Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
eigenen Blut ausgerutscht und auf das Messer gefallen, das sie in der Hand gehalten hatte. Das ist echt der Hammer, oder? Ich sag dir: Das ist ein guter Fall, den wir auf unserer Donnerstagskonferenz vorstellen können.«
Einen Moment lang blickte Laurie in Jacks selbstzufriedenes Gesicht. Die Geschichte hatte eine bestimmte Saite in ihr zum Klingen gebracht. Es hatte eine Zeit nach dem Tod ihres Bruders gegeben, in der sie Probleme mit ihrer Selbstachtung gehabt hatte. Das hatte zu Appetitlosigkeit und leichter Bulimie geführt, ein Geheimnis, das sie noch niemandem anvertraut hatte.
»Und meine beiden anderen Fälle waren genauso faszinierend. Gemeinsamer Selbstmord. Hast du davon gehört?«
»Ansatzweise«, antwortete Laurie. Sie dachte immer noch über ihre Bulimie nach.
»Ich kann dir sagen, ich muss den alten Fontworth doch mal loben«, fuhr Jack fort. »Ich hatte ihn immer für alles andere als akribisch gehalten, aber letzte Nacht scheint er tolle Arbeit geleistet zu haben. Im Wagen auf dem Vordersitz des Geländewagens, wo die beiden Toten saßen, hat er eine riesige Taschenlampe gefunden, die er, schlau, wie er war, mitgebracht hatte. Er hat auch bemerkt, dass die Fahrertür nur angelehnt war.«
»Was war so wichtig an der Taschenlampe?«, wollte Laurie wissen.
»Viel«, antwortete Jack. »Ich war ja von Anfang an ein bisschen skeptisch, weil es nur einen Abschiedsbrief gegeben hatte. Bei einem doppelten Selbstmord ist es üblich, dass es zwei Abschiedsbriefe oder zumindest einen gemeinsamen gibt. Ist doch irgendwie logisch, wenn beide gemeinsam Selbstmord begehen. Egal, jedenfalls sind bei mir die roten Lämpchen angegangen. Da der Brief scheinbar von der Frau stammte, habe ich sie zuerst drangenommen. Ich hatte nämlich bei ihr irgendeinen toxikologischen Befund erwartet, irgendeine K.-o.-Droge oder so was. Ich war ja gar nicht davon ausgegangen, dass ich etwas Aufregendes finden würde, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Auf ihrer Stirn, gleich oberhalb vom Haaransatz, befand sich eine seltsam gebogene Zickzacklinie.«
Jack schwieg und lächelte wieder.
»Jetzt sag bloß, dass die Taschenlampe und die Zickzacklinie zusammenpassen.«
»Bingo! Die Übereinstimmung war perfekt! Es scheint, dass der Ehemann die ganze Sache so arrangiert, also den Tatort vorbereitet und wahrscheinlich sogar den Abschiedsbrief geschrieben hat. Er schlägt seine Frau bewusstlos, setzt sie auf den Beifahrersitz seines Geländewagens und macht den Motor an. Dann geht er wahrscheinlich wieder ins Haus und wartet. Als er denkt, dass genügend Zeit vergangen ist, geht er zurück, um nachzusehen, ob seine Frau tot ist, aber ihm ist nicht klar, wie schnell man von Kohlenmonoxid bewusstlos werden kann, wenn die Konzentration richtig hoch ist. Er setzt sich also hinters Lenkrad, wird gleich besinnungslos und leistet seiner Frau im Tod Gesellschaft.«
»Was für eine Geschichte!«, war Lauries Kommentar.
»Ironie des Schicksals. Es sollte wie ein gemeinsamer Selbstmord aussehen, aber stattdessen haben wir einen Mord an der Ehefrau und einen Unfall des Ehemannes. Die forensische Pathologie bietet manchmal hübsche Überraschungen.«
Laurie nickte. Sie erinnerte sich, dass sie das Gleiche gedacht hatte, bevor sie mit dem Überdosis-Fall begonnen hatte.
»Sogar der Fall mit der Polizei geht ganz anders aus als erwartet.«
»Wie das?«, fragte Laurie.
»Alle haben angenommen, dass hier ein Fall von vertretbarer Tötung durch die Polizei vorliegt, da die Polizei zugegeben hat, ein paar Mal auf ihn geschossen zu haben. Aber Calvin hat mir gerade erzählt, dass, soweit es sich bis jetzt sagen lässt, alles auf Selbstmord hindeutet. Sie haben festgestellt, dass sich der Typ selbst ins Herz geschossen hat, bevor ihn eine der Kugeln der Polizei getroffen hat.«
»Damit müsste wieder Ruhe im Viertel einkehren.«
»Wollen wir’s hoffen«, meinte Jack. »Egal, es war ein anregender Vormittag, und ich dachte, dich würde es interessieren, dass wir eine Menge Fälle bearbeitet haben, bei denen das Gegenteil von dem rauskam, was man ursprünglich erwartet hatte. So, und jetzt wollte ich fragen, ob du Lust hast, nachher schnell was essen zu gehen.«
»Ich weiß nicht. Ich habe nicht viel Hunger, und ich muss noch einiges erledigen.«
»Na ja, vielleicht erwische ich dich unten. Wenn nicht, sehen wir uns später.«
Laurie winkte Jack hinterher, der den Flur hinunterging, und widmete sich wieder dem Zettel mit der Telefonnummer
Weitere Kostenlose Bücher