Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
aufzusammeln.
Kristy saß mit Dylan in der Küche, Winston hatte sich auf ihrem Schoß zusammengerollt. Nachdem die akute Bedrohung nun vorbei war, konnte sie sich jetzt in aller Ruhe ausmalen, was ihr hätte zustoßen können. Dylan hatte Logan angerufen, während sie in der Klinik untersucht wurde, und er erklärte sich sofort bereit, Floyd vor Gericht zu verteidigen, sollte es zu einem Verfahren kommen.
Derzeit konnte niemand mit Sicherheit sagen, was geschehen würde.
“Ich glaube, in diesem Zimmer kann ich nicht mehr schlafen”, gestand Kristy.
“Ich werde bei dir sein, wenn du dort schläfst”, entgegnete Dylan.
Sie lachte traurig auf. “Du meinst, das läuft nach dem Prinzip, sich gleich wieder auf ein Pferd zu setzen, wenn man einmal abgeworfen wurde?”
“Das gleiche Prinzip”, bestätigte Dylan mit dem schwachen Anflug eines Grinsens. “Es wird nicht so lange dauern, bis das neue Haus fertig ist, und bis dahin kriegen wir das irgendwie geregelt.”
Plötzlich schnappte Kristy erschrocken nach Luft. “Mein Gott, ich habe die Bibliothek völlig vergessen!”
Dylan lächelte sie an. “Die Leute werden damit schon klarkommen”, beruhigte er sie. “Wenn die Polizei oben fertig ist, fahren wir zur Ranch und holen Bonnie ab. Oder ich rufe Briana an und bitte sie, die Kleine herzubringen.”
Von Kristy kam nur ein gedankenverlorenes Nicken. Einmal hatte sie die Bibliothek bisher nicht öffnen können, weil sie sich eine schlimme Grippe eingefangen hatte. Ein anderes Mal war sie in der Nacht von solchen Krämpfen heimgesucht worden, dass sie eine Blinddarmentzündung befürchtete. Aber
vergessen
hatte sie die Bibliothek noch nie zuvor.
Andererseits war sie auch noch nie mit einer Schusswaffe bedroht worden, und das von der Frau, die früher ihr Babysitter gewesen war.
Babysitter.
Gravesitter.
Kristys vom Schock immer noch benommener Verstand stellte diese Verbindung her. War
Freida
der rätselhafte Gravesitter? Hatte
sie
diese Nachrichten gesendet?
Sie würde es vielleicht niemals erfahren, und das zu akzeptieren, fiel ihr ungeheuer schwer.
“Was ist?”, fragte Dylan, der auf ihre nachdenkliche Miene aufmerksam geworden war.
Sie legte ihm ihre Theorie dar, aber er nahm sie nur zur Kenntnis, ohne ihr zuzustimmen oder zu widersprechen.
Als sein Handy klingelte, schreckte Kristy hoch. Er sah auf das Display, dann meldete er sich: “Was gibt’s, Logan?”
Kristy atmete erleichtert aus. Wenigstens war es nicht Sharlene, die damit drohte, ihm Bonnie wegnehmen zu wollen.
“Okay”, sagte Dylan. “Ja … alles klar, danke.”
Sie beugte sich vor und wartete darauf, dass er das Telefon zuklappte und ihr verriet, was geschehen war. Als er das tat, kam es ihr so vor, als würde sich alles um sie herum drehen.
“Freida Turlow ist auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben”, ließ er sie wissen.
Tränen traten ihr in die Augen. Ganz gleich, was in den letzten Stunden und Tagen geschehen war,
das
hätte nicht passieren sollen.
“Oh mein Gott”, flüsterte sie und musste schlucken, da ihr die Galle hochkam. “Und Floyd?”
“Es wird natürlich eine Untersuchung geben”, sagte er. “Laut Logan ist das reine Routine, sobald ein Polizist auf jemanden geschossen hat.”
Kristy sank in sich zusammen, schlang die Arme um sich und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. Dylan rieb ihr tröstend über den Rücken.
“Es ist unbestritten, dass Floyd sie erschossen hat, um dein Leben zu retten”, betonte er. “Er wird dafür nicht hinter Gitter gebracht, aber er wird eine Menge Fragen beantworten müssen.”
Sie setzte sich wieder gerade hin. “Er hat meinem Vater geholfen, den Leichnam verschwinden zu lassen, und dann hat er all die Jahre dazu geschwiegen. Wird er sich damit keinen Ärger einhandeln?”
Dylan überlegte einen Moment lang. “Vermutlich schon. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass man ihn dafür ins Gefängnis steckt. Logan sieht das genauso.”
“Und was wird man dann mit ihm machen?”
“Ich weiß nicht”, antwortete Dylan. “Logan wird sicher etwas Licht in die Angelegenheit bringen, sobald er hier ist.”
Dass die State Police Floyd Book verhören würde, war für Kristy völlig unbegreiflich.
Floyd war ein Pfadfinderführer, er war Mitglied im Rotary Club und Lions Club. Er erteilte Unterricht an der Sonntagsschule, und er war ein fürsorglicher Ehemann, zumindest seit Dorothys Unfall.
Was sollte aus Dorothy werden, wenn Floyd vor Gericht gestellt
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