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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Schweiz.»
    «Okay.» Poppy stellte die Tasse ab. Es war zu früh, um ins Studio hinaufzugehen. Womöglich war die Eingangstür noch verschlossen, die Empfangstheke nicht besetzt. Sie lächelte unverbindlich, begann ihre Sachen zusammenzusuchen, die sie über den kleinen Tisch verstreut hatte, den Schlüssel zu ihrem Fahrradschloss, eine Packung Papiertaschentücher, eine Haarklammer, ihren Schal.
    «Musst du schon gehen?»
    «Ja, langsam.»
    «Du hast doch gesagt, du hast Zeit bis halb sieben!»
    Poppy verschränkte die Arme. Er langte über den Tisch und zog ihre Hände aus ihrem Versteck hervor. «Geh nicht. Ich bin ein Idiot. Ich sage lauter Dinge, die ich gar nicht sagen will. Ich bin nervös, verstehst du?»
    Poppy nickte. «Ich will nicht mit deiner Frau befreundet sein», sagte sie.
    «Ich weiß.»
    «Warum sagst du es dann?»
    Er drückte ihre Hände, die Haarspange biss mit scharfen Zähnen in ihren Daumenballen. «Weil ich dann sicher wäre.»
    «Sicher vor was?»
    «Sicher vor dir. Vor uns.»
    Poppy machte sich los. «Bist du aber nicht.»
     
Nevada
     
    «Und eins und zwei und drei und vier!» Aus dem Wohnzimmer drang peitschende Musik und die schrille Stimme ihrer Mutter. Nevada schlich den Flur entlang zur Küche. Die große Wohnung war mit neuen Wänden unterteilt worden und beherbergte jetzt ein Fitnessstudio nur für Frauen. Nevadas Mutter hatte eine eigene Mischung aus Aerobic, Selbstverteidigung und Tanz entwickelt. Immer mehr Frauen nahmen an ihren Gruppenstunden teil. Sierra war ausgezogen, als Nevada zehn Jahre alt war. Ihr Vater hatte den alten Cadillac in sein ehemaliges Arbeitszimmer geschoben. Soweit Nevada beurteilen konnte, lebte er da. Nevadas Vater hatte seine Stelle verloren, als er bei der Präsentation einer neuen Kampagne für Fertigwindeln seine Hose geöffnet und auf die ausgelegten Muster gepinkelt hatte. Danach war er, den Schwanz noch in der Hand, zusammengebrochen. Der eilends herbeigerufene Notarzt hatte festgestellt, dass er nur eingeschlafen war. Mit einem Alkoholgehalt von 3,1 Promille im Blut.
    Seither lag Beni Marthaler zu Hause in seinem Arbeitszimmer auf dem Rücksitz seines Cadillacs. Manchmal tauchte er auf, wenn es etwas zu essen gab, bis Martha die Einnahme fester Nahrung zugunsten wasserlöslicher Eiweißpulver aufgab. Zu der Zeit kamen die ersten Hauslieferdienste auf, und so bestellte er sich ab und zu eine Pizza oder ein dreistöckiges Sandwich und verschwand damit wieder in seinem Zimmer. Im vorderen Teil der Wohnung hatte Martha ihr Fitnesszentrum eingerichtet. Nevada verbrachte mehr und mehr Zeit in der Ballettschule, sie wollte Tänzerin werden. Allerdings hatte ihre Lehrerin gesagt, sie habe nicht die richtige Persönlichkeit für eine Ballerina. Sie könne sich nicht einordnen. Immer wieder ragte Nevadas Fußspitze aus der Reihe der anderen hinaus. Sie hob ihr Bein höher, sie drehte sich einmal mehr als alle anderen Mädchen.
    «Ich will nicht sehen, was du kannst», sagte Madame Fiona. «Ich will dich gar nicht sehen, ich will eine Reihe von Schneeflocken sehen, aus denen keine einzige herausragt. Wer nicht im Corps tanzen, wer sich nicht einordnen kann, kann auch keine Primaballerina werden.»
    Das leuchtete Nevada nicht ein. Sie wollte weg. Ihre Schwester Sierra war nach Paris gezogen. Sie hatte dort als Au-pair gearbeitet und bald einen gutaussehenden Franzosen kennengelernt, mit dem sie jetzt zusammenlebte. Das konnte Nevada auch. Sie schaute auf der Weltkarte nach. Sie wollte so weit weg, dass niemand wissen konnte, wer sie war und wo sie herkam und wer ihre Familie war. Sie wollte nach Amerika.
    Nevada organisierte alles allein. Sie verließ die Schule, fand eine Gastfamilie, besorgte sich ein Visum und ließ ihren Impfausweis übersetzen. Sie löste ihr Sparkonto auf und wechselte es in Dollar um. Ihrer Mutter wuchs das Fitnessparadies für Frauen bald über den Kopf. Sie bat Nevada, einige der Stunden zu übernehmen.
    Und dann stand sie da, eine knochige Fünfzehnjährige mit strengem Haarknoten. Sie stand vor einer Gruppe Frauen, die so alt waren wie ihre Mutter, manche noch älter, und die sie erwartungsvoll anschauten, als hätte sie die Antwort. Nevada schaltete den Kassettenrekorder ein, die Musik peitschte, sie rief: «Und eins und zwei und drei und vier!», eine genau einstudierte Choreographie, sie machte an derselben Stelle wie ihre Mutter dieselben Witze wie ihre Mutter, die ihr mit dickem schwarzen Filzstift alle Übungen,

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