Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Richtige, wenn du dich testen lässt«, ermunterte Riva sie.
»Danke.« Laurie blickte über ihren Schreibtisch, damit sie auch ja nichts vergaß.
»Ich hoffe, du bist nicht sauer auf mich«, meinte Riva.
»Natürlich nicht«, beruhigte sie Laurie und drückte Rivas Schulter. »Ich habe ja vorher schon gesagt, dass ich derzeit ein bisschen überempfindlich bin und mich alles mehr aufregt als sonst. Wie dem auch sei, ich weiß, du bist nicht meine Sekretärin, aber ich wäre dir dankbar, wenn du wieder meine Anrufe entgegennehmen könntest, besonders die von Maureen oder Peter. Ich werde mich bei Gelegenheit revanchieren.«
»Red kein dummes Zeug. Das mache ich doch gern. Kommst du am Nachmittag noch mal wieder?«
»Auf jeden Fall. Wir werden nur schnell was essen und die Blutabnahme erledigen, aber es kann sein, dass ich noch kurz bei meiner Mutter reinschaue. Ich nehme mein Handy mit, falls du mich anrufen musst.«
Riva winkte und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
Laurie verließ das Institut durch den Haupteingang auf der First Avenue. Kalte Luft schlug ihr ins Gesicht. Die Temperatur war während des Tages gefallen, sodass es jetzt kühler war als am Morgen, als sie zur Arbeit gekommen war. Während sie die Stufen hinunterging, zog sie den Reißverschluss ihrer Jacke bis obenhin zu. Zitternd stand sie am Straßenrand und winkte nach einem Taxi.
Die Fahrt zum Manhattan General dauerte etwas länger als die Fahrt zum University Hospital am Tag zuvor. Beide Krankenhäuser befanden sich nördlich des Gerichtsmedizinischen Instituts an der Upper East Side und waren fast gleich weit von ihm entfernt, wobei das Manhattan General weiter westlich lag und sich entlang des Central Park fast einen ganzen Straßenblock lang erstreckte. Mehrere Fußwege verbanden das Gelände mit den außerhalb liegenden Gebäuden. Der Komplex aus grauem Stein war über einen Zeitraum von fast einem Jahrhundert gewachsen, sodass die einzelnen Teile unterschiedliche architektonische Moden widerspiegelten. Der neuste und modernste Flügel, benannt nach dem Wohltäter Samuel B. Goldblatt, hob sich vom Hauptkomplex im rechten Winkel ab. Es war der VIP-Flügel, das Gegenstück zu dem Trakt, in dem Lauries Mutter im University Hospital lag.
Laurie, die schon mehrmals im Manhattan General gewesen war – nicht nur, um Sue zu besuchen –, kannte ihr Ziel, was von Vorteil war, da das Krankenhaus immer voller Menschen war, die sich an der Informationstheke drängten. Sie ging direkt ins Kaufman-Gebäude mit der Ambulanz und dort in die Innere Abteilung, wo sie an der Rezeption nach Sue fragte. Als Laurie ihren eigenen Namen nannte, reichte ihr die Sekretärin einen Umschlag. Darin befand sich ein ausgefülltes Überweisungsformular für einen Test auf den BRCA1-Marker sowie eine Nachricht von Sue. Sie beschrieb, wo sich im ersten Stock des Hauptgebäudes das Labor befand. Laurie solle aber zuerst in die Aufnahme gehen, da sie als neue AmeriCare-Patientin eine Krankenhauskarte brauchte. Ganz am Schluss schrieb Sue, dass Laurie gleich anschließend in die Kantine kommen solle, um sich dort mit ihr zu treffen.
Die Krankenhauskarte ausstellen zu lassen, dauerte länger als die Blutabnahme. Sie musste in der Schlange warten, um mit einem der Angestellten vom Patientenservice zu reden. Das dauerte noch einmal eine Viertelstunde, bis sie sich endlich auf den Weg in den ersten Stock ins Labor machen konnte. Sues Beschreibung war perfekt, und Laurie fand das Genetiklabor problemlos. Dort war es im Vergleich zum Rest des Krankenhauses überraschend ruhig. Aus den Lautsprechern drang klassische Musik, an den Wänden hingen Drucke von Monets Wasserlilien aus dem Metropolitan Museum, das auf der gleichen Straße lag wie das Krankenhaus. Das Wartezimmer war leer, als Laurie der Dame am Empfang die Überweisung reichte. Die ambulanten Gentests steckten noch in den Kinderschuhen, doch Laurie wusste, dass sich das bald ändern und damit die Medizin ganz neue Wege einschlagen würde.
Im Wartezimmer war Laurie wieder gezwungen, sich mit der Realität auseinander zu setzen, die sich vielleicht in ihren Zellkernen versteckte. Es war erschreckend, daran zu denken, dass sie vielleicht den Auslöser ihres eigenen Todes in Form eines mutierten Gens in sich trug. Das kam ihr vor wie eine Art unbewusster Selbstmord oder wie ein eingebauter Selbstzerstörungsmechanismus, was mit Sicherheit der Grund dafür war, dass sie alle konkreten Gedanken daran vermied. Würde der
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