Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
verbringen …«
»Wir würden dich in der Wäschekammer unterbringen. Da steht schon ein Bett, und es ist warm, und du könntest da essen und schlafen, solange …«
»Solange Sie bei uns bleiben möchten«, unterbrach ihn Philippe. »Nichts ist endgültig, Sie können tun und lassen, was Ihnen beliebt, und wenn Sie morgen wieder gehen wollen, dann werden wir das akzeptieren und Sie nicht drängen zu bleiben.«
Becca strich sich mit einer Hand übers Haar und glättete es mit den Fingerspitzen. Zog ihren Schal zurecht, klopfte die Falten in ihrem Rock glatt und suchte im fiebrigen Lauf ihrer Finger eine Antwort auf das Angebot dieses Mannes und dieses Jungen, die respektvoll, ohne sie zu drängen, auf der Schwelle warteten, als verstünden sie, dass dies ein wichtiger Augenblick war und sie in gewisser Weise ihr ganzes Leben auf den Kopf stellten. Sie fragte, ob sie darüber nachdenken könne, erklärte ihnen, dass ihre Einladung sie zu einem Zeitpunkt überrasche, in dem sie gerade ihren Frieden mit der Nacht gemacht habe, ihren Frieden mit der Kälte, ihren Frieden mit dem Hunger, ihren Frieden mit diesem Leben, das sie führte, und sie verstünden doch sicher, dass sie besser allein nachdenken könne, mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt. Sie wolle nicht, dass man sie für eine Bettlerin hielt, die im Elend lebte und Wohltätigkeit erflehte, sie wolle frei entscheiden, und dazu brauche sie ein paar Minuten des Alleinseins und des Nachdenkens. Es sei ein seltsames Leben, das sie führe, das wisse sie, aber sie habe es sich so ausgesucht. Na ja, vielleicht nicht gerade ausgesucht, aber sie habe es mit einem gewissen Mut und einer gewissen Reinheit angenommen, und auf diese Wahl lege sie großen Wert, denn nur so wahre sie ihre Freiheit.
Philippe nickte, und die Tür schloss sich langsam vor dem verblüfften Alexandre.
»Warum hat sie das gesagt? Ich habe nichts davon verstanden.«
»Weil sie eine gute Frau ist. Mit einem edlen Charakter …«
»Aha«, entgegnete Alexandre, der verwirrt die Tür anstarrte. »Glaubst du, sie will nicht mitkommen?«
»Ich glaube, wir verlangen etwas Gewaltiges von ihr, das ihr gesamtes Leben durcheinanderbringen könnte, und sie zögert … Ich kann sie verstehen.«
Ein paar Minuten lang begnügte sich Alexandre mit dieser Antwort, dann nahm er seine besorgten Fragen wieder auf.
»Und wenn sie nicht mitkommen will, lassen wir sie dann hier?«
»Ja, Alexandre.«
»Du willst doch nur nicht, dass sie kommt! Weil sie eine Pennerin ist, weil du dich schämst, sie bei dir aufzunehmen!«
»Aber nein! Das hat überhaupt nichts mit mir zu tun. Die Entscheidung liegt allein bei ihr. Sie ist eine eigenständige Person, Alexandre, eine freie Frau …«
»Trotzdem wärst du verdammt erleichtert!«
»Ich verbiete dir, so etwas zu sagen, Alex! Hast du verstanden? Ich verbiete es dir.«
»Meinetwegen, aber wenn sie nicht kommt, dann bleibe ich auch hier … Ich lasse sie am Heiligabend nicht allein!«
»Das wirst du nicht tun! Ich packe dich beim Hintern und schleife dich eigenhändig nach Hause … Weißt du was? Du hast eine Freundin wie Becca gar nicht verdient. Du hast nicht verstanden, wer sie ist …«
Alexandre schwieg verletzt, und sie warteten beide, ohne noch ein Wort zu sagen.
Endlich öffnete sich die Tür des Häuschens, und Becca stand mit ihren zahllosen Plastiktüten in der Hand auf der Schwelle.
»Ich komme mit«, sagte sie, »aber kann ich meinen Rollstuhl mitnehmen? Ich hätte zu große Angst, dass er wegkommt, wenn ich ihn hier lasse …«
Philippe war gerade dabei, Beccas Rollstuhl zusammenzuklappen, um ihn in den Kofferraum zu legen, als sein Handy klingelte. Er nahm das Telefon und klemmte es zwischen Schulter und Ohr, während er den gefalteten Rollstuhl zwischen den Beinen hielt. Es war Dottie. Sie sprach hastig und schluchzte dabei so heftig, dass Philippe kein Wort verstand.
»Dottie … Beruhige dich. Atme tief durch und sag mir, was los ist.«
Er hörte, wie sie das Handy von ihrem Gesicht weghielt und tief einatmete, bevor sie im gleichen abgehackten Ton fortfuhr: »Ich war mit meiner Freundin Alicia essen, sie war auch allein heute Abend, und sie war schlecht drauf und ich auch, weil ich heute Nachmittag gefeuert worden bin. Kurz vor Feierabend, ich war gerade dabei, alles aufzuräumen, alles schön sauber zu machen, damit ich am Montag gleich mit der Arbeit weitermachen kann, da kam mein Chef rein und sagte, wir müssen erhebliche Kürzungen
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