Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
Falls ich die Zulassungsprüfung zur École Polytechnique bestehe, werde ich dann den Mut haben, einfach nicht hinzugehen und meinen Eltern die Geschichte vom Platz hinter dem Nebel zu erzählen? Ich bin mir nicht sicher. Ich wünschte so sehr, ich hätte Mut dazu.
    Bei ihm ist das etwas anderes. Er hatte keine Wahl.
    Mit neun Jahren hat er seine Mutter verloren … Er vergötterte seine Mutter. Das ist eine unglaubliche Geschichte. Er hat gesagt, dass er sie mir irgendwann einmal erzählen wird. Dass er mich abends auf ein Glas in seine Hotelsuite einladen wird. Da hat sich in meinem Kopf alles gedreht! Ich habe mir vorgestellt, mit ihm allein zu sein, und hatte plötzlich Angst. Große, sehr große Angst … Wenn wir uns am Set sehen, sind immer viele Leute in der Nähe, wir sind nie allein, und er ist derjenige, der die ganze Zeit redet.
    Mir ist klar geworden, dass ich sehr gern mit ihm allein sein möchte. Ich glaube sogar, ich könnte mich einfach in eine Ecke setzen und ihn nur anschauen. Er ist so attraktiv, es gibt an ihm keinen einzigen Makel … Ich frage mich, wie sich das nennt, was ich für ihn empfinde. So etwas habe ich noch nie gefühlt. Diese Wärme, die meinen Körper durchströmt und in mir den Wunsch weckt, die ganze Zeit mit ihm zusammen zu sein. Ich denke ununterbrochen an ihn. Ich kann mich überhaupt nicht mehr auf meine Prüfungsvorbereitung konzentrieren.
    Er wirkt immer sehr überrascht, wenn ich ihm erkläre, wie hart ich für mein Studium lerne. Er sagt, er wisse nicht, ob das wirklich zu etwas nütze sei. Dass er selbst gar keine Ausbildung genossen und alles in der Praxis gelernt habe. Er war ein kleiner, sich selbst überlassener Junge aus Bristol in England. Er machte lauter Dummheiten. Mit vierzehn hat er sich einer Art Wanderzirkus angeschlossen, dessen Tourneen ihn nach Amerika geführt haben, und als die Truppe wieder abreiste, hat er beschlossen, in New York zu bleiben. Mit achtzehn Jahren! Allein und ohne einen Cent in der Tasche. Er hatte nichts zu verlieren …
    Er ließ alles hinter sich: seine Heimat England, seine Familie … Er gehörte zu nichts und niemandem. Er musste alles von Grund auf neu erfinden. Und so hat er Cary Grant erfunden! Denn anfangs, hat er mir erzählt, existierte Cary Grant gar nicht … Sein wirklicher Name ist Archibald Leach. Das ist komisch, denn er sieht überhaupt nicht aus wie ein Archibald.
    Neulich habe ich zu ihm gesagt, dass ich gern so sein möchte wie er. Er hat laut gelacht und gesagt, jeder will Cary Grant sein, sogar ich! Es klang überhaupt nicht so, als wollte er prahlen, eher, als hätte er ein Problem mit dieser Figur, die er selbst geschaffen hat … Ich glaube, irgendwann bin ich zu der Figur geworden, die ich auf der Leinwand spielte, sagte er. Ich bin ›er‹ geworden. Oder er ist ›ich‹ geworden. Und ich wusste nicht mehr genau, wer ich war.
    Ich war verwirrt. Und ich dachte bei mir, dass es schwer ist, jemand zu werden. Schwer, zu wissen, wer man ist.
    Bei der Vorstellung, dass er irgendwann wieder weggehen wird, möchte ich am liebsten sterben. Was, wenn ich einfach mitginge?
    Was würde ich meinen Eltern sagen? Papa, Maman, ich habe mich in einen achtundfünfzigjährigen Mann verliebt, einen amerikanischen Filmschauspieler … Sie würden in Ohnmacht fallen. Und der Rest der Familie auch. Denn das ist es … ich glaube, ich bin dabei, mich zu verlieben … Auch wenn das nicht das richtige Wort dafür ist. Kann man sich in einen Mann verlieben? Ich weiß, dass es so etwas gibt, aber … Gleichzeitig glaube ich, wenn er mir zu nahe käme, würde ich die Beine unter den Arm nehmen und Reißaus nehmen!
    Ich will nicht heiraten, ich will keine Kinder haben, ich will nicht auf die École Polytechnique, das weiß ich … aber sonst weiß ich nichts.
    Wenn er mich fragt, ob ich mit ihm gehen möchte, dann werde ich ihn begleiten …«
    Das Licht ging erneut aus, und Joséphine stand auf, um es wieder einzuschalten. Der Schalter war klebrig und feucht, und der stechende Geruch der Mülltonnen ließ sie vor Ekel schlucken. Aber sie wollte weiterlesen …
    »Ich kann es kaum erwarten, die Geschichte von seiner Mutter zu hören. Das scheint ihn ziemlich geprägt zu haben. Er sagt immer, das, was damals mit seiner Mutter passiert sei, habe ihn dazu gebracht, Frauen zu misstrauen. Anscheinend hat er Hitchcock davon erzählt, und der soll es in einem Film namens Berüchtigt mit Ingrid Bergman verwendet haben. In einem Dialog mit

Weitere Kostenlose Bücher