Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
und zu retten. Einige müssen davon stärker überzeugt werden als andere …«
»Und wenn Sie den Aufenthaltsort kennen, was dann?«
»Das hängt auch davon ab, wie besorgt wir über die Lage des Opfers sind. Sollte das Risiko gering sein, versuchen wir vor dem Stürmen genau herauszufinden, wo und unter welchen Bedingungen der Entführte festgehalten wird. Manchmal, wie bei Ihrem Sohn, würden wir die Rettung sofort in die Wege leiten. Das ist der Moment, in dem Colt ins Spiel kommt. Er ist beim CRT der erfahrenste Experte für Geisel-Befreiung. Seine Fähigkeiten sind legendär. Er ist in der Lage, in ein Haus einzudringen und den Bewohnern die Piercings aus dem Körper zu ziehen, ohne sie aufzuwecken.«
»Wie wird die Polizei darauf reagieren, wenn wir Sie anheuern?«, fragte Jack. »Sagen wir es ihnen, oder machen Sie das, oder bleibt das ein Geheimnis?«
»Wir reden mit ihnen. Tatsächlich versuchen wir immer, mit ihnen zusammenzuarbeiten, sogar in dem Ausmaß, dass wir Hinweise weitergeben, wenn wir es für angebracht halten. Wir sagen ihnen niemals, was sie tun sollen, sondern berichten von ähnlichen Fällen, die wir in der Vergangenheit bearbeitet haben und bei denen bestimmte Handlungen funktioniert haben. Außerdem sind wir dafür, dass die Polizei allein das Lob dafür bekommt, wenn das Opfer gerettet oder ausgetauscht worden ist. Wir wollen in den Medien nicht gepriesen werden, weil wir unseren Job besser ausüben können, wenn wir anonym bleiben.«
»Darf ich nach Ihrem Honorar fragen?«
»Selbstverständlich. Colt und ich als Team bekommen pro Tag zweitausend Dollar plus Spesen. Ohne Reisekosten bleiben die Spesen natürlich sehr gering.«
»Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte Jack und erhob sich. Er gab Laurie ein Zeichen, dass sie mit ihm in den Flur kommen sollte. Dort fragte er sie leise: »Also, was denkst du?«
»Ich war schon beeindruckt von der Art, wie Detective Bennett und die Polizei vorgegangen sind, aber diese beiden Männer beeindrucken mich noch mehr. Sie verfügen über enorm große Erfahrung. Nur bin ich so durcheinander, dass ich nicht weiß, ob ich eine rationale Entscheidung treffen kann, obwohl die Vorstellung, die Initiative zu ergreifen, mir sehr gut gefällt.«
»Gut gesagt«, antwortete Jack. »Ich kann auch nicht behaupten, einen klaren Kopf zu haben. Lass uns Lous und Warrens Meinung dazu hören.«
»Gute Idee«, stimmte Laurie zu.
Jack steckte seinen Kopf ins Wohnzimmer und signalisierte Lou und Warren, dass er sie sprechen wollte. Sie reagierten sofort. Als sie alle in der Küche außer Hörweite der CRT-Männer standen, sagte Jack: »Laurie und ich wissen, dass wir nicht in der Verfassung sind, um vernünftig denken zu können, und sind – offen gesagt – überfordert. Wie ist eure Meinung – was sollen wir tun?«
»Ich finde, ihr solltet die Jungs den Job machen lassen«, sagte Lou. »Darum habe ich sie hergebeten. Wir haben ziemlich Glück, dass sie überhaupt verfügbar sind.«
»Was denkst du, Warren?«
»Ich würde sie engagieren. Was habt ihr zu verlieren? Und ich würde liebend gerne helfen, um JJs und Leticias willen. Die anderen Jungs werden genauso gern mitmachen. Das ist überhaupt kein Problem.«
»Wunderbar!«, sagte Jack entschlossen, der einen Weg suchte, seine Stimmung hochzupuschen, während ihn dieser Alptraum immer enger umschloss.
37
27. März 2010
Samstag, 09.16 Uhr
Laurie und Jack hatten eine unschöne Nacht hinter sich. Als alle Besucher das Haus verlassen hatten – bis auf den Detective, der hinter seiner Abhörgerätschaft verschwand –, übermannte sie das Entsetzen über das, was sie erlebten, mit aller Kraft. Zu wissen, dass ihr Kind in der Gesellschaft kaltblütiger Fremder war, die es vielleicht schlecht behandelten, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten, war eine Folter – eine bisher noch nie erlebte Qual. Sie sprachen über Leticia und die Tragik ihres Todes, und wie sie sich für ihre Ermordung den Rest ihres Lebens schuldig fühlen würden.
Gegen sieben Uhr morgens fiel Laurie nach einem besonders langen Weinkrampf in den Schlaf, aber Jack konnte überhaupt nicht schlafen. Um halb acht hatte er aufgegeben, war aufgestanden, um sich eine Kanne Tee zu machen, und nun saß er im Wohnzimmer. Er atmete – zu mehr war er nicht fähig –, und sein Kopf war leer.
Das Klingeln des Telefons schreckte ihn aus seiner Lethargie. Jack griff panisch danach. Nicht um möglichst schnell zu antworten, sondern
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