Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
alleinerziehende Mutter noch viel schwerer, über die Runden zu kommen, außerdem steckten deine Eltern bis über beide Ohren in Schulden, wie du selbst weißt. Ich kam sofort zur Ranch und versuchte, Tim zu beruhigen, aber er wollte nicht auf mich hören. Er flehte mich an, ich solle ihm helfen, die Leiche verschwinden zu lassen, und das tat ich dann auch. Du musst das verstehen, Kristy. Wir waren beide in der Armee, und drüben in Vietnam haben wir uns damals gegenseitig ein Dutzend Mal das Leben gerettet. Ich hätte deinen Vater nicht im Stich lassen können, und außerdem hätte ich diesen Mistkerl auch erschossen, wenn ich ihn im Zimmer meiner Tochter erwischt hätte.”
Aus einiger Entfernung hörte sie eine Sirene. Sie setzte sich auf die Bettkante, da ihre Knie nachgeben wollten. “Er wäre doch nicht verurteilt worden, oder?”
“Wahrscheinlich nicht”, gab Floyd seufzend zu. “Aber verstehst du nicht, Kristy? Er und Louise hielten sich so schon nur mit Mühe über Wasser. Ein langwieriges Gerichtsverfahren mit allen damit verbundenen Kosten hätte ihm das Genick gebrochen.”
Kristy biss sich auf die Unterlippe, während sie alles in sich aufnahm. “Du wirst mich nicht umbringen?”
“Warum sollte ich das denn tun?”
“Damit ich nichts verraten kann.”
Er schüttelte amüsiert den Kopf. “Du liest zu viele Thriller, Kleine. Wechsle mal das Genre.”
“Dann … dann hast du mir wohl das Leben gerettet.”
“Dir entgeht wirklich nichts”, sagte Floyd. Das war der Floyd Book, wie sie ihn in Erinnerung hatte, den Mann, der so oft mit ihren Eltern am Küchentisch gesessen, Apfelpastete gegessen und mit Dad so lange über Vietnam geredet hatte, bis ihre Mutter darauf bestand, dass sie das Thema wechselten.
“Woher wusstest du, dass ich in Gefahr war?”
“Ich sagte doch schon, ich komme auf meiner Streife hier vorbei. Diese Stadt ist so klein, dass ich während einer Schicht an jedem Haus ein halbes Dutzend Mal vorbeifahre. Ich war gut einen Block entfernt, da kam die alte Mrs. Beckings zwischen den Büschen vor ihrem Haus hervor und winkte mich zu sich. Sie sagte, sie habe eben einen Einbrecher beobachtet, der sich durch die Kellertür in dein Haus geschlichen hatte. Das alte Vorhängeschloss ist so verrostet, dass Freida es wohl einfach aufdrücken konnte. Ich kam auf dem gleichen Weg ins Haus und dachte, du seist schon zur Arbeit gefahren, bis ich auf einmal einen Schrei von hier oben hörte …”
“Das war ich”, bestätigte Kristy. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie daran dachte, wie sie neben der Gestalt mit Skimaske in ihrem Bett aufgewacht war. Sie sah zu Freida, die reglos auf dem Boden lag. “Hast du gehört, was sie gesagt hat, Floyd?”
“Dass ich ein fetter alter Kerl bin, der sich nicht von seiner Frau scheiden lassen wollte?”, meinte er mit einem mürrischen Grinsen. “Damit hat sie sogar recht.”
“Nicht das”, widersprach Kristy. “Sie erzählte mir, dass sie Ellie Clarkston umgebracht hat. Wegen Mike Danvers.”
“Ja, das habe ich mitbekommen.”
Die Sirene gellte noch einmal auf, dann verstummte sie, und Augenblicke später hämmerte jemand gegen die Tür.
Die Sanitäter waren da!
“Ich muss die Leute ins Haus lassen”, sagte Kristy und zwang sich, aufzustehen.
“Ich kümmere mich darum”, bot sich Floyd an. “Bleib du hier bei Freida.”
Aber sie schüttelte energisch den Kopf. Mit Freida Turlow allein zu sein, war für sie eine unerträgliche Vorstellung, auch wenn die mehr oder weniger bewusstlos am Boden lag.
Dylan kam soeben mit seinem Truck in die Auffahrt geschossen, als Kristy den Sanitätern und Floyds beiden Deputys die Tür aufschloss. Er ließ den Wagen mit laufendem Motor stehen und sprang heraus, machte einen Satz über den Gartenzaun und rannte zu ihr.
Kristy wartete an der unteren Verandastufe auf ihn.
Einer der Rettungssanitäter erkundigte sich nach ihrem Zustand, und nachdem Kristy einen Blick auf ihre blutige Bluse geworfen hatte, erwiderte sie, es gehe ihr gut.
Dylan war das Blut ebenfalls nicht entgangen. Er fasste sie an den Schultern und sah ihr in die Augen. “Als ich den Rettungswagen sah … da dachte ich …”
Sie ließ sich auf die Stufe sinken, Dylan setzte sich zu ihr und legte einen Arm um ihre Schultern, gerade als sie zu zittern begann.
Dann berichtete sie ihm fast ohne Luft zu holen, was sich zugetragen hatte. Wären nicht plötzlich Schritte auf der Treppe im Haus zu hören gewesen,
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