Montana 04 - Vipernbrut
Radio an und stellte fest, dass es noch mehr Schnee geben würde. Der angekündigte Schneesturm bahnte sich gerade seinen Weg durch die Bitterroot Mountains.
Warum bloß hatte sie das Gefühl, dass das ein schlechtes Omen war?
»Das ist so lahm!«, beschwerte sich Jeremy, der im Wohnzimmer damit beschäftigt war, die Außenlichterketten zu entwirren, worüber er gar nicht glücklich war. Der Strang, den er sich vorgenommen hatte, reichte quer über die Couch und Fernsehsessel und schlängelte sich dann über den Teppich Richtung Fernseher, in dem gerade eine Sendung über ein anstehendes Basketballspiel lief.
»Was ist denn daran lahm?«, erkundigte sich Pescoli von der Küche aus, wo Cisco um ihre Füße herumtänzelte und darauf hoffte, dass etwas für ihn abfiel. Nicht dass ihr Jeremys Meckerei etwas ausmachte, sie war daran gewöhnt. Sie probierte die Soße für einen Spaghettiauflauf aus, ein Rezept, das Joelle ihr am Monatsanfang per E-Mail geschickt hatte. Pescoli war darauf gestoßen, als sie ihren Posteingang aufgeräumt hatte, und hatte es ausgedruckt, da es ganz danach klang, als wäre es etwas für alle Familienmitglieder.
Sogar Bianca, die zurzeit nur vegetarisch aß - wie immer, wenn sie im Fernsehen eine Sendung über mangelhafte Tierhaltung oder eine gesunde Ernährungsweise gesehen hatte -, würde Joelles Spaghettiauflauf schmecken. Pescoli war das egal, solange sie nur rechtzeitig Bescheid wusste, bevor sie einen Rindereintopf kochte oder ein Hähnchen grillte. Heute, so dachte sie, war sie auf der sicheren Seite.
»Warum müssen wir denn auch außen am Haus Lämpchen aufhängen?«, nörgelte Jeremy weiter. Er lümmelte auf dem Fußboden, seine Jeans rutschten ihm fast über den Hintern, und er hätte dringend eine Rasur und einen Haarschnitt gebraucht. Probehalber steckte er den Stecker in die Steckdose, und - Gott sei Dank! - sämtliche Lämpchen leuchteten auf und verteilten unheimliche kleine Lichtpunkte auf Möbeln und Teppich.
»Das macht man um diese Jahreszeit nun mal so. He, wir haben das Haus immer mit Lichterketten geschmückt. Komm schon, auch bei uns muss es ein paar Traditionen geben!« Sie schüttete die Soße über die Nudeln und den Käse, streute noch ein wenig Mozzarella darüber und schob die schwere Auflaufform in den vorgeheizten Ofen. Kochen war nicht wirklich ihr Ding, und sie musste zugeben, dass ihr die ganze Zeit über der Fall durch den Kopf ging. Es war ihr nicht gelungen, das Bild von der im Eis eingeschlossenen Frau abzuschütteln, und dann war da ja immer noch der »Jagdunfall«, der Len Bradshaw das Leben gekostet hatte, außerdem hatte sie nach wie vor keine Ahnung, was zum Teufel mit Alvarez los war, und sie wollte unbedingt herausfinden, welche Rolle Dylan O’Keefe und der wegen bewaffneten Raubüberfalls gesuchte Junge dabei spielten. Leider konnte auch sie nicht rund um die Uhr arbeiten, und ihre Kinder brauchten sie. Sie musste für eine gewisse Balance in ihrem Leben sorgen, sich Zeit für die Familie nehmen, egal, ob das ihren Kindern gefiel oder nicht.
Und was ist mit Nate Santana? Wo bleibt noch Raum für ihn? Er war schon so lange geduldig gewesen. Ein Heiliger mit einem verruchten Grinsen. Doch selbst er würde nicht ewig warten; sie würde eine Entscheidung treffen müssen.
»Vielleicht ist es Zeit für etwas Neues«, schlug Bianca vom Küchentisch aus vor, wo sie Weihnachtskarten unterschreiben sollte, die meiste Zeit jedoch mit ihrem Handy spielte und SMS verschickte.
»Meinst du neue Traditionen?«, fragte Pescoli, die den Gesprächsfaden verloren hatte, als sie die Soße probierte und über ihr kompliziertes Leben nachdachte.
»Hm, hm. Michelle wird ihren Baum dieses Jahr sogar in einer anderen Farbe schmücken.« Immer noch tippend, blickte Bianca auf. Bestürzt stellte Pescoli fest, wie sehr ihre Tochter Luke ähnelte. So war es nun mal: Beide Kinder kamen nach ihren Vätern, was an und für sich nicht schlimm war. Joe Strand war ein ganzer Kerl gewesen, Luke Pescoli dagegen - zur Hölle mit ihm! - ein Hollywood-Schönling mit einem schiefen Lächeln, das selbst das kälteste Herz einer Frau zum Schmelzen brachte. Was er dadurch unter Beweis gestellt hatte, dass er Regan Strand überreden konnte, ihn zu heiraten.
»Keine rosa Schneeflocken mehr?«, fragte Pescoli und bemühte sich, den Sarkasmus in ihrer Stimme zu verbergen. Sie konnte selbst nicht genau erklären, warum ihr Lukes der-zeitige Ehefrau so sehr auf die Nerven ging. Ja,
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