Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Gespräch von gestern Abend noch einmal aufgreifen?«
Laurie sah Jack an. Während sie geredet hatten, hatte sie bemerkt, dass sein sardonisches Grinsen zurückgekehrt war, was angesichts des Themawechsels kein gutes Zeichen war. In Laurie braute sich eine Kombination aus Frustration und Ärger zusammen. Bei all dem, was sie beschäftigte, angefangen beim Schuldgefühl über Rogers Tod bis zu ihren Schmerzen im Bauch und der Blutung, hatte sie kein Interesse an weiteren Enttäuschungen.
»Was ist los?«, fragte Jack. Er missdeutete ihr Zögern und hob fragend die Augenbrauen. »Ist immer noch nicht der richtige Ort oder der richtige Zeitpunkt?«, fügte er hochnäsig hinzu.
»Richtig geraten!«, platze Laurie los. Sie hatte Mühe, angesichts seines Tons nicht die Beherrschung zu verlieren. »Das städtische Leichenschauhaus ist wohl kaum der Ort, um über eine Familiengründung zu reden. Und wenn ich ehrlich bin, merke ich, dass ich dazu auch gar nichts mehr zu sagen habe. Die Tatsachen sind ziemlich klar. Ich habe seit Jahren deutlich gemacht, wie ich darüber denke, bis zu der neuen Entwicklung mit meiner Schwangerschaft. Allerdings weiß ich nicht, wie du darüber denkst, und ich muss wissen, ob du interessiert daran und fähig dazu bist, deine egozentrische Rolle des ewig Trauernden aufzugeben. Wenn du dich darüber äußern willst, bitte! Sag’s mir. Ich bin es satt, darüber zu reden, und ich bin es satt, darauf zu warten, dass du dich endlich entscheidest.«
»Ich verstehe – das ist wirklich nicht der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt«, entgegnete Jack ebenso verärgert und erhob sich. »Ich glaube, ich warte, bis die Umstände günstiger sind.«
»Tu das«, schnauzte Laurie.
»Wir hören voneinander«, sagte Jack, bevor er zur Tür hinausging. Laurie drehte sich zu ihrem Schreibtisch und stützte seufzend den Kopf in die Hände. Einen kurzen Moment überlegte sie, Jack hinterherzulaufen, aber was wollte sie ihm sagen, wenn sie ihn eingeholt hatte? Es war doch allzu deutlich, dass er nicht das sagen würde, was sie hören wollte. Andererseits fragte sich Laurie, ob sie nicht zu streng und unfair war, besonders weil sie ihm nichts von den neusten Symptomen und der Angst erzählt hatte, die sie sich noch nicht auszusprechen traute – die Angst vor einer Fehlgeburt, die wieder alles auf den Kopf stellen würde.
Kurz nach sechzehn Uhr bog David Rosenkrantz auf den Parkplatz eines kleinen Geschäftsgebäudes, in dem Robert Hawthornes Büro lag. Früher war der Komplex eine einzige Lagerhalle gewesen, und die war, wie viele Gebäude in der Innenstadt von St. Louis, nicht abgerissen, sondern aufwändig umgebaut worden. Jetzt waren hier im Erdgeschoss ein exklusives Restaurant und im ersten Stock einige Boutiquen untergebracht. Als Robert Hawthorne – oder Mr Bob, wie er sich seinen Mitarbeitern gegenüber nannte – in die Stadt kam, um zunächst die Firma Adverse Outcomes zu gründen und schließlich die Operation Winnow ins Leben zu rufen, hatte er dieses Haus recht praktisch gefunden, da es ganz in der Nähe der Kanzlei Davidson & Faber lag. David wusste nicht, welches Verhältnis zwischen Mr Bob und der Kanzlei bestand, und ihm war klar, dass er besser nicht danach fragen sollte. Aber er wusste, dass Robert ziemlich regelmäßig dorthin zitiert wurde.
David war oft in St. Louis, da es seine Aufgabe war, in die verschiedenen Städte zu reisen, die Mitarbeiter vor Ort zu überprüfen und gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Das war keine leichte Aufgabe, weil sich viele komische Käuze unter den unabhängigen Vertragsnehmern befanden. Am Anfang hatte David nur Feuerwehr gespielt, doch jetzt, nachdem er mehr als fünf Jahre für Robert arbeitete, war er auch mit der Rekrutierung betraut. Die machte viel mehr Spaß und war eine echte Herausforderung. Robert bekam die Namen mitunter von einem alten Kumpel aus Armeezeiten, der immer noch im Pentagon arbeitete. Meistens handelte es sich um Leute, die beim Militär in irgendeinem medizinischen Bereich gearbeitet hatten und unehrenhaft entlassen worden waren. David selbst war nicht beim Militär gewesen, konnte sich aber gut vorstellen, welchen Einfluss diese Erfahrungen auf Menschen haben mochten, die versuchten, ins Zivilleben zurückzukehren, besonders jene, die schon einmal in einem Kampfeinsatz gewesen waren. Dank des sich dahinziehenden Irak-Konflikts hatten sie zahlreiche potenzielle Kandidaten. Natürlich suchten sie auch
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