Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
deutete über Lauries Schulter hinweg auf die Sockelplatte im Inneren des Klimaaggregats.
Laurie nickte. Das interessierte sie, weil sie wusste, dass Auffangschalen für Kondenswasser von Klimaanlagen ein beliebter Ausgangspunkt für aerogene Infektionen wie zum Beispiel die Legionärskrankheit waren. Sie blickte ein Stück weit in das Abluftrohr hinein, wo sie ein Drahtgitter entdeckte. »Ist das ein Filter?«, brüllte sie.
»Es gibt zwei davon«, erwiderte Loraine. Dann ließ sie die Klappe deutlich hörbar ins Schloss schnappen, ging ein paar Schritte weiter und deutete mit beiden Zeigefingern auf zwei vertikale, schlitzartige Öffnungen. »Das erste ist ein Standardfilter für relativ große Partikel. Der zweite ist ein HEPA-Filter, also ein Schwebstofffilter für winzig kleine Partikel bis hin zur Größe einzelner Viren. Und um die Antwort auf Ihre Frage vorwegzunehmen: Wir haben die HEPA-Filter viele Male auf Staphylokocken getestet. Und haben nur zweimal ein positives Ergebnis bekommen.«
»War es CA-MRSA?«
»Ja, aber das war nicht von Bedeutung.«
»Wieso nicht?«
»Weil der HEPA-Filter sie alle herausgefiltert hat.«
»Wohin führt die kleine Klappe hinter dem HEPA-Filter?«
»Das ist die Reinigungsluke für das Abluftrohr. Wir lassen sämtliche Rohrleitungen einmal im Jahr reinigen.«
Nach knapp zwei Metern teilte sich das eine Abluftrohr in eine ganze Anzahl kleinerer Rohre, die aussahen wie Tentakeln eines Tintenfischs und die in die Operationssäle, in den Aufwachraum oder in den Aufenthaltsraum der Ärzte führten. Das erkannte Laurie an den Plaketten aus Resopal, mit denen jede Leitung einzeln beschriftet war. Wie das Hauptrohr, so hatten auch die kleineren je eine Reinigungsluke. »Wann sind die Rohre das letzte Mal gereinigt worden?«
»Als die OPs geschlossen waren.«
Laurie nickte. Sie blickte zum Ende des schmalen Gangs, der zwischen den Klimageräten hindurchführte, und sah an seinem Ende noch eine Tür. »Wo führt denn diese Tür da hin?«
»In einen weiteren Raum mit Klimageräten, ziemlich ähnlich wie dieser hier, nur, dass dort auch noch unsere Stromgeneratoren stehen. Dahinter gibt es noch eine Tür, die in einen Vorraum mit zwei Frachtaufzügen und einem Treppenhaus führt.«
Laurie nickte noch einmal, dann ging sie zurück und schaute sich die Rückseite des Aggregates an, das die Operationssäle mit Luft versorgte. Ähnlich wie am Abluftrohr befand sich auch am Zuluftrohr eine Reinigungsluke. Dann blickte sie achselzuckend wieder zu Loraine. »Ich wüsste nicht, was ich jetzt noch fragen sollte. Das ist ein sehr beeindruckendes System. Und ich danke für Ihren Vortrag über Klimaaggregate. Sie scheinen sich ja wirklich auszukennen.«
»Ich habe während der Ausbildung auch einen Kurs in Krankenhaushygiene gemacht und dabei mehr über Heizungs- und Belüftungssysteme gelernt, als ich jemals wissen wollte«, schrie Loraine. Dann deutete sie in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Sobald sich die schwere, schallisolierte Tür hinter den beiden Frauen geschlossen hatte, hüllte die Stille der scheinbar menschenleeren Klinik sie ein wie eine unsichtbare Decke. Laurie versuchte ihre Frisur zu ordnen, die momentan so aussah, als hätte sie gerade eine Spazierfahrt im Cabrio unternommen.
»Jetzt würde ich gerne eines der Krankenzimmer sehen«, sagte Laurie. »Vorausgesetzt, Sie haben Zeit. Ich möchte Sie nicht den ganzen Nachmittag in Beschlag nehmen.«
»Bei den paar Patienten, die wir momentan haben, ist das mit Sicherheit kein Problem.«
»Wie wäre es denn mit David Jeffries’ Zimmer?«
»Ich glaube, das wird gerade desinfiziert. Wir können gerne einen Blick hineinwerfen, aber ich bin mir sicher, dass das Reinigungspersonal dort gerade seine Arbeit macht.«
»Dann irgendein anderes Zimmer.«
Fünf Minuten später stand Laurie in einem der Standardzimmer. Die Gestaltung und die Inneneinrichtung harmonierten mit dem Fünf-Sterne-Ambiente des Foyers. Das Bett und die anderen Möbel waren alles andere als der übliche Krankenhausstandard. Der Flachbildfernseher, der ohne Zusatzkosten zur Verfügung stand, besaß Kabelanschluss und einen schnellen Internetzugang. Sogar ein ausklappbares Polstersofa war da, falls ein Familienmitglied beim Patienten übernachten wollte. Aber was Laurie am meisten beeindruckte, war das Badezimmer. »Oh, mein Gott«, sagte sie, als sie einen Blick auf die Marmorfliesen und den zweiten Flachbildfernseher geworfen hatte. »Gibt es
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