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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Lilly kommen würde, dann jetzt.
    «Prost!» Tobias hob das Glas. Das Letzte, nahm er sich vor. Nach drei Bieren wurde er sentimental. Nach drei Bieren vermisste er Eveline. «Hey, schau, ist das nicht der Typ vom Fernsehen?»
    Die Schiebetür zum Nebeneingang vom Treppenhaus öffnete sich, kühle Luft und laute Stimmen strömten herein. Im Lokal wurde es ganz still. Als wäre ein Film angehalten worden. Die Gläser blieben auf halbem Weg zum Mund stehen, Gespräche verstummten, Ted meinte, Wortfetzen in der Luft hängen zu sehen. Dornröschen, fiel ihm ein, der Küchenbursche, der mit dem Stiefel des Kochs am Hintern hundert Jahre ausharren musste.
    In der Tür stand ein überraschend kleiner, feingliedriger Mann, der eine große Sonnenbrille trug, hinter ihm, ein bisschen größer, die Ärztin, die sich letzten Montag um die Yogalehrerin gekümmert hatte. Ted nickte ihr zu. Unwillkürlich wanderte sein Blick nach unten, suchte ihre breiten Hüften.
    Sein Nicken schien den Bann gebrochen zu haben, die Gäste bewegten sich wieder, Gläser klirrten, Gespräche wurden wiederaufgenommen, lauter als zuvor, so schien es. Dieser ganz normale Montagabend hatte plötzlich einen besonderen Glanz. Die Bar war zur Kulisse geworden, die Gäste zu Statisten, sie alle waren ohne ihr Zutun Teil von etwas Größerem, Glänzenderem geworden. Der kleine Mann machte ein paar Schritte in den Raum herein, dann blieb er stehen. In der Mitte des vollbesetzten Lokals war ein Tisch frei, als hätte er auf ihn gewartet. Er breitete die Arme aus, lachte, ging auf den Tisch zu, die Ärztin folgte ihm. Im Vorübergehen lächelte sie Ted und Tobias zu.
    «Wow», sagte Tobias.
    «Ja», sagte Ted.
    «Das wär mal was anderes! Hast du schon mal mit einer Dicken?»
    «Tobias, echt!» Ted wandte sich wieder ab, die Begegnung hatte ihn abgelenkt, jetzt hatte er Lilly wohl verpasst. Er hatte Tobias vorgeschlagen, sich in der Bar am Fluss zu treffen, weil er hoffte, Lilly hier mehr oder weniger zufällig zu begegnen. Sie würde auf dem Weg zum Studio an der Bar vorbeikommen. Er hatte sich so an die Theke gestellt, dass er die Glastür im Blick hatte, den Aufgang zur Treppe. Er würde so tun, als sähe er sie nicht. Er würde sie vorbeiziehen lassen, die Treppe hinauf, schwer beladen mit Taschen, zusammengerollten Matten, ihrem Laptop – er würde hier stehen bleiben und wissen, dass sie oben schwitzte, sich verrenkte, er würde neunzig Minuten lang an sie denken, und wenn sie dann wieder die Treppe herunterkam, würde er sich ihr wie zufällig in den Weg stellen.
    Sie hatte versprochen, ihn anzurufen. Sein Handy lag auf der Theke, neben dem halbvollen Glas Bier, Tobias hatte sein drittes schon beinahe geleert. Ted wollte nicht zu viel trinken. Er wollte nicht nach Bier riechen, wenn er sie küsste. Er wollte an der Bar stehen wie ein Hauptgewinn, rasiert, in einem alten, aber sauberen T-Shirt, das er bei sich sein Lucky Shirt nannte, weil Frauen gern mit der Hand darüberstrichen, über den weichen, verwaschenen Stoff.
    Das Treppenhaus war leer. Das Mädchen vom Empfang kam herunter, betrat das Lokal und schaute sich suchend um. Ted nahm an, dass sie das Studio abgeschlossen hatte. Konnte er sie fragen, ob Lilly die Stunde besucht hatte? Sie ging an ihm vorbei und auf den Tisch zu, an dem der Schauspieler saß. Ted spielte mit seinem Handy. Sie hatte versprochen, sich zu melden. Er hatte noch nichts gegessen, er wollte sich die Option offenhalten, sie spontan zum Essen einzuladen. Als sein Telefon endlich klingelte, griff er so hastig danach, dass er beinahe sein Glas umgestoßen hätte.
    Tina, stand auf dem Display. Er trat einen Schritt von der Bar weg.
    «Tina – was ist? Ist etwas mit Emma?»
    «Würde ich sonst anrufen? Wo bist du, bist du in einer Bar?»
    «Und wenn? Was ist mit Emma?»
    «Das kann ich dir nicht am Telefon erklären. Ich muss mit dir reden. Wir sind unterwegs zu deiner Wohnung.»
    «Ihr beide?»
    «Ja, soll ich sie etwa allein zu Hause lassen? Das geht sie schließlich auch was an.»
    «Dann ist sie also okay?»
    «Wie meinst du das, okay?»
    Ted fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. «Tina …»
    Tobias verdrehte die Augen. Er hob sein leeres Bierglas, Ted schüttelte den Kopf.
    «Tina, ich …»
    … habe sie schon in ihrem Blut liegen sehen, unter einem Auto, in der Ambulanz, ich dachte mein Herz bleibt stehen … Immer noch versuchte er sich zu erklären. Als wüsste er nicht, wie sinnlos das war. «Worum geht es denn?»,

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