Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Kombination aus seinem fülligen Körper, dem festen Blick seiner kalten, schwarzen Augen, seinem legendären stürmischen Temperament und seinem gelegentlichen Chauvinismus. Gleichzeitig konnte er ein entgegenkommender, herzlicher Mensch sein. Das Problem war nur, dass man nie wissen konnte, welche Seite gerade die stärkere war.
»Was kann ich für Sie tun?«, begann Calvin. »Leider müssen wir uns kurz fassen.«
»Es wird nur einen Moment dauern«, versicherte Laurie ihm. Sie reichte ihm das Schema, das sie vorbereitet hatte, fasste die Geschichte der vier Fälle zusammen und erläuterte ihm ihre Idee über die möglichen Todesumstände, -ursachen und -arten. Es dauerte nur ein paar Minuten, und als sie fertig war, herrschte für einen Moment Stille.
Calvin betrachtete noch immer die Aufstellung, bis er schließlich mit gerunzelter Stirn aufblickte. Sein Stuhl knarrte, als er sich zurücklehnte. Die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, krümmte er die Zeigefinger und schüttelte langsam und verwirrt den Kopf. »Als Erstes muss ich wohl fragen, warum Sie mir das alles in diesem frühen Stadium erzählen. Keiner dieser Fälle wurde bisher abgeschlossen.«
»Weil ich einfach dachte, dass Sie vielleicht jemandem im Manhattan General mitteilen möchten, was wir denken, damit sie ein Auge aufhalten.«
»Ich korrigiere!«, platzte Calvin dazwischen und warf einen schnellen Blick auf seine Armbanduhr, der Laurie nicht entging. »Ich würde im Manhattan General mitteilen, was Sie denken, nicht wir. Laurie, Sie überraschen mich. Sie verwenden hier unzureichende Daten, um einen voreiligen und lächerlichen Schluss zu ziehen.« Er schlug mit dem Handrücken auf das Schema. »Sie schlagen vor, dass ich reine Spekulationen weitergebe, was sich für das Manhattan General Hospital äußerst nachteilig auswirken könnte, wenn die Information in die falschen Hände käme, was leider viel zu oft passiert. Eine solche Nachricht könnte auch Panik auslösen. Hier im Gerichtsmedizinischen Institut haben wir es mit Fakten zu tun, nicht mit fantastischen Vermutungen. Verdammt, wir könnten unsere Glaubwürdigkeit verlieren.«
»Meine Intuition sagt mir aber etwas ganz anderes«, widersprach Laurie.
Calvin schlug mit seiner großen Hand auf den Schreibtisch und ließ ein paar Blätter in die Luft fliegen. »Bei weiblicher Intuition habe ich null Geduld, wenn es das ist, worauf die ganze Sache hinausläuft. Was glauben Sie denn, wo wir hier sind? In einem Häkelverein? Wir sind eine wissenschaftliche Einrichtung, wir beschäftigen uns mit Tatsachen, nicht mit Ahnungen und Vermutungen.«
»Aber wir reden über vier vollkommen unerklärliche Todesfälle innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen.« Laurie stöhnte innerlich. Es schien, dass sie Calvins schlafenden Chauvinismus geweckt hatte.
»Ja, aber drüben im Manhattan General behandeln sie Tausende von Patienten. Tausende! Zufällig weiß ich, dass die Todesrate dort sehr niedrig ist und weit unter dem Durchschnitt von drei Prozent liegt. Warum ich das sagen kann? Ich bin Mitglied im Beratungsausschuss. Kommen Sie mit Fakten aus der Toxikologie oder unfehlbaren Beweisen über einen Tod durch Niederspannung wieder, dann werde ich zuhören. An einer wahnwitzigen Geschichte über einen frei herumlaufenden Serienmörder habe ich kein Interesse.«
»Sie sind nicht an einem Stromstoß gestorben«, erklärte Laurie. Auch sie hatte diesen Gedanken kurz in Erwägung gezogen, da schon die üblichen einhundertzehn Volt zu einem Herzkammerflimmern führen konnten. Doch sie hatte den Gedanken verworfen, weil Patienten normalerweise nicht an einer Stromquelle hingen. Es konnte vielleicht passieren, dass ein Patient aus Versehen mit einem unter Strom stehenden Gegenstand in Berührung kam, aber mit Sicherheit nicht vier, besonders da keiner an Überwachungsgeräten gehangen hatte.
»Um es ganz klar zu sagen«, rief Calvin und stand so heftig auf, dass sein Stuhl nach hinten rollte und gegen die Wand knallte. Er reichte Laurie das Schema. »Gehen Sie und besorgen Sie Fakten, wenn Sie so motiviert sind! Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Ich muss zur Sitzung des Ausschusses, in dem wir uns mit echten Problemen beschäftigen.«
Verärgert darüber, dass sie wie ein Schulmädchen zurechtgewiesen wurde, verließ Laurie fluchtartig den Verwaltungstrakt. Calvins Tür war während des Gesprächs offen gewesen, jetzt beobachteten ihre Kollegen, die auf ein Gespräch mit Bingham warteten,
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