Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
verheiratet, und zwar mit einem Arbeitskollegen: dem Gerichtsmediziner Jack Stapleton. Dann erst hatte sie ihre Karriere als »Torhüterin« beendet, was ihre euphemistische Bezeichnung für die diversen Verhütungsmethoden war, die sie im Lauf der Jahre angewandt hatte. Laurie war davon ausgegangen, dass sie ohne Verhütung auf der Stelle schwanger werden und das Kind empfangen würde, von dem sie schon immer gewusst hatte, dass sie es bekommen sollte. Schließlich war sie schon einmal versehentlich schwanger geworden, als sie nur mit der Kalendermethode die unfruchtbaren Tage berechnet und dabei ein bisschen zu knapp kalkuliert hatte. Leider war es auch noch eine Bauchhöhlenschwangerschaft gewesen, die abgebrochen werden musste. Aber jetzt, wo sie ein Kind empfangen wollte, wurde sie einfach nicht schwanger, und nachdem das erforderliche eine Jahr »ohne Torhüterin« verstrichen war, war sie zu dem unangenehmen Schluss gekommen, dass sie der Realität ins Auge schauen und Maßnahmen ergreifen musste. Sie hatte Kontakt zu ihrer alten Freundin Shirley aufgenommen und mit der Behandlung begonnen.
Im ersten Schritt hatten sie nach irgendwelchen anatomischen oder physiologischen Störungen bei ihr oder Jack gesucht, aber nichts gefunden. Zum ersten Mal im Leben hatte sie gehofft, dass bei einer medizinischen Untersuchung irgendetwas festgestellt wurde, einfach, damit es wieder in Ordnung gebracht werden konnte. Das Untersuchungsergebnis zeigte, wie erwartet, dass einer ihrer Eileiter infolge der Bauchhöhlenschwangerschaft nicht mehr funktionierte. Der andere aber war völlig intakt. Alle waren sich einig, dass der eine verstopfte Eileiter eigentlich kein Problem sein dürfte.
Dann hatte Laurie angefangen, Clomid zu nehmen, um die Ausschüttung körpereigener, follikelstimulierender Hormone anzuregen, und es gleichzeitig mit einer Insemination versucht. Insemination hieß früher »künstliche Befruchtung«, doch man hatte die Bezeichnung geändert, damit es sich nicht mehr so unnatürlich anhörte. Nach den erforderlichen Clomid-Zyklen, die allesamt ohne Erfolg geblieben waren, waren sie dazu übergegangen, die follikelstimulierenden Hormone direkt zu spritzen. Laurie hatte gerade mit ihrem dritten Injektionszyklus angefangen, und falls dieser genauso vergeblich endete wie die ersten beiden, dann gab es nur noch eine Hoffnung, nämlich die In-vitro-Fertilisation, die Befruchtung im Reagenzglas. Daher war sie verständlicherweise sehr nervös und sogar ein kleines bisschen niedergeschlagen. Sie hätte niemals gedacht, dass eine Fruchtbarkeitsbehandlung so stressig oder eine solche emotionale Belastung werden könnte. Sie war frustriert, enttäuscht, wütend und erschöpft. Es kam ihr vor, als ob ihr Körper mit ihr spielte, nachdem sie so viele Jahre lang so viele Anstrengungen unternommen hatte, um nicht schwanger zu werden.
»Ich verstehe nicht, wieso du sie nicht sehen kannst«, sagte Dr. Schoener. »Die Follikel sind doch gut zu erkennen, mindestens vier Stück, und sie sehen super aus. Genau die richtige Größe: nicht zu groß und nicht zu klein.« Sie drehte den Bildschirm des Ultraschallgeräts in Lauries Blickrichtung. Dann deutete sie auf jedes einzelne Follikel. Mit der rechten Hand, die von einem Tuch bedeckt wurde, dirigierte sie den Ultraschallsensor jetzt in den Bereich links oberhalb von Lauries Gebärmutter.
»Also gut, ich kann sie sehen«, sagte Laurie. Sie lag mit gespreizten Beinen, die Füße in stabile Bügel gestützt, auf dem Untersuchungstisch. Die erste Ultraschalluntersuchung war ihr ein wenig unangenehm gewesen, da sie eigentlich davon ausgegangen war, dass der Sensor außen auf ihrem Unterleib entlanggeführt würde. Aber jetzt, wo sie die Prozedur während der ersten Hälfte der letzten fünf Monatszyklen jeweils alle paar Tage über sich ergehen lassen hatte, machte sie das mit links. Es war zwar etwas unangenehm, aber bestimmt nicht schmerzhaft. Das größte Problem war, dass sie die Untersuchung als erniedrigend empfand, aber andererseits … dieser ganze Fruchtbarkeitsbehandlungszirkus war eine einzige Erniedrigung.
»Sehen sie irgendwie besser aus als bei den letzten Malen?«, erkundigte sich Laurie. Sie brauchte ein kleines bisschen Aufmunterung.
»Nicht nennenswert«, gestand Shirley Schoener. »Aber was ich besonders gut finde, ist, dass die Mehrzahl dieses Mal über dem linken Eileiter sitzt. Du weißt doch, der linke ist der, der funktioniert.«
»Meinst du, dass das
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