Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
damit zu tun, die Beine von Rinder anzuwinkeln, um die Hufe zu behandeln, und große Hunde auf seinen Behandlungstisch zu hieven. “Wenn ich morgen nach dem Pferd gesehen habe, werde ich auch noch einmal einen Blick auf Sam werfen.”
Ehe Dylan sich versah, war Sam in den Truck gesprungen und hatte sich auf den Beifahrersitz gesetzt.
“Sobald die Medikamente wirken”, erklärte Doc bei der Verabschiedung, “und wenn er ein paar vernünftige Mahlzeiten bekommen hat, wird er sich schnell erholen.”
Zufrieden nickte Dylan, stieg ein und fuhr ab.
“Ich habe eine kleine Tochter”, sagte er zu dem Hund, “und du wirst nett zu ihr sein. Du wirst sie auf keinen Fall beißen, damit das klar ist.”
Sam spitzte die Ohren und legte den Kopf schräg. Seine Augen leuchteten vor Hoffnung.
Sie fuhren zu Cassie, um Bonnie abzuholen. Bonnie war von Sam auf der Stelle begeistert, und als sie spielerisch an einem Ohr zog, leckte er ihr das Gesicht ab. Auf dem Heimweg legten sie schließlich noch einen Zwischenstopp ein; Dylan wollte sich davon überzeugen, dass sich das Pferd eingewöhnt hatte.
Zu seiner Überraschung hielt sich der Wallach im Gang vor der Box auf. Die Tür stand offen.
“Bist du eine Art Houdini, oder was?”, fragte Dylan. “Oder ein Ausbrecherkönig?”
Er brachte den Wallach zurück in die Box, überprüfte, ob er genug Futter und Wasser hatte, dann schob er den Riegel vor. Doch bevor er am Stalltor angelangt war, hatte sich das Pferd schon wieder befreit und folgte ihm nach draußen. Sie wiederholten die Prozedur, und dabei konnte Dylan zusehen, wie das Tier den Riegel öffnete.
“Verdammt”, murmelte Dylan anerkennend. Er hatte schon zuvor Pferde gesehen, die es schafften, aus ihrer Box zu kommen, aber dieser Schlingel besaß offenbar ein besonderes Talent dafür. Vermutlich würde er bei einem Vorhängeschloss auch noch die richtige Zahlenkombination herausfinden.
Um zu sehen, wie das Pferd reagieren würde, stieg er in seinen Truck ein und fuhr ein paar Meter in Richtung Ausfahrt, während Bonnie “Pferd! Pferd!” krähte.
Das Tier folgte ihnen.
Resigniert fuhr Dylan im Schritttempo nach Hause, und Bingo trabte weiter dem Wagen hinterher.
Um sechs Uhr an diesem Abend fuhr Kristy mit ihrem Wagen auf Dylans Hof. Sie hatte Make-up aufgelegt, trug eine weiße Rüschenbluse und ihre beste schwarze Jeans. Der Anblick des Palomino-Wallachs, der in der Nähe der Wäscheleine graste, ließ ihren Herzschlag stocken.
Nein, das war natürlich
nicht
Sugarfoot. Aber er hätte es sein können. Körperbau und Färbung waren fast identisch.
“Er ist uns nach Hause gefolgt”, erklärte Dylan, der auf die hintere Veranda gekommen war. Mit unverhohlener Bewunderung ließ er seinen Blick über Kristys Erscheinungsbild wandern.
Behutsam näherte sich Kristy dem Pferd, das auf sie die gleiche anziehende Wirkung hatte wie zuvor Bonnie. “Wenn man sich die Narben wegdenkt, dann sieht er aus wie …”
“… Sugarfoot”, führte Dylan den Satz für sie zu Ende.
Das goldene Fell des Tiers war noch immer ein wenig feucht, offenbar war es erst vor Kurzem gewaschen und gestriegelt worden. Kristy atmete den Pferdegeruch ein und wurde von lange unterdrückten Gefühlen überrannt, die ihr die Kehle zuschnürten.
“Eigentlich wollte ich ihn in Logans Stall unterbringen, bis mein eigener fertig ist”, fuhr Dylan fort und gesellte sich zu ihr. Bonnie kam hinter ihm her, begleitet von einem sehr mageren Hund. “Aber er wollte einfach nicht dort bleiben.”
“Woher hast du ihn?”
“Er gehörte Gunnar Wilkenson”, sagte Dylan.
Kristy war sofort auf Hundertachtzig. “Gunnar darf doch gar keine …”
“Bingo ist jetzt in Sicherheit”, beruhigte er sie. “Meinst du, wir sollten ihm einen richtigen Neuanfang bereiten? Neues Leben, neuer Name?”
Ihr entging nicht, dass er
wir
gesagt hatte. Sie machte einen Schritt weg von dem Pferd, als fürchtete sie, es könnte ihr bereits zu viel bedeuten. Aber dafür war es womöglich schon zu spät.
Dylan bedeutete ihr so viel, und Bonnie ebenfalls.
Und jetzt stand dieses Pferd vor ihr, diese traurige, misshandelte Ausgabe von Sugarfoot, sein lebender Geist, der zurückgekehrt war, um sie zu verfolgen.
“Ist schon okay, Kristy”, sagte Dylan heiser.
“Po-Schichte!”, schrie Bonnie plötzlich vergnügt und sorgte dafür, dass die Anspannung ein wenig nachließ.
“Hast du ihr schon das Buch vorgelesen?”, fragte Kristy.
“Nein. Aus philosophischen
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