Montgomery & Stapleton 10 - Testphase

bringen, aber ein Blick auf ihre Uhr ließ sie ihr Vorhaben verschieben. Sie wusste, dass John DeVries einer der zwangshaftesten Menschen war, die sie kannte, und einer seiner Zwänge bestand darin, alles stehen und liegen zu lassen, wenn es zwölf Uhr mittags schlug, woraufhin er seine altmodische Brotdose, die bis in ihren gewölbten Deckel hinein gefüllt war, und seine Thermosflasche schnappte und sich in das schäbige Etwas, das sich OCMEs Frühstücksraum nannte, im zweiten Stockwerk begab. Der Raum besaß keine Fenster, seine Wände waren Betonblöcke. Die einzige Raumausstattung bestand aus Automaten, aus denen man ungesundes Essen ziehen konnte, kunststoffbeschichteten runden Stahltischen und Plastikstühlen. Natürlich hätte Laurie vorbeischauen können, um Hallo zu sagen, aber sie verwarf es wieder. Der Raum deprimierte sie. Stattdessen ging sie direkt in ihr Büro hinauf, um keine Zeit zu verlieren. Genauso pünktlich, wie John den Frühstücksraum betrat, genauso pünktlich verließ er ihn wieder um halb eins. Dann würde ihm Laurie die Probe bringen.

 
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    26. März 2010
    Freitag, 12.15 Uhr
    Louie schwebte auf Wolke Sieben. So viel Spaß hatte er seit zehn Jahren nicht mehr gehabt. Von dem Moment an, als Brennan die Entführung von Laurie Montgomerys Kind vorgeschlagen hatte bis eben gerade, als er in seine Lieblingsnische im Venetian geschlüpft war, hatte er sich gedanklich voll und ganz auf die Planung der Operation geworfen. Diese Entführungsidee war schier genial, und Louie rechnete sie Brennan sehr hoch an. Erstens war die Aktion eine hervorragende Gelegenheit, es dieser Frau heimzuzahlen, dass sie ausschlaggebend gewesen war, Paulie für inzwischen mehr als zehn Jahre ins Gefängnis zu schicken. Louie hatte die Geschichte vorher nie gehört und fand sie sehr überraschend. Was ihn auch überrascht hatte, war Paulies Verbot, diese Dame zu töten. Aber in vielerlei Hinsicht war die Entführung viel besser, denn dadurch würde sie viel mehr leiden. In Louies Vorstellung litten Menschen, die umgebracht werden, nicht im Mindesten.
    Zweitens – und das war am wichtigsten – würde die Entführung diese nervtötende Frau davon abhalten, sich weiter mit Satoshi zu beschäftigen, worüber jedermann ziemlich erleichtert sein dürfte.
    Und drittens könnten sie dabei noch einen Batzen Taschengeld rausholen. Bei Louies letzter Entführung, die mehr als fünfzehn Jahre zurücklag, hatten die Vaccarros einen Gewinn von mehr als zehn Millionen Dollar eingefahren, was Louie ganz wild auf einen zweiten Versuch machte. Leider war Paulie nicht derselben Meinung gewesen und hatte eine weitere Operation dieser Art verworfen. In Paulies Einschätzung und nachdem er einige Horrorstorys darüber gehört hatte, waren Entführungen einfach zu gefährlich, ungeachtet einer in Aussicht stehenden großen Lösegeldsumme.
    Louie schüttelte den Kopf und lachte auf. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass er kurz davor stand, seine zweite Entführung in die Tat umzusetzen und zwar als Vergeltung für Paulie, der ihn Jahre zuvor von genauso einem Vorhaben abgehalten hatte. Dieses Mal würde nicht so viel Geld dabei abfallen. Beim ersten Mal hatten sie einen Wall-Street-Typen geschnappt, dessen Privatvermögen bei einer Höhe von einhundert Millionen Dollar angesiedelt war. Diesmal waren die Zielobjekte Ärzte im Angestelltenverhältnis, so dass er davon ausging, dass sie nicht mehr als ungefähr eine Million erwarten durften, aber sich über die Lösegeldsumme den Kopf zu zerbrechen, hieße voreilig zu handeln, und außerdem war es nebensächlich. Das Ziel der Entführung war, Laurie Stapleton von Satoshis Fall fernzuhalten.
    »Hey, Benito!«, rief Louie mit voller Kraft und brachte damit sogar seine eigenen Ohren zum Klingen. Es war niemand aus der Küche gekommen, und Louie wusste nicht, wie viel Zeit er für sein Mittagessen hatte, da er jede Minute damit rechnete, einen Anruf von Brennan zu erhalten. In genau diesem Moment saßen Brennan, Carlo und zwei jüngere Burschen, die seit beinahe vier Jahren in Louies Diensten standen, Duane Mackenzie und Tommaso Deluca, zusammen mit Hisayuki Ishiis zwei Soldaten in einem gestohlenen weißen Dodge Van vor Dr. Laurie Montgomery-Stapletons Haus an der 106. Straße und warteten darauf, dass ihr Opfer auftauchen würde.
    Im Verlauf der letzten Stunde hatte Brennan sein Versprechen, Informationen über Laurie aus dem Netz zu ziehen, mehr als erfüllt. Carlo hatte sich nützlich