Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
dazu nehmen?«
»Von dem Fall von heute Morgen weiß Calvin noch nichts«, antwortete Laurie. »Ich weiß nicht, wie er reagieren wird, aber ich bin nicht optimistisch. Ich fürchte, dass es einige Mühe kosten wird, ihn zu überzeugen, weil die Toxikologie nichts erbracht hat. Wenn es ums Manhattan General geht, hat er Scheuklappen auf. Er sieht das Krankenhaus immer noch als die altehrwürdige akademische Einrichtung, an der er studiert hat, und tut alles, damit ihr Ruf nicht beschädigt wird.«
»Wenn dort immer mehr gesunde Menschen sterben, wird der Ruf ganz schnell im Eimer sein. Aber gib mir Bescheid, wenn er sich auf deine Seite schlägt. Wie ich schon Jack gesagt habe, bei allem, was sonst noch so im Moment passiert, sind mir die Hände gebunden, zumindest offiziell. Mir steht bei diesem Chapman-Fall sowieso schon das Wasser bis zum Hals. Wenn ich nicht bald einen Verdächtigen bringe, darf ich demnächst Schnürsenkel verkaufen gehen.«
»Eigentlich arbeite ich gerade mit Dr. Roger Rousseau an einer Liste mit Verdächtigen. Er hat mir letzte Nacht eine Nachricht hinterlassen, dass er gute Fortschritte gemacht hat.«
»Das höre ich ja gar nicht gern, dass du mit diesem Typen ›zusammenarbeitest‹. Aber wenn ihr beide ein paar Namen liefert, kann ich was unternehmen, wenn auch nur inoffiziell.«
»Ich glaube, wir haben schon einen«, verkündete Laurie. Sie war gerade fertig, den letzten der beiden Jungen zuzunähen, und reichte Marvin die Instrumente. »Dann werden wir uns mal den großen Unbekannten vornehmen, bevor wir uns an den Touristen machen.« Der Tourist war der vierte Fall, den sie geplant hatte zu obduzieren, ein Collegestudent, der scheinbar an einer Alkoholvergiftung gestorben war. Der Alkoholspiegel in seinem Blut war jedenfalls jenseits von gut und böse gewesen, nachdem er früh am Morgen von einem Jogger im Central Park gefunden worden war. Während Marvin hinausging, um Sal mit den Leichen der beiden Jungen zu helfen, erklärte Laurie ihre Theorie, dass der mögliche Mörder vielleicht vom St. Francis ans Manhattan General gewechselt hatte und dass Roger genau diese Mitarbeiter heraussuchte. Vielleicht hatte er schon mit einigen von ihnen geredet, zum Beispiel auch mit dem Anästhesisten Dr. Najah.
»Moment mal!« Lou hielt seine Hand nach oben. »Willst du damit sagen, dass dein Freund vorhat, sich auf eigene Faust an diesen Dr. Najah und die anderen Verdächtigen ranzumachen?«
»Ich glaube, ja«, antwortete Laurie. Lous negative Reaktion traf sie völlig unerwartet.
»Das ist ja der komplette Wahnsinn«, schimpfte er. »Du weißt, was ich von solchen Amateurdetektivspielchen halte. Es ist eine Sache, Namen herauszufinden, aber es ist was anderes, wenn es darum geht, tatsächlich auf jemanden zuzugehen.«
»Warum? Man muss doch die Liste einschränken, um herauszufinden, wer wirklich verdächtig ist. Ansonsten bleibt alles reine Theorie.«
»Jesses, Laurie! Wie redest du bloß! Nehmen wir mal nur eine Sekunde an, es gibt wirklich einen Mörder hinter deiner so genannten Serie. Wenn er total durchgeknallt ist, könnte er äußerst gefährlich sein. Die leichteste Provokation könnte ihn zur schlimmsten Reaktion verleiten.«
Marvin und Sal kamen in den Obduktionssaal zurück. Während sie die Leichen der beiden Jungen auf die Rolltragen hoben, standen Laurie und Lou schweigend und unsicher wegen Lous plötzlichem Anfall daneben. Als die Tür hinter Marvin und Sal ins Schloss fiel, räusperte sich Lou.
»Es tut mir Leid«, entschuldigte er sich. »Ich wollte nicht so streng wirken. Es ist nur so, dass ich eine Heidenangst um diese Amateurschnüffler kriege. Ich will einfach nicht, dass du dein Leben riskierst wie damals bei der Kokaingeschichte mit Paul Cerino. Der Umgang mit Psychopathen ist nichts für Anfänger.«
»Ich glaube, ich habe verstanden«, erwiderte Laurie.
»Aber jetzt mal ein angenehmeres Thema«, begann Lou. »Ich sterbe vor Neugier, wie gestern Abend dein Essen mit Jack war. Wie ist es gelaufen? Werdet ihr zwei das Kriegsbeil begraben?«
Laurie antwortete nicht gleich, und dann auch nur, um zu sagen, dass das Gericht sich noch zur Beratung zurückgezogen habe. Lou wollte sich damit eigentlich nicht zufrieden geben, aber sein Gefühl riet ihm, es dabei bewenden zu lassen.
Marvin und Sal kamen mit einer Rolltrage zurück. Nachdem Marvin ein Röntgenbild auf den Nachbartisch gelegt hatte, hoben er und Sal die kopf- und handlose männliche Leiche
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