Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
ersten Blick gar nicht wahrnahm.
Gunnar, ein kleiner, stämmiger Mann mit rotem Gesicht, das auf jahrelangen billigen Fusel und ebenso langen Zorn auf alles und jeden zurückzuführen war, kam Dylan entgegengehumpelt und hielt in einer Hand die unvermeidliche Schrotflinte. Sie schien regelrecht mit ihm verwachsen zu sein, und sie war genauso schmierig und schmutzig wie ihr Eigentümer.
Jeder Mensch hat irgendeinen Traum, und Dylan hätte seinen Pokergewinn darauf verwettet, dass der alte Mann nichts lieber wollte, als einen Menschen zu erschießen, ohne dafür belangt zu werden.
“Bist du gekommen, um meine Birnen zu stehlen?”, krächzte Gunnar mit einer Stimme, die an das Knarren einer seit Langem nicht mehr geölten Tür erinnerte.
“Nein”, erwiderte er ruhig. “Ich bin gekommen, um ein Pferd zu kaufen.”
“Ich habe kein Pferd”, sagte Gunnar. “Jedenfalls nicht mehr. Den alten Bingo verkaufe ich schon dem Jungen von diesem Filmstar.”
“Der ist nicht mehr interessiert”, erklärte Dylan. “Und hör endlich auf, mit dieser verdammten Knarre herumzufuchteln, sonst kommt noch jemand zu Schaden.”
“Er hat mir gesagt, er gibt mir fünfhundert bar, wenn er den Gaul vorher reiten darf!”, protestierte Gunnar, der noch immer mit beiden verdreckten Händen die Waffe festhielt. Von dem Mann ging ein Gestank aus, der Dylan Tränen in die Augen trieb. “Ich hab Anspruch auf dieses Geld!”
Dylan zog seine Brieftasche heraus und zählte tausend Dollar in Hundertern ab.
Gunnar verzog interessiert den schrumpeligen Mund und begann beim Anblick der Scheine fast zu sabbern.
“Ich brauche eine Quittung”, erklärte Dylan und hielt die Scheine so, dass sein Gegenüber sie nicht zu fassen bekam. Als Junge hatte er Gunnar einmal einen Hund aus dem gleichen Grund abkaufen wollen wie jetzt das Pferd. Aber der Hund streunte irgendwo auf dem Grundstück herum, als der Handel stattfand. Dylan übergab dem verlogenen Mistkerl zwanzig Dollar und kündigte an, später wiederzukommen, um das Tier zu holen. Als Logan ihn ein paar Stunden später zu Gunnar fuhr, schaufelte der gerade ein Grab zu. Er hatte den “dämlichen Köter” erschossen. Angeblich war er von ihm angefallen worden.
Die Erinnerung daran ließ Dylan auch nach so langer Zeit immer noch die Galle hochkommen. Natürlich hatte Gunnar ihm die zwanzig Dollar nicht zurückgegeben, und als er später Jake davon erzählte, lachte der nur und sagte, es sei seine eigene Schuld, sich auf eine solche Abmachung einzulassen.
Lass dir das eine Lehre sein, Junge. Außerdem können wir hier sowieso keinen Hund gebrauchen.
“Ich hole nur was zu schreiben”, grummelte Gunnar und humpelte auf eine ganz sonderbare Weise in Richtung seiner windschiefen Hütte. “Wenn du auf so ‘nem Scheiß bestehst.”
Dylan lächelte innerlich. Wäre der alte Wilkenson damals nicht so verlogen gewesen, hätte er sich jetzt die Mühe sparen können.
Gunnar kehrte überraschend schnell zu ihm zurück und drückte Dylan eine hastig hingekritzelte Quittung in die Hand. “Wie und wo du den Gaul auftreibst, ist aber deine Sache”, knurrte er.
Dylan hielt das Geld zurück, bis er sich von der Richtigkeit der Quittung überzeugt hatte. “Hast du noch andere vierbeinige Gesellschaft, Gunnar?”, fragte er offenbar beiläufig.
“Nur einen nutzlosen Hund”, antwortete Gunnar. “Ich hab versucht, ihn zu verjagen, aber er bleibt stur hier. Und meinen Müll durchwühlt er auch noch.”
Dylan überlegte, welchen Unterschied es zwischen Gunnars Müll und dem Rest gab, von dem das Grundstück übersät war. Wie auf ein Stichwort hin kam der angeblich nutzlose Hund unter einem der Schrottautos hervorgekrochen. Er sah so ausgemergelt aus wie das Pferd, das braune Fell war von Nesseln überzogen, und seine Augen schienen Dylan flehend anzusehen.
Ach, was soll’s, schoss es Dylan durch den Kopf. Er legte noch zwei Hunderter drauf und kaufte dem alten Grantler den Hund ebenfalls ab. Also musste Gunnar die Prozedur mit der Quittung wiederholen.
Als das Geld den Besitzer gewechselt hatte, hob Dylan den Hund auf den Rücksitz seines Trucks und bemerkte dabei, wie das Tier leise winselte. Wahrscheinlich hatte Gunnar ihn getreten, weil er ihm zu nahe gekommen war.
Er rief den Tierarzt an. Doc Ryder sollte sich das Pferd ansehen und auch den Hund untersuchen. Den Hund wollte der Doc sofort sehen; auf das Pferd würde er am nächsten Morgen einen Blick werfen.
Hal Ryder war ein netter
Weitere Kostenlose Bücher