Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
etwas ändert?«
»Höre ich hier vielleicht einen Hauch von Pessimismus?«, sagte Shirley, während sie den Sensor entfernte und den Bildschirm beiseiteschob.
Laurie stieß ein kurzes, ironisches Lachen aus, nahm die Füße aus den Steigbügeln, schwang die Beine über die Kante des Untersuchungstisches und setzte sich auf, während sie das Tuch um die Körpermitte schlang.
»Du musst immer positiv denken«, fuhr Dr. Schoener fort. »Spürst du ein paar hormonelle Veränderungen?«
Laurie wiederholte ihr unfrohes Lachen mit einer Spur mehr Nachdruck. Außerdem verdrehte sie die Augen. »Als ich mit dem Ganzen angefangen habe, da habe ich mir geschworen, ich würde ganz entspannt bleiben. Das war ein gewaltiger Irrtum! Du hättest mal hören sollen, wie ich gestern eine achtzigjährige Oma angeschnauzt habe, als die sich an der Kasse im Bio-Supermarkt vordrängeln wollte. Da wäre jeder Bauarbeiter rot geworden.«
»Kopfschmerzen?«
»Habe ich auch.«
»Hitzewallungen?«
»Das ganze Programm. Aber am meisten Kummer macht mir Jack. Er tut so, als hätte er mit alledem überhaupt nichts zu tun. Jedes Mal, wenn ich meine Periode bekomme und total niedergeschlagen bin, kommt von ihm bloß so ein munteres ›Na ja, vielleicht beim nächsten Mal‹, und dann kümmert er sich einfach weiter um seinen Kram. Ich würde ihm jedes Mal am liebsten eine Bratpfanne über den Schädel ziehen.«
»Er will doch auch Kinder haben, oder etwa nicht?«, hakte Shirley Schoener nach.
»Na ja, um ehrlich zu sein, er macht das hauptsächlich wegen mir mit. Aber wenn wir sie dann mal haben … falls wir sie haben, dann ist er der tollste Vater der Welt, ganz bestimmt. Sein Problem ist, dass er schon einmal zwei süße Töchter hatte, mit seiner ersten Frau. Alle drei sind bei einem tragischen Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Er hat sehr darunter gelitten und hat große Angst davor, sich noch einmal so verletzlich zu machen. Es war schon schwierig genug, ihn zum Heiraten zu bewegen.«
»Das wusste ich nicht«, meinte Dr. Schoener ehrlich mitfühlend.
»Das wissen nur wenige. Jack spricht nicht gern über seine persönlichen Gefühle.«
»Das ist nichts Ungewöhnliches«, sagte Dr. Schoener, während sie den Papiermüll von der Ultraschalluntersuchung zusammenklaubte und in den Mülleimer warf. »Wenn die Ursache für die Unfruchtbarkeit eindeutig beim Mann liegt, dann nimmt er sich das Ganze wirklich sehr zu Herzen, aber wenn nicht, dann geht er damit und mit den anschließenden Behandlungsschritten vollkommen anders um als eine Frau.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Laurie mit Nachdruck. Sie stand auf, das Tuch immer noch um die Hüften geschlungen. »Ich weiß ja, aber es ärgert mich trotzdem, dass er nicht mehr Verständnis für mich und für das, was ich durchmachen muss, aufbringt. Das Ganze fällt mir wirklich alles andere als leicht, vor allem nicht mit der ständigen Angst vor einer Überstimulierung. Das Blöde ist, dass ich als Ärztin ganz genau weiß, was alles schiefgehen kann.«
»Zum Glück gibt es auch in diesem Zyklus, wie in den vorangegangenen, keinerlei Anzeichen für eine Überstimulierung. Deshalb solltest du die Spritzendosis beibehalten. Falls die Blutprobe von heute einen zu hohen Hormonspiegel ergibt, rufe ich dich an und sage dir, was du machen musst. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Du hältst dich hervorragend. Ich habe ein gutes Gefühl dieses Mal.«
»Das hast du letztes Mal auch gesagt.«
»Weil ich da auch ein gutes Gefühl gehabt habe, aber dieses Mal ist es noch besser, weil dein linker Eileiter noch stärker beteiligt ist.«
»Was schätzt du denn, wann soll ich mir die Eisprung auslösende Spritze setzen und die Insemination machen lassen? Jack möchte ganz gerne vorher wissen, wann er seinen Mann stehen muss.«
»Von der Größe der Follikel her würde ich sagen: in fünf bis sechs Tagen. Lass dir vorne noch einen Termin für einen weiteren Ultraschall und eine Estradiol-Spritze geben, in zwei bis drei Tagen, wie es dir am besten passt. Dann kann ich dir noch eine genauere Schätzung geben.«
»Und noch was«, sagte Laurie, als Dr. Schoener gerade gehen wollte. »Heute Nacht habe ich lange wach gelegen, und da habe ich gedacht: Vielleicht liegt es ja an meinem Job? Könnte es sein, dass die Umgebung in der Leichenhalle etwas damit zu tun hat, dass ich nicht schwanger werde?«
»Glaube ich nicht«, erwiderte Dr. Schoener ohne zu zögern. »Wenn Pathologen unfruchtbarer wären
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