Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
zu treten und zu warten.
»Ich bin auf der Suche nach einem Kleinkind, das vorhin eingeliefert wurde«, sagte Ben autoritär, als er endlich an der Reihe war. »Er wurde in einem Rettungswagen hergebracht. Sein Name ist Shigeru Machita, er ist ungefähr eineinhalb Jahre alt. Befindet er sich noch hier in der Notaufnahme, oder wurde er bereits stationär aufgenommen?«
Der Krankenpfleger, der OP-Kleidung trug, wurde unerbittlich von seinen Arbeitskollegen gehetzt, so dass es ihm hoch anzurechnen war, dass er so lange blieb, um Ben nach einem Blick auf den Computermonitor die Auskunft zu geben: »Seit Mittag ist bei uns kein Shigeru Machita eingeliefert worden.«
»Das kann nicht stimmen«, sagte Ben. »Die Polizei hat mir gesagt, dass er hergebracht wurde.«
»Könnte er unter einem anderen Namen eingeliefert worden sein?«
»Natürlich!«, sagte Ben und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Wie sieht’s denn mit einem Decknamen aus, vielleicht Baby Jack?«
»Ja, hier ist einer!«, antwortete der Pfleger, bevor er sich umdrehte, um einem Arbeitskollegen zuzubrüllen, dass er in einer Sekunde bei ihm sein würde. »Hier ist ein Baby John Doe«, sagte er zu Ben. »Könnte er das sein?«
»Vielleicht«, erwiderte Ben. »Wann ist er eingeliefert worden?«
»Vierzehn Uhr zweiundzwanzig heute Nachmittag.«
»Das kommt hin«, sagte Ben. »Wo ist er?«
»Er ist hoch in die Pädiatrie gebracht worden, Zimmer 4207.«
»Okay. Wie komme ich dorthin?«
Der Krankenpfleger gab ihm eine kurze, komplizierte Wegbeschreibung, die unter anderem vorsah, einer blauen Linie auf dem Boden zu folgen. Ben vergaß die Beschreibung und hielt sich nur an die blaue Linie, die ihn auf einer labyrinthähnlichen Route bis zu einer Reihe Aufzüge führte.
Als er den Aufzug im vierten Stockwerk verlassen hatte, entdeckte ihn trotz des herrschenden Chaos’ auf der Station eine Schwester, die zu ihm herüberrief: »Entschuldigen Sie, kann ich Ihnen helfen?«
Ben beugte sich über den Tresen und las das Namensschild der Schwester: SHEILA, STAATL. GEPR. KRANKENSCHWESTER.
»Ich bin Dr. Ben Corey. Ich möchte zu dem Baby John Doe in Zimmer 4207.«
»Das ist schön«, sagte Sheila aufrichtig. Sie hatte eine kastenförmige Gestalt, dunkle Haut und mittellanges braunes Haar, das von vielen blonden Strähnen durchzogen wurde. »Ich bin die Stationsschwester. Wir haben schon so gehofft, dass jemand kommen würde. Der kleine Schatz hat bisher keinen Piep von sich gegeben. Es heißt, seine Eltern wurden bei einem Massenmord getötet?«
»Bisher sieht es so aus, als ob nur die Mutter umgebracht wurde«, sagte Ben und hoffte, dass diese Aussage der Wahrheit entspräche. »Der Vater wird vermisst. Wie geht es dem Kleinen?«
»Ganz gut, wenn man bedenkt, was er hinter sich hat. Er war dehydriert, als er in die Notaufnahme kam, aber das ist jetzt behoben. Seine Elektrolytwerte sind jetzt normal, er isst und trinkt. Aber er ist so still und bewegt sich kaum. Er starrt uns nur mit diesen riesigen, dunklen Augen an. Ich wünschte mir so, er würde etwas sagen, oder dass er wenigstens anfinge zu weinen.«
»Ich würde gerne einen Blick auf ihn werfen.«
»Ich fürchte, das können wir nicht zulassen, aber Sie können mit dem Polizeibeamten sprechen, der an seiner Tür Wache steht.«
Und genau das tat Ben. Nachdem sich der Wachtposten Bens Personalausweis angesehen hatte und mit einer Namensliste der Ärzte verglichen hatte, die Zutritt zum Krankenzimmer hatten, wollte er Ben nicht hineinlassen. Schließlich schlug Ben vor, Detective Janow anzurufen. Mehr brauchte es nicht, und Sheila begleitete Ben ins Zimmer.
Wie Sheila beschrieben hatte, lag Shigeru mit weit geöffneten Augen in seinem Kinderbett, völlig bewegungslos. Seine Augen folgten Ben auf seinem Weg zum Bett.
»Hey, großer Junge!«, sagte Ben, streckte seinen Arm aus und kniff sanft in den Oberarm des Jungen. Als er seine Finger zurückzog, sah er, dass die Haut sich sofort wieder glättete. Das war nicht der Fall gewesen, als er diesen Test an Shigeru in seinem Range Rover durchgeführt hatte. Es war ein grober, aber verlässlicher Test, um zu prüfen, ob ein Mensch dehydriert war. »Behandeln sie dich hier auch gut?« Ben verdrehte seinen Oberkörper, um das Etikett des Infusionsbeutels lesen zu können.
» Okasan «, sagte Shigeru plötzlich.
Ben und Sheila sahen einander überrascht an.
»Was war das?«, fragte Ben.
»Keine Ahnung.«
»Das muss japanisch gewesen
Weitere Kostenlose Bücher