Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Leichen wurden schon an einen falschen Ort gebracht oder sie haben gefehlt, aber eine zusätzliche Leiche im Leichenschauhaus zu finden, ist ungewöhnlich.«
»Warum wurdest du angerufen? Warum hat sich das Polizeirevier vor Ort nicht darum gekümmert?«
»Wegen des Mordes an seiner Schwägerin gestern Morgen hat man meinen Captain gleich informiert. Er hat praktisch eine Standleitung zum Krankenhaus. Deswegen hat er mich sofort angerufen und verlangt, dass ich hingehe. Das Problem ist, dass wir in seinem Fall noch nichts in der Hand haben, deswegen setzt er jetzt mir die Daumenschrauben an. Außerdem gibt es ein paar Parallelen. Bei der neuen Leiche scheint es zwei Einschusslöcher zu geben, wie bei seiner Schwägerin.«
»Und sie konnte nicht identifiziert werden?«
»Nein. Und im Krankenhaus wird niemand vermisst, weder von den Patienten noch vom Personal.«
»Und was ist mit dem Kopf und den Händen?«
»Verschwunden. Sind nirgends zu finden.«
»Dann glaubt also dein Captain, diese neue Leiche hängt irgendwie mit dem Fall seiner Schwägerin zusammen?«
»Er hat nicht so viele Worte benutzt, aber das hat er offenbar gemeint. Es ist komisch. Die Leiche war blitzblank sauber, als der Typ sie hinten im alten Kühlraum gefunden hat. Kein Blut, nichts, als wäre sie gerade aus der Dusche gestiegen. Die Sache ist unheimlich, wenn du mich fragst, und ich habe in meiner Laufbahn schon eine Menge seltsamer Dinge gesehen.«
»Wie wurden Kopf und Hände abgetrennt?«
»Was meinst du?«
»Sauber abgetrennt oder abgehackt?«
»Sauber abgetrennt. Sehr sauber.«
»Wie es vielleicht ein Arzt tun könnte?«
»Ich denke, ja. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, aber ja, es könnte sein.«
»Hört sich nach einem interessanten Fall an.«
»Würdest du den Fall gleich übernehmen? Der Captain hat gesagt, er will von mir so schnell wie möglich was hören.«
»Ich übernehme den Fall gern, aber erst, wenn ich mit den beiden Jungs hier fertig bin.«
Lou schielte an Laurie vorbei auf die beiden Tische. »Um was geht’s hier?«
»Zwei Jungs, die von der U-Bahn überfahren wurden.«
Lou verzog das Gesicht. »Ist das der Grund, warum die Journalisten oben in der Eingangshalle rumlungern?«
»Ja, leider. Schon die Tatsache, dass jemand vom Zug überfahren wird, reicht ihnen, aber was den Fall für die Boulevardpresse noch interessanter macht, ist die Frage, ob es doppelter Selbstmord oder doppelter Mord war.«
»Ja«, meldete sich Marvin zu Wort. »Ich wollte gerade die Antwort hören, als Sie reingekommen sind.«
»Ehrlich?« Lou überwand seinen Ekel und kam näher. »Diese Jungs sehen aus, als hätte man sie durch den Fleischwolf gedreht. Also, war es Mord oder Selbstmord?«
»Weder noch«, antwortete Laurie. »Es war ein Unfall.«
Überrascht blickten Lou und Marvin auf.
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, fragte Lou.
»Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass ich den Beweis finde, dass die Jungs bereits tot waren, als sie vom Zug überrollt wurden. Sieh dir die leichten Verbrennungen an den Fußsohlen an.« Laurie hob von jedem Jungen einen Fuß an und deutete auf die dunklen, versengten Bereiche.
»Und was ist das?«, wollte Lou wissen.
»Verbrennungen«, antwortete Laurie und zeigte auch auf die Penisse der Jungs. »Wie hier auf den glandes.«
»Was, zum Teufel, sind Glandes?«
»Die Mehrzahl von glans, die lateinische Bezeichnung für die Eichel.«
»Autsch!« Lou verzog sein Gesicht.
»Ich glaube, diese beiden Jungs haben den tödlichen Fehler begangen, nebeneinander auf die dritte Schiene zu pinkeln, während sie entweder auf der Stahlkante des Bahnsteigs oder auf den Gleisen selbst standen. Der Strom ist den Urinstrahl hochgewandert und hat ihnen gleichzeitig einen Stromschlag verpasst.«
»Gütiger Gott!« Lou richtete sich auf. »Erinnere mich daran, dass ich das nie mache.«
Lou blieb, bis der Rest der Obduktion erledigt war. Wie Laurie vermutet hatte, waren die heftigen Verletzungen eingetreten, nachdem die Jungs bereits am Stromschlag gestorben waren. Während der Arbeit erzählte Laurie vom ersten Fall, den sie am Morgen erledigt hatte, und dass ihre Serie im Manhattan General mittlerweile auf acht angestiegen war.
»Mein Gott«, stöhnte Lou. »Jack hat mir gestern erzählt, dass du sieben hättest und er langsam auch an deine Idee eines Serienmörders glaubt, aber sich dein Chef noch dagegen sträubt. Wie wird Calvin jetzt reagieren? Wird das Institut offiziell Stellung
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