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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Regel haben sie den Jahresbericht akzeptiert, den er in seiner Eigenschaft als Kommandeur ablegen muß und sind dann verschwunden. Selten nur zeigten sie eine Regung, wie jetzt: fordernd, unversöhnlich, drohend. Also spricht Boarmus über Menschen, die aus der Vergangenheit aufgetaucht waren, schon richtig, aber immer mit der Ruhe, nichts, worüber man sich Gedanken machen müßte. Sie kamen durch das Arbai- Tor. Jeder kennt die Arbai- Tore. Selbst die toten Männer kennen die Arbai- Tore und auch dieses spezielle Arbai- Tor, das man bei der Besiedlung von Woanders in Panubi gefunden hatte.
    Für die Sache mit den Drachen hat er den toten Männern indes keine befriedigende Erklärung anzubieten, und die Stimme der Maschine wird von einem Rauschen und Knistern unterlegt. »Das ist keine Erklärung!«
    »Ich habe jemanden beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen«, sagt Boarmus ruhig, damit er die Galle am Gaumen nicht schmeckt. »Er stellt gerade eine Mannschaft zusammen. Wenn ich es erklären könnte, würde ich niemanden brauchen, der es herausfindet! Ich bin sicher, daß es nichts Wichtiges ist, aber sobald mir ein Bericht vorliegt, werde ich es euch wissen lassen.«
    Es tritt ein langes Schweigen ein. Immer wenn sich eine solche Phase anschließt, wird das Kolloquium in Boarmus’ Phantasie fortgesetzt. Dieser tote Mann redet mit jenem toten Mann. Er weiß nicht, was sich unter diesen verzweigten kristallinen Strukturen befindet. Er will es auch gar nicht wissen. In seiner Vorstellung ist das Innere dieser Strukturen noch viel schlimmer als die Dinka-Dschinns in Stadt Fünfzehn, die schon schlimm genug sind. Er weiß das, auch ohne es zu sehen. Er hat die Originalspezifikationen mehrmals durchgelesen, wobei diese Spezifikationen ihm gesagt haben, daß sie dort unten sind, mit abgetrennten, starren und mit Reif überzogenen Gliedmaßen. Die Bewußtseinsmuster werden alljährlich geweckt, um die Matrix zu durchsuchen, wobei sie wie ein Hamster im Laufrad herumwirbeln, sich aktualisieren und trainieren, bevor sie wieder das Bewußtsein verlieren und in den Zustand der Stasis zurückfallen. So steht es in den Spezifikationen geschrieben.
    Und dann kehrt dieser flüchtige Gedanke zurück. Es trifft ihn wie ein Keulenschlag. Wie konnte er nur so blöd sein! Gemäß der Spezifikationen dürften sie noch gar nicht hier sein. Wenn alles nach Plan laufen würde, hätten sie ihn gar nicht belästigen und überall herumgeistern dürfen! Wenn die Spezifikation noch gültig wäre, hätten die toten Männer erst morgen aufwachen dürfen!
    Die Erkenntnis drängt sich ihm auf, daß die toten Männer gar nicht für ein Jahr geschlafen haben und nicht nur zu dem Zweck aufgewacht sind, um ihre Daten zu aktualisieren, wie die Spezifikationen ausdrücklich vorsehen. O nein. Breaze und Bland und die anderen waren schon die ganze Zeit wach gewesen! Wie hatte Zaspers dämliches Lied noch gelautet? ›Breaze und Bland und Thob und Cling rannten, bis es nicht mehr weiterging.‹ Und was besagte dieses Lied? Wovor rannten sie davon oder wohin? Etwa vor den Spezifikationen? Datierte dieses blöde Kinderlied wirklich von den ersten Tagen der Besiedlung? Nun, was hatte ihr Wachzustand sonst zu bedeuten? Daß sie kürzlich von etwas geweckt wurden? Oder daß sie sich kürzlich entschieden hatten, wach zu bleiben? Die ganze Zeit? Oder nur für eine gewisse Zeit? Tun sie das nur, um ihn zu schikanieren?
    Der Schrank mit den Spezifikationen, den Logbüchern der Kommandeure und dem Buch der Biographien steht draußen im Korridor. Das Buch der Biographien enthält Bilder und die Historie jeder einzelnen der tausend Personen, die in den Kern gegangen sind.
    Boarmus kennt diese Gesichter wie sein eigenes. In den Logbüchern hat jeder Kommandeur die Berichte an und die Gespräche mit den toten Männern zusammengefaßt. Außer diesen Dokumenten existieren noch Stapel von privaten sensorischen Aufzeichnungen, die von den Bewohnern des Kerns hinterlassen wurden; wahrscheinlich handelt es sich dabei um Jugenderinnerungen, so daß sie nach dem Erwachen die alten Zeiten wieder auferstehen lassen können.
    Die Logbücher hat Boarmus nur überflogen. Und mit den privaten sensorischen Aufzeichnungen hat er sich bisher überhaupt nicht beschäftigt. Natürlich nicht! Obwohl…
    »Drachen«, sagt die Stimme, wobei der Klang nun ein anderer ist. Obwohl es sich immer um denselben Mechanismus handelt, erweckt er manchmal den Anschein der Verschiedenheit, was in

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