Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Wänden wider. Keine Bilder, keine Schwarzen Bretter, nur geschlossene weiße Türen. Die einzige Farbe stammte von den roten Buchstaben der vorgeschriebenen EXIT-Schilder an beiden Enden des lang gezogenen Korridors.
»Ich glaube, ich weiß, warum Sie unsere Klimaanlage sehen wollen«, sagte Loraine.
»Tatsächlich?«, erwiderte Laurie. Sie wusste es selbst nicht so genau.
Das wenige, was sie über Klimaanlagen wusste, hatte sie während der Renovierung des Sandsteinhauses gelernt, das sie zusammen mit Jack bewohnte.
»Sie denken an eine Infektion mit Keimen aus der Atemluft, was ich persönlich als weiteren Hinweis darauf betrachte, dass Sie alles andere als die epidemiologische Laiin sind, die Sie zu sein vorgeben. Aber ich darf Ihnen versichern, dass wir auch daran gedacht haben, deshalb haben wir das Wasser in den Auffangschalen für Kondenswasser vielfach auf Staphylococcus aureus getestet, zum letzten Mal heute Morgen nach der Tragödie vom gestrigen Tag.«
»Haben die Tests jemals ein positives Ergebnis erbracht?«
»Nein, nicht ein einziges Mal«, sagte Loraine mit Nachdruck. »Staphylokokken werden zwar normalerweise nicht durch die Atemluft übertragen, aber wir wollten uns gar nicht erst darauf verlassen, sondern haben, obwohl alle Tests negativ ausgefallen sind, sämtliche Auffangschalen geleert und desinfiziert.«
»Ich glaube eigentlich auch nicht, dass Staphylokokken sich über die Atemluft verbreiten«, sagte Laurie, »aber da allem Anschein nach in einer ganzen Reihe von Fällen eine primäre Pneumonie vorgelegen hat, liegt die Vermutung einer aerogenen Infektion nahe.«
»Dagegen lässt sich nichts sagen«, meinte Loraine, »zumindest nicht vom akademischen Standpunkt aus, wohl aber aus praktischer Sicht. Ich leite eine interdisziplinäre Hygienekommission, die den Namen interdisziplinär auch wirklich verdient. Darin sitzen Vertreter aller Abteilungen, aus den Pflegediensten ebenso wie aus der Küche, der Anlagenwartung und so weiter. Der Vertreter der Ärzteschaft ist im Augenblick ein Chirurg, und als wir über die Möglichkeit einer aerogenen Staphylokokkcninfektion gesprochen und dabei die Klimaanlage ins Visier genommen haben, hat er uns über eine wichtige Tatsache aufgeklärt: Patienten, die endotracheal oder über eine Laryngealmaske narkotisiert werden – was bei allen Vollnarkosen in unseren Kliniken der Fall ist –, atmen gar keine OP-Luft ein. Sie werden ausschließlich mit Luft aus der Leitung versorgt.«
»Dann bekommen sie also gar keine Umgebungsluft?«, fragte Laurie nach. Damit war ihre einzige Theorie über den Infektionsweg der MRSA-Opfer dahin.
»Zu keinem Zeitpunkt!«, bestätigte Loraine.
Dann blieb sie vor einer der geschlossenen Türen stehen. Auf einem weißen, auf Augenhöhe angebrachten Schild stand mit schwarz eingravierten Buchstaben: Haustechnik. »Es wird ein bisschen laut werden da drin«, sagte Loraine warnend.
Laurie nickte, während Loraine die schwere, schallisolierte Tür aufstieß. Im Inneren ließ Laurie den Blick durch den großen, zweckmäßigen Raum mit der hohen Decke schweifen. Die Wände und die Decke waren aus Beton. Unzählige Rohre, einige isoliert und andere nicht, ragten aus zahlreichen bunten Tanks hervor, hingen von der Decke herab und bildeten ein regelrechtes Netz. Dazu kamen noch die sehr viel dickeren Rohrleitungen, die mit einem der auf Gummidämpfern stehenden Klimaaggregat verbunden waren. Jedes dieser Aggregate besaß die Ausmaße eines Kleinwagens.
»Möchten Sie sich etwas Bestimmtes anschauen?«, rief Loraine.
»Welche Anlagen sind für die Versorgung der OPs zuständig?«, rief Laurie zurück.
Loraine führte Laurie den relativ schmalen Gang zwischen den sorgfältig gewarteten Geräten entlang. Auf halbem Weg zur gegenüberliegenden Wand blieb Loraine stehen und tätschelte eines der Aggregate. »Das da. Die Kühlflüssigkeit kommt aus den Verdampfern auf dem Dach, das heiße Wasser aus der Heizungsanlage im Keller.«
»Wie kommt man an die Auffangschalen für Kondenswasser?«
»Durch diese Klappe hier«, schrie Loraine zurück. Sie griff nach der Klinke und musste kräftig ziehen, um den Unterdruck zu überwinden. Als die Klappe aufging, war ein scharfes Pfeifen zu hören.
Laurie steckte den Kopf durch die Öffnung, sodass der Wind ihr die Haare zerzauste. Sie musste sie festhalten, damit sie ihr nicht ständig ins Gesicht wehten.
»Das da unten ist die Auffangschale für das Kondensat«, rief Loraine und
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