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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Die steht auf dich, würde Tobias jetzt wohl sagen. Er sagte das, sobald eine Frau mehr als zwei Worte an Ted richtete. Ted konnte das selber absolut nicht einschätzen. Das Einzige, was er jedes Mal merkte, war, wenn eine Frau ihn nicht wollte. Dann lief er zu Höchstform auf.
    Tina war versetzt worden. Nach Los Angeles, Kalifornien. Ans andere Ende der Welt. Sie würde sich dort um Musiker kümmern, die Bruchstücke ihrer Songs an eine Firma verkauft hatten, die sie zu Klingeltönen verarbeitete. Tinas Aufgabe war es, ihre Rechte zu schützen. Nicht die der Musiker. Die der Firma. «Eine einmalige Chance», hatte sie gesagt, und Ted hatte den Atem angehalten, auf das Unausweichliche gewartet: Sie würde Emma mitnehmen. Und er würde nichts dagegen tun können. Gar nichts. Er hatte sich gewappnet, die Stimme seiner Anwältin im Kopf. «Nicht aus der Emotion heraus reagieren, zuhören, nicken, mich anrufen!» Er hielt den Atem an.
    «Ich kann Emma nicht mitnehmen.»
    Er hatte nicht gleich reagiert. Er glaubte, sich verhört zu haben.
    «Die Arbeitszeiten sind grausam dort, die Vierzig-Stunden-Woche kennen die nicht. Es wäre brutal für Emma. Sie würde mich nie sehen.»
    «Ja, gut», hatte er schließlich gesagt. «Ja klar.»
    «Es ist nur für sechs Monate. Das ist doch wohl nicht zu viel verlangt? Immerhin habe ich sie in den letzten sechs Jahren praktisch allein durchgebracht.»
    «Nicht meine Wahl!»
    «Meine vielleicht?»
    Im Nebenzimmer wurde die Stimme vom Urmel lauter. Ted hatte das blasse, verschlossene Gesicht seiner Tochter nicht ertragen können und hatte sie in ihr Zimmer geschickt. Hatte ein Kinderhörspiel in den Kassettenrekorder aus Plastik eingelegt und sich zum ersten Mal gewünscht, er hätte das Kinderzimmer technologisch besser aufgerüstet. Und er könnte Emma jetzt Kopfhörer aufsetzen.
    «Tina, ich hab ja gesagt, ist gut. Kein Problem.»
    «Kein Problem für dich! Das sagst du so einfach. Und ich bin wieder das Arschloch, die Rabenmutter …»
    Und da war es ihm plötzlich wieder eingefallen, das Einzige, was ihm aus seiner ersten, abgebrochenen Yogastunde geblieben war, außer dem Bild von der blutbefleckten blauen Matte: Yoga heißt, einfach sitzen zu bleiben und weiterzuatmen.
    Sitzen bleiben. Weiteratmen.
    Er hatte der Versuchung widerstanden, Tina in den Arm zu nehmen, das Einzige, was früher geholfen hatte. Stattdessen hatte er nur immer wiederholt: «Es ist gut. Kein Problem. Klar kann sie bei mir wohnen.»
    Schließlich waren sie gegangen, Tina und Emma, und Ted hatte sofort das Bedürfnis verspürt, Lilly anzurufen. Als ob es sie mit beträfe. Als ob sie Teil seines Lebens wäre. Er hatte drei wirre, lange Nachrichten auf ihrer Combox hinterlassen, doch sie hatte ihn nicht zurückgerufen. Er fing wieder an zu rauchen. Das schien ihm die einzig logische Reaktion. Er rief Tobias an. Doch Tobias wirkte abwesend und traurig am Telefon. Ted ahnte, was passiert sein musste. Er hatte diesen Ton schon gehört. Eveline hatte ein Kind verloren. Tobias hatte ihm nichts von der erneuten Schwangerschaft gesagt, aber Ted erkannte die Zeichen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wenn Tobias darüber sprechen wollte, würde er davon anfangen. Sie verabredeten sich unbestimmt auf ein Bier, demnächst, und beendeten das Gespräch, beide erleichtert.
    Tina rief ihn dafür jeden Tag an. Je näher ihre Abreise rückte, desto unberechenbarer wurde sie. Heute hatte sie ihm eröffnet, dass ihr Abflug verschoben worden war. Emma würde also schon übermorgen bei ihm einziehen. Plötzlich ging alles sehr schnell. Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, dachte Ted, denn du könntest es bekommen!
    Und dann hatte er den Gutschein für die Yogastunde aus dem Portemonnaie gezogen, ihn ein paarmal hin und her gewendet, und sich schließlich telefonisch zum Anfängerkurs angemeldet.
    Und als er die Stufen zum Studio hinaufgestiegen war, kam ihm Lilly entgegen. Verschwitzt und strahlend, in einer Gruppe laut schwatzender Yogaschüler mit zusammengerollten Matten und Trinkflaschen. Ted schaute auf und erkannte den Schauspieler. Lilly blieb stehen.
    «Was tust du denn hier, holst du mich ab?»
    «Ich hab mich zum Anfängerkurs angemeldet.»
    «Wir gehen in die Bar runter, kommst du mit?»
    «Mein Kurs beginnt doch gleich.»
    Lilly lächelte herausfordernd: «Jetzt, wo du mich gefunden hast, musst du doch nicht mehr in den Kurs gehen!»
    «Ich habe den Anfängerkurs auch nicht gemacht», mischte sich der

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