Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
dann zog sie sie hinter sich zu.
Dylan hätte schwören können, dass er ohne sie an seiner Seite kein Auge zumachen würde.
Er sollte sich irren.
Er schlief wie ein Stein, und als er aufwachte, war das Schlafzimmer in hellen Sonnenschein getaucht. Kristys Seite des Betts war unberührt, und der Geruch von gebratenem Frühstücksspeck stieg ihm in die Nase.
Er sprang aus dem Bett, zog seine Jeans und ein Hemd an und eilte nach unten in die Küche.
Bonnie saß fröhlich schaukelnd in einem altmodischen Hochstuhl aus glänzendem Holz mit dem Abziehbild einer rosa Ente auf der Rückenlehne. Kristy stand am Herd und wachte über ein Omelett, wobei sie genauso aussah wie die Frau eines Ranchers, der es ein Vergnügen war, für ihren Mann zu kochen.
Die Szene ließ Dylan in der Tür stehend verharren und raubte ihm den Atem.
“Da bist du ja”, sagte Kristy und lächelte ihn an. Sie bemerkte seinen Blick auf den Hochstuhl und fügte hinzu: “In dem habe ich gesessen, als ich klein war. Den habe ich gestern Abend im Keller entdeckt. Sieht aus wie neu, nicht wahr?”
Dylan nickte stumm und ging zu Kristy, um sie auf die Stirn zu küssen. Insgeheim betete er dafür, dass es so blieb. Angesichts der Tatsache, dass er normalerweise nicht zum Beten neigte, erschrak er darüber, wie sehr er sich wünschte, jeder Morgen würde so sein wie dieser.
Er sah auf die Küchenuhr, die aussah wie eine grüne Teekanne. Halb neun.
“Müsstest du nicht auf dem Weg zur Bibliothek sein?”, fragte er.
“Ich habe mir heute frei genommen”, erwiderte sie. “Na ja, eigentlich nur einen halben Tag. Susan öffnet die Bibliothek, ich gehe nach der Mittagspause hin. Heute ist wieder Vorlesestunde.”
“Oh”, machte er. Mit Blick darauf, von welch unerklärlichen Gefühlen er heimgesucht wurde, kam es einem Wunder gleich, dass er überhaupt ganz banale Dinge von sich geben konnte.
“Setz dich, Dylan”, forderte sie ihn auf und lächelte dabei geduldig, doch ihr Blick wirkte immer noch so, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie traurig oder hoffnungsvoll sein sollte.
Er nahm neben Bonnie Platz, dann kam Sam zu ihm geschlendert und legte seine Schnauze auf Dylans Oberschenkel, als fühle der Hund mit seiner Misere mit. Sofern man überhaupt von einer
Misere
reden konnte.
“Was hältst du davon, wenn wir auf dem Weg das Aufgebot bestellen?”, fragte er und hielt gebannt den Atem an, während sie ihm einen Kaffee einschenkte, ihm die Tasse hinstellte und ihn auf den Kopf küsste.
Die Geste war einerseits erregend, andererseits weckte sie bei ihm ähnliche Gefühle wie am Abend zuvor, als sie für Bonnie ein Schlaflied gesungen hatte.
“Ich würde sagen, ich bin dafür bereit”, antwortete sie.
Die Erleichterung war so überwältigend, dass Dylan sekundenlang die Augen zukneifen musste. Aber immerhin hatte Kristy auch den ganzen Abend Zeit gehabt, um darüber nachzudenken. Es spielte sich einiges ab in ihrem Leben, und sie hätte ebenso gut zu dem Schluss kommen können, dass eine Heirat doch nicht das Richtige war.
“Wo hast du letzte Nacht geschlafen?”, fragte er, als sie ihm das Omelett servierte. Ganz sicher hatte sie nicht neben ihm im Bett gelegen.
“Bei Bonnie”, antwortete sie. “Allerdings war ich auch sehr lange auf.”
Er wagte ein Grinsen. “Und ich dachte schon, du hättest tatsächlich im Skivvie’s oben ohne getanzt.”
Sie lachte, legte den Kopf schräg und betrachtete Bonnie. “Keine Chance.”
Dylan seufzte. Die Realität begann diesen traumhaften Morgen zu durchdringen und ihm etwas von seinem Glanz zu nehmen. Sharlene erwartete das Geld und saß vermutlich schon in einer Filiale von Western Union, während sie ihn verfluchte. Es konnte passieren, dass sie das Geld für irgendetwas zum Fenster hinauswarf und das Wiedersehen mit ihrer Tochter auf einen anderen Termin verschob, aber genauso gut war es möglich, dass sie tatsächlich die nächste Maschine von Texas nach Montana nahm.
“Dylan?” Kristy war stehen geblieben und wurde von den Sonnenstrahlen eingerahmt, die durch das Küchenfenster fielen.
Er wartete, bis sie weiterredete.
“Für die Sache mit Sharlene habe ich Verständnis. Ich weiß, du musst mit ihr irgendwie zurechtkommen, trotzdem bitte ich dich, mir die Wahrheit zu sagen, was sie angeht.”
Dylans Augen brannten. Vielleicht lag es an der goldenen Aura, die ihre Gestalt umgab, vielleicht aber auch daran, dass sie
tatsächlich
Verständnis hatte.
“Komm her”,
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