Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
fast vier Jahren eine Beziehung pflegte. Seine respektlose Fröhlichkeit und sein Sarkasmus waren mitunter nervig, genau wie jetzt. »Dann lässt du dich jetzt also herab, mit mir zu reden?«, fragte sie ebenso affektiert.
Jacks Lächeln erstarb. »Natürlich rede ich mit dir. Was soll die Frage?«
»Abgesehen von diesem kurzen professoralen Spiel, als ich heute Morgen in den Seziersaal gekommen bin, hast du mich die ganze Zeit über ignoriert.«
»Dich ignoriert?« Jack runzelte die Stirn. »Ich sollte dich wohl daran erinnern, dass wir getrennt zur Arbeit gefahren sind, was eher deine Entscheidung war als meine. Wir kamen zu unterschiedlichen Zeiten, und seitdem haben wir jeweils an unseren eigenen Fällen gearbeitet.«
»Wir arbeiten fast den ganzen Tag, und fast den ganzen Tag kommunizieren wir irgendwie miteinander, besonders wenn wir im selben Raum sind. Ich bin sogar zu deinem Tisch gekommen, als du an deinem zweiten Fall warst, und habe dir eine direkte Frage gestellt.«
»Ich habe dich weder gesehen noch gehört. Pfadfinderehrenwort.« Jack hielt seinen Zeige- und Mittelfinger nach oben und lächelte wieder.
Laurie blickte skeptisch und zuckte mit den Schultern. Sie wusste, dass sie ihn provozierte, indem sie seine Worte anzweifelte, aber im Moment war ihr das egal. »Dann ist ja alles in Butter. Aber jetzt habe ich noch was zu tun.« Sie drehte sich wieder zu dem Zettel mit der Telefonnummer von Westchester.
»Schon klar«, meinte Jack, der sich weigerte, nach dem Köder zu schnappen, ging aber trotzdem nicht. »Wie waren deine Fälle heute Morgen?«
Laurie hob den Kopf, blickte aber nicht in Jacks Richtung. »Einer war Routine und ziemlich uninteressant, der andere enttäuschend.«
»In welcher Hinsicht?«
»Ein junger Mann ist im Manhattan General gestorben. Ich habe dessen Eltern versprochen, herauszufinden, was ihn getötet hat, und ihnen sofort Bescheid zu geben, aber die Obduktion hat nichts ergeben. Pathologisch völlig unergiebig. Jetzt muss ich anrufen und sagen, dass wir auf die mikroskopische Analyse warten müssen. Ich weiß, dass sie enttäuscht sein werden, und ich bin es auch.«
»Janice hat mich über den Fall informiert«, erklärte Jack. »Hast du keine Embolie gefunden?«
»Nichts!«
»Und das Herz?«
Laurie drehte sich zu Jack. »Das Herz, die Lungen und die großen Gefäße waren völlig normal.«
»Ich wette, du findest was am Reizleitungssystem des Herzens oder vielleicht eine Mikroembolie im Hirnstamm. Hast du die entsprechenden Proben für die Toxikologie genommen? Das wäre mein nächster Schritt.«
»Habe ich«, antwortete Laurie. »Ich habe auch berücksichtigt, dass er weniger als vierundzwanzig Stunden zuvor eine Narkose erhalten hat.«
»Hm, schade, dass deine Fälle so enttäuschend waren. Meine waren das Gegenteil. Eigentlich muss ich schon sagen, dass sie Spaß gemacht haben.«
»Spaß?«
»Ehrlich! Bei beiden kam genau das Gegenteil von dem raus, was alle gedacht haben.«
»Wie das?«
»Der erste Fall war diese bekannte Psychologin.«
»Sara Cromwell.«
»Angeblich ging es um einen brutalen Mord während einer Vergewaltigung.«
»Ich habe das Messer gesehen. Erinnerst du dich?«
»Dieses Messer hat ja alle so kirre gemacht – es gab keine andere Wunde, und die Frau wurde nicht vergewaltigt.«
»Woher stammte dann das ganze Blut, wenn nicht von dieser einen nicht tödlichen Wunde?«
»Es stammte nicht von dieser Wunde.«
Jack blickte Laurie mit einem leisen erwartungsvollen Lächeln an. Laurie blickte zurück. Sie war nicht zu Spielchen aufgelegt. »Also, woher?«
»Irgendwelche Vorschläge?«
»Warum sagst du es mir nicht einfach?«
»Ich denke, mit ein bisschen Überlegen würdest du es erraten. Du hast doch gesehen, wie dürr sie war, oder?«
»Jack, wenn du es mir sagen willst, dann sag’s. Ansonsten muss ich meinen Anruf erledigen.«
»Das Blut stammte aus ihrem Magen. Das Essen in ihrem Magen war aufgequollen und hatte zu einem Bruch im Magen und am unteren Teil der Speiseröhre geführt. Scheinbar hatte die Frau Bulimie und ist zu weit gegangen. Kannst du das glauben? Alle waren überzeugt, dass es Mord war, und dann stellt es sich als eine Art Unfall heraus.«
»Was ist mit dem Messer in ihrem Oberschenkel?«
»Dieses Ding hat uns echt an der Nase herumgeführt. Sie hat es sich selbst in den Schenkel gerammt, aber unabsichtlich. Kurz bevor sie starb, während sie Blut gespuckt und den Käse fortgeräumt hatte, war sie auf ihrem
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