Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
ihn an. Er war nicht sehr glücklich darüber, Befehle von Brennan entgegenzunehmen, besonders vor den anderen im Van. Was da stattgefunden hatte, war eine plötzliche, psychisch schmerzhafte Verdrehung des Status Quo.
»Langsamer und Stopp!«, befahl Brennan, der Carlos verwundetem Ego gegenüber blind war. Vor ihnen musste die Kinderfrau an der Ecke Central Park West darauf warten, dass die Ampel grün zeigte. Genau auf der anderen Straßenseite war der Eingang zum Park für die Fußgänger durch dunkelrote Mauern aus Sandsteinblöcken kenntlich gemacht. Auf einigen ansonsten kahlen Bäumen waren wenige Knospen auszumachen. Hier und da standen gelbe Forsythien in Blüte.
Der Van wartete etwa fünfundzwanzig Meter von der Ecke entfernt auf das Umspringen der Ampel. Carlos Finger trommelten auf das Lenkrad. Auf der mittleren Sitzreihe saßen Chong Yong und Riki Watanabe. Obwohl sie passables Englisch sprachen, blieben sie still. Ganz hinten saßen Duance Mackenzie und Tomasso Deluca. Auch sie waren stumm, beeindruckt von den stark bemuskelten Männern vor ihnen.
»Okay«, sagte Brennan. »Jetzt, da wir genau wissen, dass die Frau und das Kind in den Park gehen, lasst uns unseren Plan noch einmal durchgehen. Alle außer Carlo steigen an der Ecke aus und folgen ihnen, aber nicht als Gruppe. Ich gehe zuerst, und ihr kommt mir einzeln nach, als ob wir alle allein unterwegs wären. Ihr müsst unbedingt eure Masken dabei haben.«
Brennan hatte sich in seinem Sitz herumgedreht, damit er die anderen beim Sprechen ansehen konnte. »Ich entscheide, ob wir zuschlagen oder nicht, verstanden? Ich meine, vielleicht machen wir es gleich am Anfang oder später oder überhaupt nicht. Hängt davon ab, was die Kinderfrau macht. Schlimmstenfalls trifft sie sich mit jemandem. Wenn das passiert, blasen wir die Sache ab. Carlo wird die ganze Zeit mit laufendem Motor in der Nähe bleiben. Sobald wir das Kind haben, will ich, dass alle sofort zum Van laufen und wir zusehen, dass wir von hier verschwinden. Irgendwelche Fragen?«
»Was sollen wir tun?«, fragte Riki.
»Gute Frage«, war Brennans Antwort nach einer kleinen Pause, ohne dass er es sarkastisch meinte. Louie hatte bestimmt, wer was machen sollte. Brennan hätte gerne dieselbe Frage gestellt, sich aber nicht getraut, damit Louie nicht denken sollte, er sei nicht in der Lage, mit der Situation umzugehen, wenn die Antwort darauf möglicherweise klar war. »Ihr sollt hierbleiben, falls etwas Unvorhergesehenes geschieht und wir Unterstützung brauchen«, sagte Brennan und machte damit zumindest einen Vorstoß in die Entscheidungsebene.
»Die Ampel springt um«, rief Carlo.
Brennan drehte sich zurück nach vorne. »Also gut«, sagte er im Kommandoton. »Los geht’s!« Er sprang aus dem Auto, ungeduldig, die Operation in Gang zu bringen. Er beobachtete die attraktive schwarze Frau, die schnell in den Park ging, und wusste, das war seine Gelegenheit, sich Louie gegenüber zu beweisen.
27
26. März 2010
Freitag, 12.33 Uhr
Als Laurie mit ihrer korkengroßen Gewebeprobe zurück in ihrem Büro war, setzte sie sie mitten auf ihrem Schreibtisch ab, damit sie auf keinen Fall vergaß, sie rechtzeitig zu John zu bringen. Inzwischen würde sie sich wieder mit den Objektträgern aus der Toxikologie beschäftigen. Obwohl sie mittlerweile mehr als überzeugt war, dass Kenji durch eine giftige Substanz getötet wurde, fühlte sie sich noch immer verpflichtet, sich davon zu überzeugen, dass es keinen Hinweis auf eine Krankheit im Gehirn gab, die den Krampf erklären konnte. Welches Gift auch immer es war, das ihn getötet hatte, konnte auch einen bestehenden Defekt stimuliert haben, der dann den Krampf ausgelöst hatte. Das war nicht wirklich ausschlaggebend, aber es könnte Auswirkungen auf ihre Suche nach dem Gift haben, wenn sie etwas finden würde. Außerdem wollte sie sowohl komplett als auch akkurat alles abgearbeitet haben, damit sie eine – ihrer Vorstellung nach – triumphale Präsentation für Lou und Jack vorbereiten konnte und für jeden, der Lust hatte, zuzuhören.
Während sie sich methodisch durch die Objektträger arbeitete, beschäftigte sie sich nebenbei in Gedanken damit, welches Gift es wohl gewesen sein könnte. Sie nahm an, dass es sich um ein Neurotoxin handelte, eine Möglichkeit, die sie schon früher favorisiert hatte. Von der Sorte gab es viele verschiedene, zum Beispiel in Spinnen, Skorpionen, in Weichtieren, die im Wasser lebten, und sogar in einigen
Weitere Kostenlose Bücher