Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
Fischen. Bei diesem Gedanken verließ sie ihre Objektträger für eine Weile, um im Internet Neurotoxine zu recherchieren. Da sie die Vermutung hatte, ihre beiden Leichen stammten aus Japan, fiel ihr sofort ein spezielles Gift ein, Tetrodotoxin, abgekürzt TTX, das wahrscheinlich am arglistigsten eingesetzte Gift in Japan, wo es mit vielen Krankheiten und Todesfällen bei unglücklichen Sushi-und Sashimi-Liebhabern in Verbindung gebracht wurde. Das Gift stammte von Bakterien, die bei einer Vielzahl von Lebewesen vorkamen, einschließlich eines bestimmten Kugelfisches, dessen Fleisch in Japan als Delikatesse galt. Das Problem war, dass das Fleisch zu bestimmten Zeiten im Jahr Tetrodotoxin enthalten konnte, das in der übrigen Zeit ausschließlich in den Organen, wie Leber und Haut, zu finden war.
Laurie konzentrierte ihre Suche nun auf Tetrodotoxin mit der Absicht, herauszufinden, ob das Gift Krämpfe auslöste, wenn es parenteral – in diesem Fall durch eine Injektion – verabreicht wurde. Während sie die Seiten überflog, erinnerte sie sich daran, was sie bereits über TTX wusste, nämlich, dass es ein nützliches Mittel war und häufig in der medizinischen Forschung eingesetzt wurde und sogar in der klinischen Medizin. In der klinischen Medizin wurde es verabreicht, um Herzrhythmusstörungen zu behandeln, aber auch als Schmerzmittel in extremen Situationen, wie zum Beispiel bei Patienten mit Krebs im Endstadium oder extremer Migräne. Sie fand diesen Aspekt nicht unwichtig, sagte er doch aus, dass das Gift gewerblich hergestellt wurde und daher verfügbar war. Es gab viele andere Neurotoxine, die sehr exotisch waren und extrem schwer zu erwerben waren.
»Ja!«, sagte Laurie plötzlich und schnippte mit den Fingern, nachdem sie gerade gelesen hatte, dass Tetrodotoxin Krämpfe auslösen konnte, wenn es injiziert wurde, was auf andere Neurotoxine nicht zutraf. Weiter unten erinnerte sie der Artikel an die beeindruckende Toxizität von TTX: 0,6 mg davon konnten einen siebenundsiebzig Kilogramm schweren Menschen töten. Laurie pfiff, als sie das las, denn es machte ihr klar, dass Tetrodotoxin einhundertmal giftiger war als Zyankali.
Während sie über die todbringende Wirkung von TTX staunte, blickte Laurie hinüber zu der institutseigenen Uhr an der Wand über ihrem Aktenschrank. Es war fast dreizehn Uhr. Da sie wusste, dass John DeVries sicher wieder zurück in der toxikologischen Abteilung sein würde, ergriff sie ihre Probeflasche und ging zum Aufzug.
Als sie in Johns helles, geräumiges Büro mit Fenster eintrat, das in keinem größeren Gegensatz zu seiner früheren Abstellkammer hätte stehen können, konnte sie sehr wohl nachvollziehen, wie so ein Raum die allgemeine Laune verändern konnte. John zog sich gerade einen frischen weißen Laborkittel über, als sie hereinkam. Seine Sekretärin war noch nicht von der Mittagspause zurück.
Einen Moment lang stand Laurie nur da, fasziniert von der Metamorphose des Mannes. Er war noch immer lang und dünn, sah aber nicht mehr ausgemergelt aus, und seine frühere akademische Blässe war einer gesünderen Gesichtsfarbe gewichen, die ihn zehn Jahre jünger aussehen ließ.
»Ah, Miss Laurie«, sagte er, als er sie bemerkte. »Ich fürchte, seit heute Morgen hat es keine Veränderungen gegeben: keine Toxine, keine Gifte oder Drogen.«
»Haben Sie eine weitere Probe untersucht?«
»Hm, nein«, gab John zu. »Bisher nicht. Eine Reihe Überdosis-Fälle von letzter Nacht hat uns sehr auf Trab gehalten.«
»Tja, ich habe da ein paar Neuigkeiten, in die ich Sie einweihen werde«, sagte Laurie und senkte spaßeshalber ihre Stimme. »Aber Sie dürfen das niemandem verraten, bis ich später am Nachmittag meine Mini-Konferenz abgehalten habe.«
»Versprochen«, sagte John.
Laurie erzählte John von ihrer Entdeckung, die sie beim Anschauen der Überwachungsbänder gemacht hatte, dass ihr Fall einen Diebstahl beinhaltete und dass sie Grund zu der Annahme hatte, dass ihr Leichnam durch ein Gift getötet wurde, das durch eine Art Luftgewehr injiziert worden war. Wie sie vermutet hatte, war Johns Interesse sofort geweckt.
»Das haben Sie alles von den Videobändern?«, fragte er beeindruckt.
»Ja, genau«, sagte Laurie. »Es brauchte nur noch einen Haufen Schlussfolgerungen. Übrigens, erinnern Sie sich an ein berühmtes Attentat, das in London stattfand und einem bulgarischen Diplomaten galt? Er wurde durch ein Gift getötet, das ihm durch ein Luftgewehr injiziert wurde,
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