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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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blieb sitzen. Wippte mit übergeschlagenen Beinen. Musterte die Unordnung auf dem Schreibtisch. Den mit Terminen und Telefonnummern vollgekritzelten Kalender. Sah das Puderdöschen von Shiseido, den Lippenstift von Mac, den Flakon mit CHANCE von Chanel, Filzschreiber, Füllfederhalter, Kugelschreiber, Druckbleistifte, verchromte Stifte, vergoldete Stifte und einen langen Federhalter in einem Tintenfässchen.
    Es gab weder Fotos von Kindern noch von einem Ehemann. Sie würde die Feiertage allein verbringen. Das Gesicht ungeschminkt, die Lippen blass, die Haare in ungewaschenen Strähnen herabhängend, alte Pantoffeln an den Füßen, der Regen peitscht gegen die Fenster, das Telefon klingelt nicht, sie hebt es hoch, um zu prüfen, ob es funktioniert, sie zählt die Tage, bis sie wieder ins Büro zurückkann … Trauriges Weihnachten!
    Ihr Blick glitt weiter über den Schreibtisch und traf auf den Stapel Bewerbungsmappen. Den dicken Stapel bereits ausgewählter Bewerber.
    Wie füllt man so etwas überhaupt aus? So was habe ich noch nie gemacht.
    Es reicht nicht, eine Bewerbungsmappe zu ergattern, man muss sie auch richtig ausfüllen … Genügend interessante Details mitliefern, damit das Formular nicht zusammengeknüllt im Papierkorb landet.
    Sie sprang auf, öffnete ihre Handtasche und stopfte ein knappes Dutzend Mappen hinein. Sie würde sich von den Lebensläufen ihrer Konkurrenten inspirieren lassen, um ihren eigenen aufzupolstern und ihm mehr Pep zu verleihen, und obendrein auch gleich noch ein paar Rivalen eliminieren.
    Sie schloss ihre Tasche, setzte sich hin, schlug das rechte Bein über das linke, nahm ihr sanftes Wippen wieder auf, zählte die Stifte auf dem Schreibtisch und atmete tief durch.
    Als Miss Farland zurückkam, saß Hortense brav auf ihrem Stuhl, die Handtasche auf dem Schoß. Sie reichte ihr einen dicken Umschlag.
    »Bis morgen ausgefüllt zurück … Allerspätestens bis siebzehn Uhr; wer danach kommt, hat Pech gehabt. Verstanden?«
    »Verstanden.«
    »Sie haben Mumm. Das gefällt mir …«
    Miss Farland hatte ein schönes Lächeln.
    Hortense studierte die gestohlenen Bewerbungsmappen, ehe sie ihr eigenes Formular ausfüllte.
    Trug Informationen zusammen.
    Ergänzte ihr Studium um einen humanitären Einsatz in Bangladesch und zwei Firmenpraktika, ließ sich von den Schilderungen einer Bühnenbildnerin beim Theater inspirieren, übernahm die Erfahrungen von jemandem, der als Assistent eines Fotografen arbeitete, erfand einen Werbedreh in Kroatien …
    Sie trug ihre Adresse, ihre E-Mail-Adresse und ihre Handynummer ein.
    Legte die Mappe um fünfzehn Uhr zehn auf Miss Farlands Schreibtisch.
    Und fuhr zum Bahnhof, wo sie den Eurostar nahm, Richtung Ferien, Weihnachten und Paris.
    In einen an Miss Farland adressierten Umschlag hatte sie einen Stift mit einem vergoldeten Eiffelturm geschoben, der im Dunkeln blinkte.

Zweiter Teil

O ftmals erlaubt sich das Leben einen Scherz.
    Es schenkt uns einen Diamanten, verborgen unter einem Métrofahrschein oder in den Falten eines Vorhangs. Er lauert auf uns in einem Wort, einem Blick, einem etwas einfältigen Lächeln.
    Details sind wichtig. Sie streuen kleine Steinchen auf unseren Weg, die uns leiten. Die Brutalen, die Hektischen, diejenigen, die Boxhandschuhe tragen oder den Kies aufspritzen lassen, achten nicht auf Details. Sie wollen alles schwer, eindrucksvoll, grell, sie wollen keine Minute daran verschwenden, sich nach einer Münze, einem Strohhalm, der Hand eines zitternden Menschen zu bücken.
    Aber wenn man sich hinunterbeugt, wenn man die Zeit anhält, dann entdeckt man den Diamanten in einer ausgestreckten Hand …
    Oder in einer Mülltonne.
    Und genau das passierte auch Joséphine in dieser Nacht des 21. Dezember.
    Der Abend hatte gut begonnen.
    Hortense war aus England zurück, und mit einem Mal beschleunigte sich das Leben. Tausend Dinge gab es zu erzählen, tausend Pläne zu verwirklichen, tausend Lieder vor sich hin zu summen, tausend Kleidungsstücke zu waschen und diese völlig zerknitterte Bluse zu bügeln, tausend spannende Abenteuer, und erinnere mich daran, Marcel anzurufen und ihn zu fragen … und Handys und Listen und wusstest du, dass, und sag mal, wieso, und jenes wundervolle Abenteuer, von dem sie ihrer Mutter und ihrer Schwester in der Küche berichtete: die Schaufenster bei Harrods. Stell dir nur mal vor, Maman, stell dir nur mal vor, Zoélinchen, ich bekomme zwei Schaufenster, und mein Name wird riesengroß an der Brompton Road

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