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Montgomery & Stapleton 10 - Testphase

Montgomery & Stapleton 10 - Testphase

Titel: Montgomery & Stapleton 10 - Testphase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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OCME. Er sah auf seine Uhr: Es war fast viertel vor fünf am Nachmittag. Was auch immer ihm bevorstand, er wollte nicht, dass es lange dauern würde, da er verpflichtet war, entweder zum Tatort oder der Bergen County Police zu fahren, um das Gespräch mit Tom Janow weiterzuführen, bevor er endlich nach Hause durfte.
    Im Empfangsbereich hielten sich jetzt zur Feierabendzeit viele Leute auf, die nach einem langen Arbeitstag nach Hause drängten. Er schob sich durch die Menschenmenge und ging auf den Tresen zu, wo er nach Rebecca Marshall fragte, mit der er gerade erst am Telefon gesprochen hatte. Er bekam die Auskunft, dass Rebecca in Kürze unten sein würde.
    Ben wartete auf einer alten Vinyl-Couch und beobachtete die Menschen: Sie standen in kleinen, dynamischen Gruppen zusammen – mal größer, mal kleiner, je nachdem, ob jemand fortging oder dazustieß – und schwatzten. Er fragte sich, ob ihnen wohl bewusst war, wie ungewöhnlich ihre Arbeit hier war und ob sie jemals untereinander darüber sprachen. Wahrscheinlich taten sie es nicht – ein gutes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit des menschlichen Organismus.
    »Mr. Corey«, hörte er eine Stimme rechts neben sich. Er sah eine afroamerikanische Frau mit einem angenehmen, freundlichen Gesicht und kleingelocktem silbrigem Haar neben sich, die es irgendwie geschafft hatte, sich ihm unbemerkt zu nähern. Sie hielt eine Aktenmappe und weitere Papiere an ihre Brust gedrückt. »Ich bin Rebecca Marshall. Wir haben vorhin miteinander telefoniert.«
    Rebecca führte Ben durch eine Tür auf der rechten Seite und schloss sie hinter ihnen. »Diesen Raum nennen wir das Identifizierungszimmer«, erklärte sie. Sie befanden sich in einem nicht sehr großen Raum, in dem eine blaue Couch und ein großer runder Tisch mit acht Holzstühlen standen. An der Wand hingen mehrere gerahmte Poster, die Motive der Katastrophe vom 11. September 2001 zeigten. Jedes Poster trug am unteren Rand die Schlagzeile VERGESST NIEMALS in fetten Buchstaben. »Bitte sehr«, sagte Rebecca und zeigte auf einen der Stühle am Tisch. Ben setzte sich, Rebecca tat es ihm gleich.
    »Wie ich bereits am Telefon gesagt habe, gehöre ich zur Identifizierungsabteilung des OCME. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die Identifizierung eines jeden Körpers, der zu uns gebracht wird, extrem wichtig ist. Normalerweise übernehmen Familienmitglieder diese Aufgabe. Wenn uns keine Verwandten zur Verfügung stehen, greifen wir auf Freunde oder Arbeitskollegen zurück. Mit anderen Worten: auf alle Menschen, die den Toten gekannt hatten. Ich nehme an, das ist verständlich?«
    Ben nickte und dachte bei sich Ich brauche keinen Vortrag. Zeig mir die verdammte Leiche, damit ich wieder abhauen kann.
    »Gut«, sagte Rebecca als Antwort auf Bens Nicken. »Als Erstes muss ich Ihren Personalausweis sehen. Oder ein anderes offizielles Dokument mit Ihrem Foto darauf. Ein Führerschein würde mir auch reichen.«
    Rebecca zog ein leeres Identifikationsformular aus dem Stapel Unterlagen heraus, die sie mitgebracht hatte.
    Ben zog seinen Führerschein heraus und gab ihn ihr. Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass er wirklich er war, übertrug sie die Daten in das Formular. Ihre souveräne Art zu sprechen und ihre respektvollen Gesten bewiesen vieljährige Erfahrung, und Ben vermutete, dass sie ebenso gut damit fertig werden würde, wenn er – statt wie jetzt deutliche Teilnahmslosigkeit zu zeigen – einen Wutanfall bekommen würde, um seine Trauer zu kompensieren.
    Nachdem Ben sich ausgewiesen hatte, löste Rebecca das Gummiband, das als Verschluss für die Aktenmappe diente. Sie öffnete die Mappe, griff hinein und zog mehr als ein halbes Dutzend Fotos heraus. Sehr bedächtig breitete sie diese in perfekter Ausrichtung zueinander vor Ben aus. Als sie alle Fotos arrangiert hatte, sahen Ben und sie sich kurz in die Augen, dann richtete Ben den Blick auf die Aufnahmen und konzentrierte sich.
    Es war eine Serie von Schnappschüssen, frontal und im Profil aufgenommen. Sie waren ausschließlich zum Zwecke der Identifizierung aufgenommen und zeigten nur das Gesicht des Toten. Jeder andere Teil des Körpers, das auf den Fotos zu sehen gewesen wäre, war mit einem Handtuch abgedeckt.
    Obwohl Ben Satoshi sofort erkannte, hielt er seinen Gesichtsausdruck absichtlich neutral. Er wusste nicht, warum er das tat, aber er tat es. Keiner von ihnen sagte etwas. Rebecca wollte Ben die Zeit geben, die er brauchte. In die Stille, die

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