Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
dann komme ich mit. Das steht fest, aber …«
»Ich brauche dich«, erwiderte Laurie mit plötzlicher Begeisterung. »Du bist absolut unentbehrlich.«
»Echt?«, meinte Jack. Seine buschigen Augenbrauen waren zu einem fragenden Strich geworden. »Ich kann mir nicht vorstellen, wieso.«
»Denk doch an meinen Zyklus«, meinte Laurie aufgeregt. »Gestern hat Shirley Schoener gesagt, dass es noch vier, fünf Tage bis zur entscheidenden Spritze sind, die den Eisprung auslösen soll. Und dann bist du am Zug.«
Jack schnaufte hörbar. Bis jetzt hatte er noch keinerlei Zusammenhang zwischen dieser Fruchtbarkeitsgeschichte und den Indienplänen gesehen.
»Jetzt sieh mich nicht so deprimiert an. Vielleicht sollten wir dieses ganze Pipetten-und-Reagenzglas-Theater einfach sein lassen und es auf natürlichem Weg probieren. Aber eines kann ich dir sagen: Ich habe so viel Mühe und Stress investiert, dass ich auf gar keinen Fall in Indien herumsitzen und dich hierlassen werde, während dieser Follikelklumpen platzt. Shirley ist dieses Mal besonders zuversichtlich, weil nämlich der linke Eierstock, der hinter dem funktionierenden Eileiter sitzt, eine volle Ladung abschießen wird.«
Jack nahm den Arm von Lauries Schulter und ließ sich gegen das Kopfbrett sinken. »Sieht ganz so aus, als würden wir einen Kurztrip nach Indien machen, immer vorausgesetzt, unser Vize-Chef lässt uns gehen. Vielleicht kann ich ihn ja bestechen, dass er Nein sagt!«
Laurie versetzte ihm einen spielerischen Klaps auf den Oberschenkel und stand auf. »Gerade ist mir was eingefallen. Ich werde einen Gynäkologen brauchen, der meine Eizellen beobachten und das Blut untersuchen kann. Vielleicht gibt es ja einen in dieser Klinik, dem Queen Victoria Hospital. Es könnte für Jennifer ein Vorteil sein, wenn wir in der Klinikbelegschaft einen Verbündeten haben.«
»Könnte sein«, meinte Jack, während er sich unter die Decke wühlte und sie bis unters Kinn zog. »Noch eine organisatorische Frage: Falls wir ein Visum brauchen, dann brauchen wir auch Passfotos.«
»Die können wir morgen Früh in diesem Laden in der Columbus Avenue machen lassen.«
»Genau das habe ich auch gerade gedacht«, erwiderte Jack, nachdem er einmal tief Luft geholt und den Atem deutlich hörbar wieder ausgestoßen hatte.
»Legst du dich jetzt wieder hin?«
»Aber selbstverständlich lege ich mich wieder hin. Was soll ich denn um diese Uhrzeit sonst machen?«
»Wenn ich doch bloß so einen Schlaf hätte wie du. Ich bin jetzt wahnsinnig aufgeregt.«
Kapitel 13
Mittwoch, 17. Oktober 2007
11.42 Uhr
Neu-Delhi, Indien
J ennifer war total frustriert. Ihr war richtiggehend übel vor Erschöpfung, aber trotzdem konnte sie nicht einschlafen. Sie hatte die schweren Vorhänge zugezogen, damit es dunkel wurde. Das Problem bestand darin, dass sie übermüdet und aufgeregt zugleich war. Die Vorstellung, dass Laurie vielleicht nach Indien kommen könnte, war fast zu schön, um wahr zu sein, und hielt ihre Gedanken fortwährend auf Trab. Schließlich dachte sie Vergiss es und schlüpfte unter den Laken hervor.
Nur mit einem Höschen bekleidet stand sie auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück, sodass das ganze Zimmer vom Schein der für indische Städte typischen neblig-trüben Sonne durchflutet wurde. Gedankenverloren überlegte sie, wie viel wärmer es draußen wohl wäre, wenn die Luftverschmutzung nicht einen erheblichen Teil der Sonnenstrahlen absorbieren würde.
Dann wandte sie den Blick nach unten und betrachtete den Swimmingpool. Etliche Menschen planschten darin herum, aber er war alles andere als voll. Es war ein großer Pool. Mit einem Mal bereute Jennifer, dass sie keinen Badeanzug mitgebracht hatte. Daran hatte sie beim Packen einfach nicht gedacht, aber jetzt, beim Blick hinunter auf die herrlich blaue Wasserfläche, merkte sie, dass das ein Fehler gewesen war. Sie hatte ja schließlich gewusst, dass sie in einem Luxushotel in einer heißen Gegend wohnen würde. Vielleicht gab es im Hotel ja auch einfache Badeanzüge zu kaufen, doch dann schüttelte sie den Kopf. So luxuriös, wie es hier zuging, wurde da höchstens wahnsinnig teure Designerware angeboten. Schade, dachte Jennifer. Ein bisschen Bewegung wäre jetzt vielleicht genau das Richtige gegen den Jetlag gewesen.
Dabei fiel ihr der Fitnessraum des Hotels wieder ein. Sie konnte ja ihre Joggingsachen anziehen – die hatte sie mitgebracht – und sich auf einen Heimtrainer setzen oder ein
Weitere Kostenlose Bücher