Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
Konsequenzen antizipieren muss. Normalerweise ist es schwer herauszufinden, wo ein Opfer gefangen gehalten wird, aber hier liegt der Fall wegen einer Anzahl von Gründen völlig anders. Wir glauben, dass diese Kidnapper unerfahren sind. Die Aktion war schlecht geplant und genauso schlecht umgesetzt. Erfahrene Entführer beginnen das Kidnapping nicht mit einem Mord, wie Lou Ihnen bestätigen wird.«
»Das stimmt«, bejahte Lou. »In meinem letzten und einzigen Entführungsfall war das Ergreifen des Opfers der am besten geplante Teil der ganzen Aktion.«
»Zweitens«, fuhr Grover fort, »hat sich offenbar keiner die Mühe gemacht, die persönlichen Besitzverhältnisse zu untersuchen. Wenn ich nicht ganz falsch liege, gibt es hier keine finanziellen Quellen, wie bei einem Familienvermögen, das man anzapfen kann.«
»Das ist richtig«, bestätigte Jack. »All unsere Ersparnisse stecken in diesem Haus, das wir renoviert haben.«
»Lassen Sie mich Ihnen erklären, dass es heutzutage mehr als ungewöhnlich ist, wenn in einem Entführungsfall mit Lösegeldforderung nicht vorab genau recherchiert wurde, wie es um die Finanzen des Opfers steht. Das legt die Vermutung nahe, dass die Entführer sich nicht an Ihnen bereichern wollen, sondern andere Absichten verfolgen. Das Gerede ums Geld ist allenfalls eine Ablenkung davon.
Wenn der Drohbrief tatsächlich mit der Entführung zusammenhängt – und davon gehen wir aus –, dann sollen Sie mit der Bearbeitung des Falles, um den es im Brief geht, aufhören, zumindest vorübergehend. Was können Sie uns darüber erzählen?«
»Es handelt sich dabei um einen Fall, den ich übernehmen werde«, sagte Lou und kam damit Laurie zuvor. »Ursprünglich wurde eine natürliche Todesursache festgestellt, aber Laurie hat das Gegenteil bewiesen. Wir haben sogar einen Namen: Satoshi Machita. Erst heute Nachmittag hat uns Laurie plausibel dargelegt, dass die Ermordung eine Hinrichtung aus dem Lager des Organisierten Verbrechens war. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.«
»Interessant«, sagte Grover, und schwieg einen Moment, um diese neue Information zu überdenken. »Durch die Beteiligung des Organisierten Verbrechens bekommt der Fall eine ganz neue Dimension.«
»Auf jeden Fall wird meine Mordermittlung damit stark beschleunigt«, fügte Lou hinzu.
»Mich macht außerdem der Tonfall des Briefes neugierig«, sagte Grover. »Es klingt fast, als ob eine dritte Partei beteiligt war, was mich auf die Idee bringt, dass eventuell eine Erpressung im Spiel sein könnte. Ich meine, warum sonst diese Anonymität?«
»Genau das habe ich auch schon gedacht«, stimmte Lou zu. »Und wir hatten schon einmal einen Fall von Erpressung im OCME, vor ungefähr fünfzehn Jahren. Erinnerst du dich, Laurie?«
»Natürlich erinnere ich mich«, antwortete Laurie. »Vinnie Amendola war dem Cerino-Mob verpflichtet, weil der vor langer Zeit seinem Vater geholfen hatte. Da fällt mir ein: Vinnies Verhalten heute war absolut untypisch für ihn. Und dann hat er sich auch noch überraschend frei genommen. Er sagte, es gäbe einen Notfall in der Familie.«
»Hat er gesagt, wohin er wollte?«, fragte Lou.
»Nein, hat er nicht«, sagte Laurie.
»Na, dann weiß ich ja schon, was ich morgen früh als Erstes tue«, sagte Lou.
»Das könnte hilfreich sein«, merkte Grover an. »Aber ich glaube nicht, dass wir so lange warten sollten, bis dieser Vinnie ausfindig gemacht und befragt worden ist. Ich mache mir Sorgen um die Sicherheit des Kindes. Die Kidnapper scheuen sich nicht davor zu töten, wie sie mit der Durchführung ihres Verbrechens demonstriert haben. Und ich weiß nicht, was sie tun werden, wenn sie ihr Ziel erreicht und Laurie aus dem Leichenschauhaus vertrieben haben, damit sie nicht entdeckt, was sie bereits herausgefunden hat und wovon ich annehme, dass sie es noch nicht erfahren haben.«
»Was genau würden Sie jetzt unternehmen?«, fragte Jack. Er sah keine andere Möglichkeit, als darauf zu warten, dass die Entführer sich meldeten, um dann den Anruf zurückzuverfolgen. »Ich kenne nur das, was die Polizei macht, nämlich zu versuchen, die Verhandlungen mit den Entführern aufzunehmen. JJ könnte überall sein, irgendwo in diesem Staat oder sogar in einem anderen!«
»Ich glaube, Ihr Kind ist ganz in der Nähe«, sagte Grover. »Wenn man bedenkt, wie die Sache bisher gelaufen ist, dass die Entführung praktisch total ungeplant war, dann gehe ich davon aus, dass sich Ihr Sohn im Haus eines der
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