Segel setzen und das Boot wieder zurückschicken?«

Weitere Kostenlose Bücher